Alle Jubeljahre lasse ich mich zu einer Musikrezension hinreißen. Dieses Mal ist der Grund ein erfreulicher: Das Comeback der kanadischen Rockröhre Avril Lavigne. Ähnlich wie es im vergangenen Jahr Maroon 5 und Good Charlotte vorgemacht haben gelingt Lavigne mit ihrem vierten Longplayer ein Neuanfang. Grund für die Notwendigkeit eines solchen war ein unter Fans und Kritikern höchst umstrittenes “The Best Damn Thing”. Das Album führte vor 4 Jahren dazu, dass ich mich desinteressiert von Lavigne abwandte und Paramore oder Taylor Swift vorzog. Jedoch übten gerade die ersten beiden Longplayer von Avril Lavigne eine ungebrochene Faszination auf mich aus und es stellte sich heraus, dass sie über eine erstaunliche Halbwertszeit verfügten. Dies trifft insbesondere auf das 2004 erschiene “Under My Skin” zu, welches ich auch heute noch in Dauerrotation durchhören kann. Nun aber genug zu meiner Vorgeschichte mit Lavignes Musik, es geht schließlich um ihre neue Platte.
“Goodbye Lullaby” wurde im Vorfeld von der Künstlerin als nachdenklich, akustisch und erwachsen beschrieben. Das allein ließ mich aufhorchen, aber ich blieb bis zuletzt skeptisch ob eine Rückkehr zu alten Stärken nach so vielen Jahren möglich sein würde. Diese Skepsis wurde durch eine arg konventionelle und ideenarme Vorabsingle bekräftigt. Erst als vor einigen Tagen die ersten vollständigen Songs auf YouTube zu hören waren waren meine Zweifel verflogen. Was dort präsentiert wurde weckte mein Interesse und gerade die Powerballade “Wish you were here” hatte es mit besonders angetan. Nun, da ich das Album als Ganzes kenne, kann ich sagen dass es sich hierbei um ihr zweitbestes Werk handelt.
1. Black Star: Das Intro fungiert als atmosphärischer Einstieg in die Platte, welche gut funktioniert… (4/5)
2. What The Hell: …jedoch von der direkt danach einsetzenden, bereits erwähnten Vorabsingle seines Glanzes beraubt wird und isoliert am Albumanfang stehen bleibt. An “What The Hell” stört mich vor allem, dass es bewusst in das etablierte Skater-boy-Schema reinpasst und möglichst massentauglich als Charttopper konzipiert ist. Im Albumkontext ist das Stück leider fehl am Platz. (3/5)
3. Push: Der erste Akustiksong, welcher an alte Let Go-Zeiten anknüpft. Besonders toll ist die zweite Stimme von Evan Taubenfeld im Refrain und in der Bridge. Guter Song, welcher leider ein bisschen undynamisch ausfällt. (4/5)
4. Wish You Were Here: Eines des Albumhighlights. Gute Strophen, ein hervorragender Refrain und ein insgesamt überragendes Arrangement runden diese Powerballade ab. (5/5)
5. Smile: Ein weiterer Song, welcher in die Richtung ihres letzten Albums geht. Abgesehen von dem seltsamen, etwas peinlichen Text weiß dieses Rockpop-Juwel uneingeschränkt zu gefallen. Ein weiterer Fall fürs Radio, aber sicher eine gute Singlewahl. (5/5)
6. Stop Standing There: Angenehme Abwechslung zum Rest des Albums. Der Rhythmus verbreitet Frühlingsatmosphäre. (4/5)
7. I Love You: Leider sind auf diesem Album auch lyrische Banalitäten zu finden. In diesem Song sind sie offensichtlich. Obwohl der Song schwelgerisch-träumerisch daherkommt, wirkt er irgendwie unorganisch und wenig originell. Dennoch hörbar. (3/5)
8. Everybody Hurts: Hier ist Avril Lavigne wieder voll auf dem Punkt und liefert einen Bilderbuch-Ohrwurm. Eine grandiose Melodie, welche sich sofort im Gehör festsetzt und ein fantastisches Gitarrenriff dominieren das Stück. Der Backgroundgesang von Ex-und-jetzt-wieder-Gitarrist Taubenfeld macht jeden Lavigne-Song besonders. (5/5)
9. Not Enough: Ein Stück, welches durch einen gezielten Aufbau und einen ausbruchsartigen Refrain zu gefallen weiß. Hier hört man erstmals den Einfluss von Sum-41-Frontmann und Lavigne-Ex-Ehemann Deryck Whibley heraus. Der Sum’sche Klanganstrich passt auch hervorragend zu dieser Powerballade mit (Achtung) GUTEM TEXT. (5/5)
10. 4 real: Dieses Stück schleppt sich irgendwie so daher, was an dem etwas unbeholfenen Aufbau und dem geringen Unterschied zwischen Strophe und Refrain liegt. Es fällt aus dem Rest irgendwie negativ heraus. (2/5)
11. Darlin: Es kommt nicht von ungefähr, dass Lavigne im Vorfeld immer wieder ihre Back-to-the-roots-Ambitionen betonte. Darlin war ein Stück, welches sie bereits vor zwölf Jahren geschrieben hat und dementsprechend sehr gut der alten, guten, bewährten Charme einfängt, welcher sie überhaupt erst berühmt gemacht hat. Das Stück ist ein großartiges Geschenk an die Fans, da es schon lange als inoffizieller Konzertmitschnitt im Internet kursierte. (5/5)
12. Remember When: Eine sehr gefühlvolle Pianoballade, die Erinnerungen an “Under My Skin” wach werden lässt. Der Refrain haut wieder in die richtige Kerbe, sodass eine romatische Atmosphäre aufkommt. Gerade der Höhepunkt bei 2.21 kann auch als ein Höhepunkt des Albums betrachtet werden. Groß! (5/5)
13. Goodbye: Das letzte Stück fällt ähnlich sphärisch wie das Intro “Black Star” aus. Leider fehlt es der Akustiknummer mit Streichern an Kontur. Ein bisschen belanglos und bemüht, aber trotzdem irgendwie süß. (3/5)
Abschließend bleibt mir nur noch eines zu sagen: Das Album erhält von mir völlig verdiente 4 von 5 Glitzersternen und stellt ein (fast) rundum gelungenes Comeback einer talentierten Künstlerin dar, welches lediglich durch die teils schwankende Songqualität, einige banale Texte und die unpassende Single “What The Hell” negativ auffällt.