Musik ist manchmal wie ein Ozean. Man möchte darin schwimmen, sich darin verlieren. Jeder der das Gefühl schon einmal hatte versteht, was ich meine. Genau so und nicht anders geht es mir bei der Musik von The Fray. Die vierköpfige Band aus Denver, Colorado, feierte 2007 mit ihrem Debütalbum How to save a life und der gleichnamigen Hitsingle große Erfolge. Doch Erfolge bedeuten nicht zwangsläufig musikalische Qualität. Warum sind also The Fray eine Band, der ich den Erfolg uneingeschränkt gönne? Weil sie es schaffen, mich immer wieder an die Hand zu nehmen und mitzureißen. So war es auch nicht verwunderlich, dass ich mir ihr zweites Album The Fray (sehr einfallsreich) importierte. Das gute Stück wird in Deutschland erst Ende März veröffentlicht. Eine musikalische Sneak also…
Wie ist es denn nun geworden, das schwierige zweite Album? Ich muss es einfach sagen… Das haben die Jungs ganz, ganz toll gemacht. Alles ist größer, emotionaler und irgendwie wuchtiger als auf dem Debüt. Über den genialen Opener Syndicate, der mit Panorama-Refrain daher kommt gelangt man ohne Umschweife ins Herz der Platte. The Fray sind im emotionalen Piano-Poprock zu Hause und sie zelebrieren hier, was sie am besten können. Absolute steht dem ersten Stück in nichts nach und weiß nach einigen Durchgängen genauso zu begeistern. You found me, die Vorabsingle, steht in der Tradition ihres Debütalbums, hat einen tollen Text und ist einfach ein schönes Stück Radiopop. Say when das ist die erste Überraschung. Hier herrscht, tatsächlich, durchweg ein treibender Rhythmus vor und der Song begeistert durch eine kontinuierliche Steigerung (am Ende fast brachiale Industrial-Gitarren) weshalb er, trotz 5 Minuten Länge, nicht langweilig oder belanglos daherkommt. Das nächste Stück ist mein persönliches Highlight: Never say never. Eine herzzerreißende Liebeserklärung an die Liebe selbst, so schön eingespielt, das man es zunächst nicht glauben mag. Hier wird es deutlich: Sie haben es tatsächlich geschafft, sich als Band weiterzuentwickeln. Zu einem Song wie diesem wären sie auf ihrem Debüt noch nicht fähig gewesen und die Bridge trägt einen auf einem Streicherarrangement davon. Phänomenal! Where the story ends ist dann wieder etwas schneller, geht gut ins Ohr, haut aber nicht vom Hocker. Enough for now bei dem dachte ich zunächst, dass es wieder so einen Hänger begründen würde wie beim Vorgänger. Damals wurde nämlich kräftig bei der Reihenfolge geschlurt und 5 Balladen hintereinander auf das Album gepackt. Dem ist hier nicht so… Enough for now entwickelt sich zum Grower, der ältere Songs wie Heaven forbid oder Hundred (die schwächeren des Debüts) mit Leichtigkeit schlägt. Überhaupt, in allen Reviews die ich bisher las wird der Band Stillstand vorgeworfen. Man könnte meinen, keiner hat richtig zugehört. Meiner Meinung nach hört man die Weiterentwicklung bei jedem einzelnen Song, denn selbst das schwächste Stück der Platte Ungodly hour hat durchaus im Albumkontext seine Daseinsberechtigung. Irgendwie ist es kein Meisterstück, aber es würde etwas fehlen, wenn es nicht da wäre. We build then we break ist das musikalische Experiment, denn hier entfernen sich The Fray etwas von ihrer Piano-Formel und lassen das Stück ein bisschen synthie-mäßiger klingen. Das steht dem Stück auch gut zu Gesicht und damit bereichert es das Album. Vor allem im Kontrast zwischen zuckersüßem Refrain und basslastiger, ja fast düsterer, Strophe entsteht hier ein spannendes Zusammenspiel. Happiness ist dann das letzte Aufbäumen des Albums, was über die Hälfte als akustischer Track daherkommt, dann zum Ende hin aber nochmal die gesamte Band zum Finale einlädt.
Fazit: The Fray haben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie ein überzeugendes zweites Album auszusehen hat. Die CD bietet viele Highlights und stellt eine Bereicherung meiner Musiksammlung dar. Dachte ich bei How to save a life noch, dass man von dieser Band wohl nichts mehr hören würde (One-Hitalbum-Wonder :-), so bin ich bei diesem Ergebnis absolut positiv überrascht. Ich hoffe, dass sie auch bald mal nach Deutschland kommen, denn bisher waren sie meines Wissens nur in England um Konzerte zu geben. Hoffentlich steigert dieses Album hierzulande den Bekanntheitsgrad der Gruppe denn verdient hätten sie es allemal. Ich vergebe 4 von 5 Steinway-Flügel für dieses wunderschöne Stück Popmusik.