Ein Raunen ging durch das Kino, gefolgt von kurzem Gelächter, als sich der Saal verdunkelte, die Logos der Produktionsfirmen über die Leinwand flimmerten und schließlich Philip Seymour Hoffman (Oscar für Capote) und Marisa Tomei (auch nicht ganz unbekannt, wobei mir gerade partout nicht einfällt, woher) in einer äußerst expliziten (und sogar relativ langen) Sexszene zu sehen sind. Ein Publikum, das über eine Sexszene und das anschließende postkoitale Gespräch kichert und lacht… das versprach spannend zu werden.
Wurde es aber leider nicht. Tödliche Entscheidung (mal wieder ein toller deutscher Titel) erzählt die Geschichte von zwei Brüdern, die, um an Geld zu kommen, den Plan fassen, den Juwelierladen ihrer Eltern auszurauben. Der eine Bruder Andy (Capote) ersinnt den Plan, der andere Bruder Hank (Ethan Hawke) soll ihn ausführen, traut sich aber nicht, vertraut sich einem Kumpel an, der das Ganze kurzerhand übernimmt, bei dem Raubüberfall die Mutter von Andy und Hank anschießt und selbst getötet wird. Drumherum gibt es noch viel Familienzwist über verlorenes Vertrauen und fehlende Vaterliebe, Verhältnisse zwischen Hanks Frau Gina (Tomei) und Andy und ein paar Morde.
Das alles wäre ja noch latent spannend, wären da nicht die ständigen Wiederholungen des Ganzen. Regisseur Sidney Lumet (selbst schon über achtzig) litt wohl entweder an Alzheimer und vergaß ständig, was denn jetzt eigentlich passiert war, oder hatte Memento gesehen und gedacht “So wat mach icke ooch” (den hippen Berliner Dialekt inklusive). Es wird also viel zurück und nach vorn und durch die Gegend geblickt, was ja in Babel oder eben Memento noch ganz spannend ist, weil man immer mehr über die Charaktere und ihre Beziehung zueinander erfährt, hier aber eben wie vom Department of Redundancy Department for Redundancy entwickelt scheint, weil es eben nichts mehr zu erfahren gibt.
Ein paar kleine Überraschungen (Wer wird denn jetzt erschossen? Wer hat den Briefkasten eingeschlagen? Ohgottohgottohgott!) rechtfertigen leider keine beinahe zwei Stunden Film. Ein Teil meiner Mitsneaker vermutete schon, es ginge beim Dreh dieses Films nur darum, Marisa Tomei möglichst oft oben ohne zu zeigen, aber selbst das wirkt beim fünfzehnten Mal irgendwie nicht mehr soo spannend.
Übrig bleibt am Ende die Frage, warum Schauspieler wie der großartige Albert Finney (aus dem großartigen Big Fish) oder Rosemary Harris (eigentlich immer großartig) sich zu so einem langweiligen, aussagefreien Machwerk herabgelassen haben.
Sehenswert bleibt allein Philip Seymour Hoffmans wohl langsamster Ausraster der Filmgeschichte sowie Marisa Tomeis peinlichster Abgang aus der Kategorie “Was man falsch machen kann, wenn man seinen Mann verlassen und ihm die Affäre mit seinem Bruder gestehen will”. Komisch, durchaus, aber wohl leider unfreiwillig.
Somit also eine halbe von fünf Metal-CDs. Spart’s euch.
Dennis
Da hast du ja bei der Rezension zu “Juno” hellseherisches Können bewiesen, als du einen Verriss prophezeit hast. Zum Glück möchte man sagen, ich als Normalo in Sachen Kino komme ja bei den Filmen sowieso nicht hinterher.
Kommentar by Nils — 27. März 2008 @ 20:23
Ich hasse es, wenn ich mit so etwas Recht behalte ;o)
Dennis
Kommentar by Dennis — 29. März 2008 @ 13:38