30. Dezember 2009

Sherlock Holmes (OF)

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 3:05

Die letzte Sneak des Jahres 2009 war ein Film, auf den ich schon lange gespannt war: Sherlock Holmes.

Für alle diejenigen, die die Figur “Sherlock Holmes” nur dem Namen nach kennen, sind zunächst ein paar Worte zu den “echten”, von Arthur Conan Doyle geschaffenen Charakteren angebracht. Der echte Holmes ist ein Wissenschaftler und kühler Analytiker, der seine Profession mit Leidenschaft verfolgt. Er ist extrem scharfsinnig und lässt sich nicht von seinen Gefühlen leiten, wohl aber von seinem Instinkt. Watson ist hingegen leichtgläubig und viel eher bereit, sympathisch erscheinenden Personen zu glauben. Er ist als Kriegsveteran zwar zur Not in der Lage, mit Waffen umzugehen, allerdings ein friedliebender Mensch, der Gewalt verabscheut. Irene Adler wird als die einzige Frau beschrieben, die Holmes auf Grund ihres Intellekts bewundert. Da sie aber auf der anderen Seite des Gesetzes steht, ist sie Holmes’ Gegnerin und in einigen Fällen auch seine Gegenspielerin.

Schon der Trailer zum Film Sherlock Holmes zeigt, dass Guy Ritchie’s Charaktere von Doyle’s stark abweichen. Ansonsten wären Robert Downey Jr. (Holmes) und Jude Law (Watson) wohl auch die falsche Besetzung. Es war also klar, dass der Film keine originalgetreue Verfilmung darstellen würde, und dementsprechend richtete ich mich auf eine Persiflage ein. Was allerdings letztendlich im Film zu sehen war, enttäuschte meine Erwartungen auf ganzer Linie.

Der Film beginnt damit, dass Holmes und Watson ein Ritual vereiteln, in dem Lord Blackwood ein Mädchen opfern will. Lord Blackwood wird festgenommen und hingerichtet, taucht danach jedoch wieder in London auf und mordet weiter. Diese Geschichte passt an und für sich gut zu Sherlock Holmes, der häufig mit Fällen zu tun hat, in denen vermeintlich übernatürliche Phänomene auftauchen. In den Geschichten lassen sich diese Phänomene stets rational erklären, nachdem Holmes Fakten gesammelt und Hypothesen entworfen hat.

Downey Jr.’s Sherlock Holmes sorgt hingegen zwar für reichlich Action und gerät oftmals in die Bredouille. Die Sherlock Holmes typische Logik wendet er allerdings nur selten an, und seine Untersuchungen brauchen nur zwei Sekunden. Gedankliche Schritte spielen eine Nebenrolle und sind für den Zuschauer nicht nachvollziehbar. Watson ist der Mann für’s Grobe, der seinen Freund belächelt und ihn umsorgt. Und Irene Adler ist so in Holmes verliebt, dass sein Wohlergehen für sie wichtiger als Professionalität ist. Die Charaktere sind also insgesamt schief.

Das wäre nicht weiter dramatisch, wenn der Film den Charakterwandel bewusst komödiantisch ausnutzen würde. Immerhin gibt es bereits über 200 Filme über Sherlock Holmes, so dass eine eigenständige und eigenwillige Interpretation durchaus wünschenswert sein kann. Der Film ist jedoch nicht lustig (viel mehr Witze, als im Trailer zu sehen sind, gab es nicht), keine Charakterstudie, kein kriminalistisches Meisterwerk…eigentlich nichts Besonderes.

Man muss sich daher ernsthaft fragen, durch was dieser Film seine Daseinsberechtigung als Sherlock Holmes-Verfilmung erhält. Der Film ist eine ganz nette Actionkomödie, die man sich mal angucken kann - mehr aber auch nicht, und ganz sicher kein adäquater Sherlock Holmes-Film. Für eine Persiflage auf Holmes (was vermutlich gewollt war) fehlt es an Witz, Esprit und guten Einfällen. Chance vertan.

Daher nur zwei von fünf Pfeifen für Sherlock Holmes.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 2,50 von 5)
15. Oktober 2009

Away we go (OF)

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 22:16

Burt und Verona sind seit längerem ein Paar und erwarten ihr erstes Kind. Doch dann kündigen Burts Eltern, die in ihrer Nähe leben, an, nach Europa zu ziehen. Burt und Verona beschließen daraufhin, weg zu ziehen. Die Frage bleibt nur, wohin. Und so machen die beiden sich auf eine Tour quer durch Nordamerika, auf der Suche nach dem perfekten Ort, ihr Kind aufzuziehen…

Wenn man darüber hinweg sieht, dass die Grundstory des Films relativ dürftig ist, stößt man auf eine nette, recht lustige Geschichte. Sowohl die Hauptcharaktere, als auch die Freunde, die beide in den verschiedensten Städten treffen, sind skurril, und gemeinsam sorgen alle für Situationskomik.

Die Kehrseite der Medaille ist, dass der Film stellenweise in Richtung Slapstick abdriftet und die Charaktere nicht gerade ernstzunehmen sind. Dadurch fehlt dem Film der Tiefgang und er bleibt nur oberflächliche Unterhaltung. Als Unterhaltung ist er aber ganz brauchbar.

Insgesamt sehenswert, aber nichts Spektakuläres. 3,5 von 5 Sternen.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 3,50 von 5)

Filmfestival in Münster (7.-11.10.)

Category: Film,Kram,Kunst,Münster — Patrick @ 17:44

Wie aus dem Titel erkennbar ist, fand dieses Jahr in Münster wieder das Filmfestival der Filmwerkstatt Münster statt. Im Folgenden also in aller Kürze die selektive (d.h. durch das, was wir gesehen haben, begrenzte) Auswahl von Filmen, die im Rahmen des Festivals gelaufen sind:

Spielfilme (in willkürlicher Reihenfolge)

Unter Bauern (Premiere in Anwesenheit von Produktion, Darstellern und Marga Spiegel): Im zweiten Weltkrieg gehen westfälische Bauern das Risiko ein, eine jüdische Familie vor dem NS-Regime zu verstecken. Gut gemachter und fesselnder Film, der in eindrücklichen Bildern deutsche Geschichte erzählt, ohne dem Zuschauer eine moralische Wertung aufzudrücken. Die einfühlsame und differenzierte Inszenierung des autobiographischen Stoffes leistet ihr übriges, den Film zu einem wirkungsvollen und ergreifenden Werk zu machen, das aus dem Gros der Geschichtsbewältigungsfilme heraussticht.

Nord (norw. OmU, Produzent anwesend): Der depressive Jomar macht sich von Trondheim mit dem Schneemobil auf ins Nordland, um erstmals seinen Sohn zu treffen. Die Reise wird zu einem skurrilen Selbstfindungstrip begleitet von nicht minder absurden Gestalten, die ebenso wenig wie Jomar wissen, wer sie eigentlich sind, und gleichsam befremdliches Verhalten an den Tag legen. Die innere und äußere Reise durch eine unwirkliche Leere wird in weiten, beinahe grenzenlosen Einstellungen kunstvoll inszeniert und so der Lakonie der Handlung mehr als gerecht. Gepaart mit dem stoischen norwegischen Humor erhält dieses Roadmovie der anderen Art eine ganz eigene Note. Empfehlenswert.

Tatort “Tempelräuber” (Darsteller anwesend): Der neue Münster-Tatort als Kinopremiere vor ausverkauftem Haus. Mord im Priestermilieu, und Atheist Thiel mitten drin. Ein Plot in gewohnter Tatortmanier, der wie immer durch den Schlagabtausch zwischen Boerne und Thiel zu überzeugen weiß, auch wenn der Kriminalfall vergleichsweise vorhersehbar ist. Insbesondere der Anfang dieser Folge zeigt eine erfrischend stringente Regie und wohlgesetzte Schnitte, fällt aber alsbald auf den Tatort-Einheitsbrei zurück.

Durst: Ein koreanischer Priester überlebt eine Virus-Infektion, indem er durch eine Bluttransfusion zum Vampir wird. Fortan sieht er sich als Priester Gottes und Geschöpf des Teufels in einem inneren Widerstreit, der ihn gemeinsam mit seiner Gefährtin immer mehr entfremdet. Von diesem Gewissenskonflikt bekommt man in diesem durchweg seltsamen Vampirdrama allerdings wenig mit. Überhaupt plätschert die Handlung eher träge vor sich hin. Nach Charakterentwicklung, ausgefeiltem Plot und Kontext sucht man vergeblich. Gleichsam kommt der Streifen — von wenigen Szenen abgesehen — ohne Schock- und Horrorelemente aus, sodass man sich fragen muss: wieso, weshalb, warum musste dieser Film gedreht werden.

Nowhere Man (OmU): Tomas träumt davon, alles hinter sich zu lassen. Er macht ernst, fingiert seinen Tod, lässt Frau, Job und Freunde zurück und setzt sich nach Barbuda ab. Doch die Realität entspricht keineswegs seinem rosigen Traum. Ohne Geld und Arbeit vegetiert er von den Einheimischen missachtet fünf Jahre vor sich hin, bevor er zurückkehrt und schließlich feststellt, dass das Leben ohne ihn weitergegangen ist. Dieser bedächtig inszenierte Film räumt schonungslos mit dem Aussteigertraum auf und zeigt die Kehrseiten von gesellschaftlichem Ausstieg und dem Leben auf einer einsamen Insel.

Versailles (franz. OmU, Regisseur anwesend): Der kleine Enzo wird von seiner Mutter bei einem in den Wäldern von Versailles lebenden Landstreicher gelassen, der wohl oder übel die Verantwortung für ihn übernehmen muss und sich dadurch emotional zu öffnen beginnt. Ein charakterstarker Film über Warten und Werden, Einsamkeit und Verantwortung. Das bedächtige Tempo der ersten etwa 100 Minuten passt perfekt zur tragisch-schweren, doch federleicht erzählten Geschichte des Films. Beeindruckend auch die phänomenale Präsenz des fünfjährigen Max Baissette de Malglaive als Enzo, der durch seine schiere Anwesenheit ganze Szenen definiert. Einziger Makel an diesem wahrlich meisterhaften Gesamtwerk ist die plötzliche, unmotivierte Beschleunigung des Tempos am Ende des Films, wo die Handlung zu einer nicht mehr nachvollziehbaren Reihung von Zeitsprüngen und Ereignissen wird. Hier hätte man sich besser mehr Zeit genommen und das adäquate Tempo gewahrt. Dennoch überzeugt der Film auf ganzer Linie und verdient den Sieg im europäischen Spielfilmwettbewerb der Filmwerkstatt Münster.

Kurzfilme (in Reihenfolge persönlicher Wertung)

Fallen gelassen (30:00, Daniel Büttner, Max Baberg): Eine sensibel erzählte Geschichte über kindliche Brutalität unter Schülern, die bald eine unaufhaltsame Kette psychischer und physischer Gewalt auslöst, an deren Ende das Äußerste geschieht. Die technisch einwandfreie Animation in bewusst stilisierten Bildern transportiert die Handlung meisterhaft und taucht den Zuschauer in ein Wechselbad der Gefühle. Schon bald bleibt das herzhafte Lachen über die schonungslose Realparodie des Schulalltags im Halse stecken und weicht blankem Entsetzen über die unglaubliche Härte kindlicher Ausgrenzung und Streiche. Man kann sich diesem überaus stimmigen Werk nicht entziehen. Fallen gelassen hat zu Recht den großen Preis der Filmwerkstatt Münster erhalten.

Schautag (23:14, Marvin Kren): Jugendliche auf einer Brücke bei einer folgenschweren Mutprobe, ein Autoverkäufer, den Gewissensbisse schier zur Verzweiflung bringen, und ein ergrauter Herr, dem nur die Erinnerung und ein altes Videoband geblieben sind. Diese zunächst unabhängigen Geschichten werden in einem meisterhaften Spiel mit unterschiedlichen Zeitebenen erst behutsam verzahnt und schließlich zu einer einzigen Geschichte über Schuld, Verantwortung und Reue verwoben. Ein großartiges Werk!

Amoklove (09:20, Julia C. Kaiser): Fabian und Marie begegnen sich, werden Freunde, wollen mehr sein, lassen sich Zeit, haben nur drei Wochen - schon naht der Abschied. Eine wundervolle Geschichte über zwei Seelen, die einander zärtlich berühren. Die poetische Sprache und anmutigen Bilder der Inszenierung, die auf allen Ebenen gekonnt mit Symmetrie und subtilem Widerspruch spielt, illustrieren die Entwicklung einer zarten Liebe vortrefflich und erreichen am Ende eine derart beeindruckende Verdichtung, das einem schier das Herz zerspringen will.

Regenbogenengel (07:00, Anna Kasten): Gewalt unter Kindern, Schikane und Tritte, Wegsehen der anderen, bis die Flucht aus dem Leid auch die Flucht aus dem Leben bedeutet. Nur der kleine Bruder kennt den Plan, kann die als Märchen erzählte Geschichte allerdings noch nicht gänzlich begreifen… Den kraftvollen Bildern, der unschuldig kindlichen Stimme und der märchenhaften Verklärung von unvorstellbarem Leid kann man sich nicht entziehen. Sie lassen die erdrückende Traurigkeit und fatale Ausweglosigkeit spürbar werden und zwingen dazu, Stellung zu beziehen, nicht länger wegzusehen. Ein Meisterwerk, das mit dem WDR-Förderpreis ausgezeichnet wurde.

Edgar (13:00, Fabian Busch): Der verwitwete Edgar gehört zur einsamen Ü60-Generation. Die unausgefüllte Zeit im Ruhestand ohne Arbeit, ohne Aufgabe wird ihm zur Qual, bis er auf der verzweifelten Suche nach Aufmerksamkeit schließlich auf die schiefe Bahn als Ladendieb gerät. Ein stimmiger Film voll ironischer Heiterkeit, der den verzweifelten Hilferuf einer ausgemusterten Generation wirkungsvoll in Szene setzt, ohne auf die Tränendrüse zu drücken

Abb. 8.12 (04:40 Sarah Weckert): Eine Frau ritzt sich in ihre entblößte Brust ein Herz aus Blut. Die Wunde verheilt, eine Narbe entsteht und verblasst, doch etwas bleibt - für immer. Das Bild besticht durch eindringliche Simplizität und eröffnet zugleich einen immensen Interpretationsspielraum über Gefühle, wie sie uns berühren, und was am Ende übrige bleibt. Beeindruckend!

Cowboy (35:00, Till Kleinert): Immobilienmakler, Stadtmensch trifft bei der Suche nah neuen Objekten auf Cowboy, Landburschen. Der eine redet, der andere schraubt an seinem Trecker; der eine gut angezogen und gepflegt, der andere verschwitzt und ursprünglich. Erotische Spannung baut sich auf und entlädt sich schließlich. Am Morgen danach beginnt dann der Albtraum mit einem blutigen Kampf um Leben und Tod. Ein Film, der sich Zeit nimmt, und eine - so scheint es zunächst - einfache Geschichte in gemächlichen Bildern inszeniert, bis das Geschehen unverhofft explodiert, in schneller Folge zum Klimax führt und dann voller offener Fragen endet.

Freunde die du hast (14:00, Haik Büchsenschuss): Simons perspektivloses Dasein auf dem Land mit rechten Dumpfbacken als so genannten Freunden erfährt ungeahnten Aufschwung durch die Ankunft eines Städters. Simons Feigheit setzt dieser Liebe jedoch ein jähes Ende. Ein glaubhafter Film über das Fehlen von Mut und Perspektive, wie man es sich schlimmer nicht vorstellen kann.

Widerstand (10:00, Baris Aladag): Jugendliche Friedensaktivisten wollen auf einer Bundeswehrveranstaltung vor dem Kölner Dom mit einem Transparent demonstrieren. Dazu müssen sie zunächst geschickt der Observation durch Überwachungskamera, Lauschangriff und polizeilicher Beschattung entgehen. Ein treffender Film über den unbedingten Mut zum Widerstand mit einer gehörigen Portion Kritik am Überwachungsstaat. Beides ist heute aktueller denn je. Der Film wurde im Schulfilmwettbewerb zum Thema “Courage” mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

Der Großvater (20:00, Nikias Chryssos): Großvater und Enkel treffen in dichten aggressiven, bald in einen abstrakten Surrealismus abgleitenden Bildern aufeinander. Was wie ein Kampf um Behauptung und Vorherrschaft beginnt, entpuppt sich als Wechselspiel zwischen Initiation des Enkels und Überlieferung durch den Großvater.

Weiche Haut (02:46, Jarek Duda): Wenn der Wahnsinn Besitz ergreift, beginnen die Stimmen im Kopf zu sprechen. Noch tragischer wird es, wenn sie die Wahrheit sprechen: “Ich liebe dich.” - “Ich liebe Dich auch nicht.” Ein prägnanter Film, der die wirre Welt aus einem verwirrten Kopf ziegt.

Das Paket (09:00, Marco Gadge): Für zwei Schmalspurganoven mit wichtiger Mission unter Zeitdruck stellt eine Baustellenampel im Niemandsland ein nicht zu überwindendes Hindernis dar. Im angespannten Leerlauf entfaltet sich ein skurriles Gespräch. Leider kommt auch der schwarze Humor mit Ausnahme weniger Pointen nicht aus dem Standgas heraus.

Bis dahin, Komplizen (04:15, Michael Spengler): Das Musikvideo zum gleichnamigen Song von Roger Trash aus dem Album “Liebe & Desaster” setzt den Songtext passend um und besticht durch die erfrischende Mischung von Realfilmelementen und gezeichneter Comic-Welt.

Wagah (13:30, Supriyo Sen): Wagah stellt den einzigen Übergang an der Grenze zwischen Indien und Pakistan dar. Für normale Bürger unpassierbar spielen sich dort täglich unter volksfestgleichen Zuständen Militärparaden und Aufzüge ab, bei denen sich beide Länder zu übertrumpfen versuchen, bis der Grenzübergang abends wieder geschlossen wird. Dabei ist er nie geöffnet; mehr als ein Blick auf die andere Seite ist nicht möglich. Ein informativer Film, der den Publikumspreis erhalten hat.

Das letzte Einhorn (02:03, Sonja Schneider): Aus Faulheit wird ein Esel bei der Entsorgung seines leeren Eishörnchens zum Einhorn. So schnell, wie diese neue Art entstanden ist, vergeht sie auch wieder: aus Einhorn wird wieder Esel. Leider zündet der skurrile Humor in diesem mit viel Liebe zum Detail als stop-motion-Animation gestalteten (Eis)hörnchen-Spiel nicht.

Notiz/Wunderblock (18:35, Hannah Hofmann und Sven Lindholm): Zu wirkungsvollen schwarz-weiß-Bildern untermalt mit eindringlichen Klaviertönen werden Kindern Erinnerungen aus der deutschen Geschichte in den Mund gelegt. Leider werden die einzelnen Geschichten nicht konsequent zusammengeführt und man gewinnt den generellen Eindruck, dass hier die Form hinter die Wirkung zurücktritt.

Patrick

Links zum Beitrag:
Offizielle Seite zum Filfestival Münster

Gigante

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 10:49

Wie verlieben sich alltägliche Leute, denen das Schicksal (in Form von Hollywood) keinen Superhelden vor die Nase setzt? Diese, für die meisten von uns relevante Frage ist das Thema von Gigante.

Jara ist Security Gard in einem Supermarkt in Montevideo. Tagein, tagaus sitzt er mit seinen Kollegen vor den Monitoren, auf denen die Bilder aus der Überwachungskamera laufen. Ansonsten passiert nicht viel in seinem Leben: Jara hat wenig Freunde und Hobbys und führt ein durchweg uninteressantes Leben. Doch dann verliebt er sich in Julia, die abends im Supermarkt putzt. Fasziniert beobachtet er Julia, so oft es nur geht, traut sich aber nicht, sie anzusprechen…

Man mag es nicht glauben, aber das ist schon die vollständige Handlung von Gigante. In dem ganzen Film, der allerdings mit seinen 84 min auch nicht besonders lang ist, passiert nicht viel mehr. Der Film zeigt vielmehr das alltägliche Leben von ganz normalen Menschen, und es ist eine Tatsache, dass die meisten Leben ein eher langweiliges Leben führen. Auch Jara ist alltäglich, nicht besonders gut aussehend, nicht besonders redegewandt, nicht reich - um es kurz zu machen, nicht besonders attraktiv. Gigante handelt vom Streben alltäglicher Menschen nach persönlichem Glück, nicht von Stars, und das macht den Film so liebenswert.

Man kann sich mit Jara identifizieren, der sich aus Angst vor Abweisung nicht traut, auf Julia zu zu gehen. Man erkennt die Situation womöglich aus dem eigenen Freundeskreis oder aus eigener Erfahrung. Tatsächlich beruhen die Charaktere auf Freunden des Regisseurs Biniez, wie er selbst bei der Vorführung erzählte. Man kann daher mit Jara leiden und sich mit ihm freuen, als wäre er der eigene Kumpel. Und genau aus diesem Grund wartet man durchaus gespannt bis zum Ende, in der Hoffnung, durch ein Happy End selbst in ähnlichen Situationen Mut zu schöpfen.

Alles in allem ein sehr ruhiger, alltäglicher Film, aber durchaus sehenswert. 4 von 5 Überwachungsmonitoren.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
16. September 2009

Verblendung (OmU)

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 22:18

Letzte Woche hatte die Sneak in Münster einen besonderen Leckerbissen für mich: Verblendung als schwedisches Original mit Untertiteln. Da ich Schwedisch verstehe und die Buchvorlage von Stieg Larsson gelesen hatte, war der Film für mich genau richtig. Ich war schon sehr gespannt darauf, wie die filmische Umsetzung gelungen ist, und ich war — um es vorweg zu nehmen — von dem Film auch sehr angetan. Das mag aber nicht allen so gegangen sein — diese Rezension, die aus der Sicht einer skandinavophilen Krimi-Liebhaberin geschrieben ist, ist also gelinde gesagt voreingenommen.

Für diejenigen, die Stieg Larssons Bestseller nicht kennen: Der Journalist Mikael Blomkvist wird beauftragt, herauszufinden, was vor 39 Jahren mit Harriet Vanger geschehen ist. Das Mädchen verschwand damals spurlos von einer abgeriegelten Insel. Verdächtig sind die Mitglieder der Familie Vanger. Als die Zeit voranschreitet, schaltet sich die Ermittlerin Lisbeth Salander ein, die eine begnadete Hackerin ist und über eine gute Kombinationsgabe verfügt.

Das Buch ist sehr komplex und lang, dabei aber spannend gemacht. Es verwundert daher nicht, dass auch der Film an die zweieinhalb Stunden dauert. Dabei sieht man dem Film seine schwedische Herkunft an: Lange Natureinstellungen, die die Kälte des schwedischen Winters näher bringen, sowie schonungslose Filmeinstellungen.

Auch die Schauspieler waren Schweden und mir durchweg unbekannt. Ich war über das Aussehen einiger Personen etwas verwundert, aber sie haben ihre Sache gut gemacht. Generell wurde die filmische Kunst gekonnt genutzt, um die Story näher zu bringen. Auch die, die vorher noch nie etwas von Verblendung gehört hatten, sollten in der Lage gewesen sein, der Story zu folgen.

Dem Kundigen fällt natürlich auf, dass einige Wendungen der Schere zum Opfer gefallen sind, aber damit lässt sich wohl leben. Schwierig könnte es jedoch werden, falls auch Verdammnis und Vergebung verfilmt werden — dann fangen möglicherweise Stückelei und Rückblenden an.

Insgesamt ein sehr gelungener Film, an dem ich tatsächlich nichts auszusetzen habe: fünf von fünf Blumenbildern.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
6. September 2009

District 9 (OF)

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 19:38

Südafrika, vor 20 Jahren: Über Johannesburg taucht ein riesiges Raumschiff auf. Nachdem sich einige Monate lang nichts dort drin gerührt hat, brechen die Menschen das Raumschiff auf. Darin finden sie eine Gruppe Außerirdischer, die in einem schlechten Gesundheitszustand sind. Diese werden zum Erdboden gebracht und provisorisch untergebracht.

Südafrika, heute: Aus der provisorischen Unterbringung ist ein Alien-Slum geworden, der District 9. Die Aliens werden von den Menschen als “Prawns” beschimpft und gelten als Abschaum. Weil die Bevölkerung die Anwesenheit der Aliens nicht länger tolerieren will, sollen diese zu einem neuen Lager mitten in der Wüste verfrachtet werden.

Wikus van de Merwe (Sharlto Copley) ist Mitarbeiter der MNU, einer privaten Organisation, die das Alienlager im Auftrag der Regierung überwacht. Er erhält den Auftrag, den Aliens ihre Evakuierungsanordnung zuzustellen. Doch dabei geht etwas schief und Wikus sieht sich plötzlich von allen Seiten verfolgt. Der einzige, dem er vertrauen kann, ist ein Alien namens Christopher…

Wer sich auch nur ein bisschen mit der Geschichte Südafrikas auskennt, erkennt sofort, dass der Film die Apartheidspolitik aufs Korn nimmt. Die strikte Trennung von Aliens und Menschen ist Beweis dafür. In dem Kurzfilm Alive in Joburg, auf dem District 9 beruht, werden Aussagen verwendet, die sich usrprünglich auf Flüchtlinge aus Zimbabwe beziehen, aber auch gut die negative Einstellung den Aliens gegenüber widerspiegeln könnten. Dieser Ansatz ist durchaus gelungen und schafft es gleich zu Anfang, das Interesse an dem Film zu erhalten. Dabei hilft, dass der Film wie eine Dokumentation aufgemacht ist: viel Information wird im Interviewstil vermittelt und zu Anfang des Films spricht auch Wikus zur Kamera. Die entsprechend schlechte Kameraführung und -qualität ist konsequent.

Leider verliert sich diese kritische Perspektive zum Ende des Films hin immer mehr. Die Geschichte wird konventioneller, und das letzte Drittel des Films ist - in guter Peter Jackson-Manier - eine Actionschlacht. Die den ganzen Film beherrschenden sozialen Konflikte werden nicht gelöst, sondern der Film verdichtet sich immer mehr zur Geschichte eines Einzelschicksals. Möglicherweise soll hier irgendwann eine Fortsetzung gedreht werden. Hier gab es jedenfalls Potential für mehr.

Störend war, dass die eigentliche Story stellenweise an den Haaren herbeigezogen wirkte und viele Fragen offen ließ. Man erfährt nicht, wo die Aliens herkommen und wie es kommt, dass sie die menschlichen Sprachen nicht sprechen, die Menschen sie aber verstehen können. Angesichts der Tatsache, dass sie sehr gut mit dem irdischen Klima und der Nahrung zurechtkommen, wäre es durchaus von Interesse gewesen, zu erfahren, wie deren Heimatplanet aussieht. Die Story, warum die Aliens auf der Erde geblieben sind, ist zudem, mit Verlaub gesagt, unglaubwürdig. Ich weiß nicht, ob da Informationen der Kürzung zum Opfer gefallen sind, aber so macht es einfach keinen Sinn! Leider tragen diese Informationen den halben Film.

Langer Rede kurzer Sinn: Der Film beruht auf einer originellen Idee, wird dieser aber nicht 100%-ig gerecht. Durchaus sehenswert, aber nicht herausragend: 3,5 von 4 Sternen.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (4 Stimme(n), durchschnittlich: 3,75 von 5)
22. Mai 2009

Sneak-Report: Die letzten Wochen in Münster

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 12:15

Es ist ruhig geworden auf sneakcast.de, jedenfalls, was die Sneak-Berichte aus Münster angeht. Ich kann unsere Leserschaft beruhigen: Ja, wir sind noch da und ja, wir haben auch alle Sneaks der letzten Wochen gesehen! Wer uns auf Twitter gefolgt ist, weiß bereits, was wir gesehen haben. Da momentan die Zeit für ausführliche Rezensionen fehlt, folgt hier ein kurzer Überblick, damit die Filme nicht völlig in der Versenkung verschwinden.

Das Festmahl im August (OmU): italienische Milieustudie um vier alte Frauen, die von einem jüngeren Mann betreut und bekocht werden. Nicht so lustig wie man denkt und nicht so tiefgehend, wie man es sich vielleicht wünscht - schwer einzuordnen und thematisch jedenfalls nicht mein Geschmack.

Bedingungslos: Jonas verliebt sich Hals über Kopf in die geheimnisvolle Julia und gibt sich als deren Freund Sebastian aus, um Zugang zu ihr zu erhalten. Abgedrehter düsterer dänischer Film, in dem man nie genau weiß, was als nächstes passieren wird. Eine klare Empfehlung!

Sunshine Cleaning: Um mehr Geld zu verdienen, eröffnet Rose zusammen mit ihrer Schwester einen “crime scene cleaning service”. Film über eine Frau, die versucht, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Bleibt jedoch sowohl im Hinblick auf Satire als auch Witz deutlich hinter dem vom selben Team produzierten “Little Miss Sunshine” zurück.

The boat that rocked (OF) - dt. Titel Radio Rock Revolution: Eine Gruppe von DJs sendet von einem in der Nordsee stationierten Boot aus verbotene Rock-Musik. Unterhaltsame Komödie mit abgedrehten Charakteren und gutem Soundtrack.

Public enemy No. 1 - Mordinstinkt: Erster Teil einer französischen Gangster-Biographie über Jacques Mesrine. Statisch mit vielen Schießereien und wenig Entwicklung - Darstellung, aber keine Analyse, und dadurch etwas oberflächlich.

Duplicity (OF): Clive Owen und Julia Roberts als Industriespione, die doppelt und dreifach agieren. Konfuse Story, die in Rückblenden erzählt wird, gepaart mit dümmlichen Dialogen - unspannend, unwitzig, uninteressant.

Shortcut to Hollywood: Bitterböse Satire über den Weg des Deutschen Johannes Salinger zum Hollywood-Ruhm. Nicht politisch korrekt und nichts für Leute mit schwachen Nerven, aber für die, die auf richtig böse Filme stehen, sehr zu empfehlen!

Contact High: Zwei österreichische Würstchenverkäufer aus dem Kriminellenmilieu sollen eine Tasche in Polen abholen und nach Wien bringen. Diese uninspirierte Story ist nur der Aufhänger für 98 Minuten Drogenkonsum, der die Wahrnehmung der Protagonisten und der Zuschauer verändert. Leider zu wenig, um einen Film lang zu unterhalten.

Public enemy No.1 - Todestrieb: Zweiter Teil der Gangster-Biographie. Ist am Anfang etwas spannender, flacht aber gegen Ende gewaltig ab. Der Film krankt daran, dass Mesrine völlig plan- und ideologielos handelt und dadurch kein Ziel existiert, auf das der Film in einem Spannungsbogen hinarbeiten könnte. Beide Teile gleichen insgesamt eher einem Fernsehspiel denn einem Kinofilm.

El Dorado: Lief im Nebensaal für diejenigen, die Todestrieb nicht sehen wollten, etwa, weil sie den ersten Teil nicht kannten. Belgischer Road-Movie, der nach Aussage eines Zuschauers ziemlich mies war. Hat in Münster die schlechte Bewertung von 3,7 erhalten.

State of Play (OF): Russel Crowe ermittelt als Reporter in einem Mordfall. Spannender und unterhaltsamer Thriller mit wenig Action und einem überzeugenden Ben Affleck. Nicht weltbewegend, aber kann man sich gut ansehen.

Das war es für’s erste aus Münster! Wer zu einem Film nähere Infos möchte, kann das ja in einem Kommentar anmerken, dann lässt sich das vermutlich einrichten.

Anne

5. April 2009

John Rabe

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 23:08

John RabeDer Film spielt 1937, also zur Zeit des Dritten Reiches, in China. Der Deutsche John Rabe (der Mann heißt wirklich so) hat 20 Jahre lang das Siemens-Werk in Nanking geleitet und soll jetzt nach Berlin zurückkehren. Es fällt ihm schwer, Nanking zu verlassen, weil ihm China zur Heimat geworden ist. Hinzu kommt, dass sein Nachfolger unsympathisch ist und das Werk, das Rabe aufgebaut hat, nach seinem Abgang geschlossen werden soll.

Alle diese Sorgen verblassen jedoch, als die Japaner Nanking mit Flugzeugen angreifen. Was vorher nur als Gerücht angesprochen wurde, bestätigt sich jetzt: Im Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieg ist Nanking von den Feinden umzingelt. Um die zivile Bevölkerung zu schützen, richten einige Europäer eine UN-Sicherheitszone ein, die von John Rabe geleitet wird.

Nach Eroberung der Stadt durch die Japaner stimmen diese zwar offiziell der zivilen Sicherheitszone zu. Gleichzeitig begehen die Japaner jedoch täglich Greueltaten wie z.B. “Köpf-Wettbewerbe” und bringen reihenweise Kriegsgefangene um. Nicht umsonst wird diese Zeit als das Massaker von Nanking bezeichnet. Auch in der Sicherheitszone häufen sich Probleme: Die Zone ist überfüllt, es fehlt an Nahrung, Mädchen müssen vor Vergewaltigung und Mord durch die Japaner geschützt werden. Unermüdlich kämpfen John Rabe und andere Europäer für den Schutz der Bevölkerung…

Genug von der Story: John Rabe ist ein eindrucksvoller  Film über einen in Europa wenig bekannten Krieg. Mit eindrucksvollen Bildern wird der Alltag in einer feindlichen Welt geschildert, und es ist erdrückend, wenn man mitansehen muss, wie die Chinesen massakriert werden. Die Europäer und insbesondere John Rabe wirken in diesem Krieg so deplatziert, dass es wirklich erstaunlich ist, was sie alles auf die Beine stellen können.

Gut gelungen und absolut sehenswert, allerdings nichts für schwache Nerven! Vier von fünf Sternen.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 3,50 von 5)
25. März 2009

Flash of Genius (OF)

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 11:29

Flash of GeniusBob Kearns ist ein Durchschnittsbürger im Amerika der 60er Jahre. Er hat eine hübsche Frau, sechs gesunde Kinder, ein Vorstadthaus und einen interessanten Job an der Universität. Nur eines ärgert ihn auf der Fahrt vom Gottesdienst nach Hause: sein Scheibenwischer. Dieser wischt nämlich stets in demselben schnellen Tempo hin und her, was zu Quietschen auf dem Glas führt (sogar Autofahrer wie ich, die aus den Regenmetropolen Deutschlands kommen, kennen den Effekt: zu wenig Regen auf der Scheibe). Stellt Bob den Scheibenwischer jedoch aus, kann er vor Regen nichts erkennen. Eins ist Bob klar: Das kann so nicht weitergehen!

Und so erfindet Bob Kearns im Keller seines Hauses den einstellbaren Intervall-Scheibenwischer, der noch heute in jedem Auto unverzichtbar ist. Begeistert trifft Bob per Handschlag eine Vereinbarung mit der Ford Motor Company: Er soll die Scheibenwischer für Ford produzieren, diese werden sie serienmäßig verwenden. Doch plötzlich will Ford nichts mehr von Bob und dem Scheibenwischer wissen. Und bei einer Automobilschau präsentiert Ford seinen eigenen Scheibenwischer, der dem von Bob erfundenen auf’s Haar gleicht. Verzweifelt nimmt Bob den Kampf vor Gericht auf…

Flash of Genius ist, man muss es wohl sagen, die Inkarnation des Amerikanischen Traums. Der Mittelklassebürger, der aus eigener Kraft eine wichtige Erfindung macht - vom Tellerwäscher zum Millionär (oder auch nicht). Der große böse Automobilkonzern, der alles kaufen und sich alles nehmen kann - David gegen Goliath. Seien wir ehrlich: Die Menge - und damit meine ich das Kinopublikum - liebt solche Geschichten; alle leiden mit David mit und keiner möchte, dass Goliath gewinnt.

Das klingt kitschig, und in der Tat lässt sich eine gewisse Vorhersehbarkeit nicht leugnen. Trotzdem wirkte der Film sehr authentisch, was wohl v.a. daran liegt, dass Bob Kearns nicht als unschuldiger Hiob dargestellt wird. Ihm geht es um’s Prinzip und er ist besessen. Wider alle Ratschläge kämpft er bis zum Ende - egal, was auf der Strecke bleibt. Das kann man zwar irgendwie bewundern - befreundet sein möchte man mit so einem Fanatiker nicht. Der Amerikanische Traum hat durchaus etwas von einem Alptraum, und man merkt den anderen Protagonisten an, dass niemand es für selbstverständlich hält, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.

Die Tatsache, dass der Film auf wahren Tatsachen beruht, reiht ihn in die Landesgeschichtsaufarbeitungswelle ein, die offenbar von den Vereinigten Staaten Besitz ergriffen hat. Nach Frost/Nixon und Milk ist Flash of Genius nun der dritte Film innerhalb weniger Monate, der die jüngere Vergangenheit der USA beleuchtet und zumindest dokumentarischen Charakter hat. Ich bin gespannt, ob noch mehr aus dieser Richtung kommt - vielleicht eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bush-Regime?

Flash of Genius lässt sich jedenfalls durchaus angucken: vier von fünf einstellbaren Intervall-Scheibenwischern.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
9. März 2009

Slumdog Millionär

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 0:10

Slumdog MillionärIch war sehr gespannt auf den diesjährigen 8-fachen Oscar-Gewinner und daher sehr froh, diesen in der Sneak sehen zu können. Und das Münsteraner Sneak-Publikum scheint in diesem Fall die Ansicht der Oscar-Verleihungs-Kommission zu teilen — immerhin zählt Slumdog Millionär zu den fünf am besten bewertetsten Filmen in der Münsteraner Sneak überhaupt!

Der Film beginnt mit einer Szene, in der die Hauptfigur Jamal gefesselt von der Decke hängt und von zwei Männern malträtiert wird. Was für unsere westeuropäischen Augen wie Folter aussieht, ist in Wahrheit eine polizeiliche Befragung: Man versucht herauszufinden, ob Jamal in der Show “Wer wird Millionär?” (genauer gesagt, derem indischen Pendant, in dem es um 20 Millionen Rupie geht) betrogen hat. Während der ermittelnde Kommissar sich zusammen mit Jamal die Aufzeichnung der Sendung ansieht, erzählt Jamal, wieso er die Antworten weiß. Dadurch erfährt man m Rückblick einiges über Jamals Leben und Werdegang.

Dieses erzählerische Konzept ist extrem geschickt und geht auch gut auf. Die Rahmenhandlung der sehr bekannten Show gibt jedem Zuschauer den Wiedererkennungswert, und während Jamal sich für eine Antwort entscheiden muss, überlegt man unwillkürlich: “Was würde ich wählen?”. Es ist nichts Neues, wenn ein Film in der jetzigen Zeit beginnt und die Haupthandlung in Rückblicken vermittelt. Ein aktuelles Beispiel dieser Technik ist Der seltsame Fall des Benjamin Button. Meist ist es aber so, dass eine Person am Ende ihres Lebens auf ihr Leben zurück blickt und irgendjemandem etwas erzählt — nicht besonders originell. Slumdog Millionär hat das da besser gelöst.

Auch die Idee, Episoden aus Jamals Leben mit der Show zu verknüpfen, ist gut. So können viele Facetten seines Lebens gezeigt werden, gleichzeitig ist jedoch auch klar, dass es sich nur um Episoden handelt. Dies rechtfertigt es, besonders einprägsame und spannende Momente seines Lebens auszuwählen. Auch hier drängt sich mir der Vergleich mit Der seltsame Fall des Benjamin Button auf, der es einfach nicht geschafft hat, eine ähnliche Spannung aufzubauen — womöglich, weil der Versuch unternommen wurde, das ganze Leben von Benjamin Button zu schildern. Der rote Faden in Jamals Leben sind sein Bruder Salim und seine Freundin aus Kindertagen, Latika, und die Beziehung Jamals zu den beiden steht im Mittelpunkt des Films.

Der Nachteil des Episodenhaften ist, dass einige Fragen offen bleiben. Jamals Lebenslauf enthält Lücken, die zumindest im Film nicht gefüllt werden. Das gilt auch für die anderen Hauptcharaktere, Salim und Latika, über die man sowieso nur dann etwas erfährt, wenn Jamal mit ihnen zu tun hat. Möglicherweise ist die Buchvorlage da ausführlicher. Interessant wäre es auch zu wissen, wie authentisch der Film ist. Leider fehlen mir Hintergrundinformationen zur indischen Sozialstruktur, so dass ich wirklich keine Ahnung habe, ob Jamals Leben realistisch ist. Einige Aspekte kommen mir seltsam vor, aber letztendlich schadet das der Geschichte nicht.

Hat der Film 8 Oscars verdient? Keine Ahnung. Die Kriterien, nach denen Filme nominiert und Oscars verliehen werden sind mir völlig schleierhaft. Der Film ist jedenfalls gut, wirklich gut — fesselnd, spannend und mitreißend. Und alles andere ist eh egal.

4,5 von 5 Sternen (den halben Abzug gibt es für die völlig unpassende Bollywood-Sequenz im Abspann!). Und eine klare Guck-Empfehlung.

Anne

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