Was ist der bekannteste, berühmteste und wahrscheinlich auch größte Soundtrack der Filmgeschichte? Ganz einfach: Man folge nur einfach dem größten Filmprojekt der Filmgeschichte: Dem Herrn der Ringe.
Howard Shore hatte zwar schon bei so einigen Filmen seine musikalischen Finger im Spiel, nie jedoch war (zumindest mir) der Soundtrack in irgendeiner Weise in den Hirnwindungen hängen geblieben. Deshalb fand ich es umso überraschender, dass er für die Lord of the Rings-Trilogie ausgewählt wurde. Im Nachhinein, beim Anhören des Scores ist diese Wahl aber durchaus verständlich.
Shore basiert den Soundtrack aller drei Teile auf einfachen Ideen: Jeder Bereich der Welt, jede Gruppierung, die irgendeine größere Rolle spielt, bekommt ihr eigenes Thema: Die Hobbits ein leichtfüßiges, an irische Folklore erinnerndes, die Orks und Uruk’hai von Isengard ein martialisches, perkussionsbasiertes, die Elben ein leicht asiatisch angehauchtes und so weiter und so fort, alle so unterschiedlich wie beeindruckend. Auch der Einsatz großer Chöre, die teilweise englisch, oft aber auch Tolkiens elbisch singen, bereichert das Ganze ungemein. In den entsprechenden Szenen kommt natürlich das benötigte Kampfgedröhn dazu, aber nie wirkt das Ganze plump oder eintönig, sondern immer passend; nie ablenkend, sondern immer unterstreichend.
Kein Wunder also, dass der Soundtrack sich - wie die Filme auch - weiterhin ungeheurer Beliebtheit erfreut. Und so gibt es vermutlich diverse Orchester, die durch die Lande touren und dem begeisterten Publikum diese Musik präsentieren wollen. So auch die Warschauer Sinfoniker, die es am heutigen Abend in die Stadthalle Wuppertal verschlug.
Überraschend war zunächst die Tatsache, dass der mittlerweile wohl obligatorische Beamer im Hintergrund nicht etwa Filmszenen oder -bilder sondern irgendwelche scheinbar vom Enkelkind des ersten Geigers gemalten Bildchen einspielte, die größtenteils nichts (aber auch gar gar gar nichts) mit den Filmen zu tun hatten. Ein Nazgul, der über eine Karte geschoben wird. Der Ring. Feuer. Der Ring. Die Karte. Ein Nazgul. Ein Säbel. Ein weißer Nazgul… ach, das soll dann wohl Gandalf sein. Eine Axt. Der Ring. (ad infinitum)
Aber kommen wir zu dem, was an diesem Abend wirklich wichtig war: Zu der Musik. Ich bin begeisterter Filmmusik-Hörer und ernte dafür so manchen abschätzigen Blick, wenn ich begeistert von der einen Stelle in dem einen Film, in der die Geigen da dieses fidelfidelfidel machen berichte. Den Soundtrack des ersten Teils der Trilogie kenne ich beinahe auswendig, daher konnte ich dort auch leider die meisten Fehler Ungenauigkeiten feststellen. Die beiden Solistinnen waren leider den Originalen (unter Anderem ja Enya) nicht gewachsen und hatten insbesondere mit den Höhen so ihre liebe Not. Die vier wild aussehenden Perkussionisten, die wohl zusätzlich angeworben worden waren, erfüllten ihre Aufgaben insbesondere bei den Ork-Themes mit großem Enthusiasmus, ließen sich aber leider allzu oft sonst von der allgemeinen Stimmung dahintreiben und wollten auch an den leisen, ruhigen Stellen partout nicht ganz die Instrumente ruhig halten.
Abgesehen davon (das klingt jetzt alles irgendwie viel zu negativ) war der Abend wirklich grandios. Das Orchester war zwar nicht in Beststimmung, aber doch sehr, sehr gut, der große Chor tat sein Übriges, um mir den ein oder anderen Gänsehautschauer den Rücken hinunter laufen zu lassen. Schade nur, dass Pippin’s Song, mein Lieblingsstück aus dem dritten Teil der Trilogie, nicht erwähnt und auch der Rest leider chronologisch eher unsortiert präsentiert wurde.
Alles in Allem also ein sehr gelungener Abend und außerdem mal wieder ein musikalisches Erlebnis, das die Generationen (vom sechzigjährigen Anzugträger bis zum achtzehnjährigen Metal-Band-Shirt-Träger) vereinen konnte. Und dafür ist Musik doch schließlich da, oder?
Also, wenn ihr auch nur irgendetwas für Soundtracks übrig habt, seht bzw. hört euch diesen Soundtrack an und schließt einfach dabei die Augen. Ihr werdet es nicht bereuen!
Dennis