Man hat mir einst gesagt, Sin City würde mir mit Sicherheit nicht gefallen, aber ich müsse ihn dennoch unbedingt sehen. Man hat sich geirrt — zumindest zur Hälfte: der Film hat mir nämlich ungemein gefallen und ich hätte ihn tatsächlich viel früher sehen müssen.
Da ich die Sin City Comics von Frank Miller bisher nicht zu Gesicht bekommen habe, kann ich nicht sagen, ob Robert Rodríguez wirklich eine so originalgetreue Umsetzung gelungen ist, wie vielfach behauptet wird. Zweifelsohne ist der Stil der Verfilmung jedoch durchweg gelungen und von grandioser technischer Perfektion. Die Szenen sind allesamt schwarz-weiß und erhalten durch harte Licht-Schatten-Kontraste eine gewaltige graphische Intensität, die der düsteren Grundstimmung vollkommen gerecht wird. Der gezielte und äußerst sparsame Einsatz von kräftigen Farbakzenten zieht das Auge unwiderstehlich in seinen Bann und verstärkt die surreale Atmosphäre noch weiter. Komposition, Lichtführung, Bildwinkel, Technik: einfach perfekt.
Erzählt werden drei lange und eine kurze Episode aus der verkommenen Stadt Sin City — der Name ist Programm. Hier herrscht das Gesetz der Straße und das Recht des Stärkeren. Polizei, Regierung und Kirche sind durch und durch korrupt, die meisten Charaktere abnorme Psychopathen, gnadenlose Gewalt alltäglich, Mord und Totschlag die Regel. Entsprechend zieht sich ein geradezu widerwärtiges Maß an Brutalität durch den Film; von abscheulich offener Gewalt bis zur subtilen (psychischen) Grausamkeit: die gesamte Palette menschlicher Niedertracht ist vorhanden
Und dennoch, die Gewalt ist hier niemals Selbstzweck des Films wie in so vielen schlechten Metzelstreifen, sondern stets essentieller Teil der Charakterdefinition. Die “Helden” von Sim City sind gebrochene Außenseiter, die trotz all ihrem Leid eine verborgene und doch tiefsitzende Moralvorstellung haben. Für jeden noch so kleinen Sieg müssen sie hart kämpfen und noch härter bezahlen, denn in Sin City gibt es nicht einmal den Tod umsonst.
Ein scheußlicher und doch grandioser Film, der jedoch stärkste Nerven beim Zuschauer voraussetzt: 1.
Erschreckend: Fragt man sich, ob die dargestellte Niedertracht in Wirklichkeit (im entsprechenden Milieu) vorkommen würde, so lautet die Antwort: definitiv ja — leider.
Patrick
Ich hätte auch nicht gedacht, dass er Dir gefällt (War ich das damals?). Egal, auf jeden Fall ein Superfilm. Vielleicht solltest Du “300” auch mal eine Chance geben. Der steht Sin City in punkto technische Perfektion nämlich in nichts nach. Anschauen!
Kommentar by Terje — 17. Mai 2008 @ 16:42
Ich weiß nicht mehr, wer mir das damals gesagt hat; vermutlich entweder Du oder Dennis.
Bei 300 bin ich immernoch mehr als skeptisch, weil ich mit der historischen Realität recht gut vertraut bin und obendrein eine Schwäche für’s alte Griechenland habe.
Doch man soll niemals nie sagen, vielleicht werde ich ihn mir — die Möglichkeit vorausgesetzt — ansehen.
Kommentar by Patrick — 17. Mai 2008 @ 16:47
Hehe, Du hast einmal Sim City geschrieben, Dr. Wright und das Super Nintendo sagen hallo!
Kommentar by Terje — 30. September 2008 @ 1:50
Genau!
Endlich hat jemand meine
nnatürlich mit voller Absicht gesetzten TippfehlerStilfigur bemerkt. Ich fand die Düsternis von Sin City schrie quasi nach der Kontrastierung mit dem eher lieblichen Sim City…Kommentar by Patrick — 30. September 2008 @ 12:40
[…] die alles andere als Realität darstellen soll. Das alles erinnert durchaus an das, was Patrick hier zu Sin City geschrieben hat. Da ich Sin City allerdings nicht gesehen habe, kann ich keine […]
Pingback by sneakcast.de » The Spirit (OF) — 14. Januar 2009 @ 13:18