Nach mehrwöchiger Sneak-Abstinenz, ging es gestern um 23.00 mal wieder in die heiß geliebte Bochumer Überraschungspremiere. Kredenzt wurde dem Publikum “Edge of Darkness”, ein grundsolider Krimi/Thriller, welcher den hohlen deutschen Titel “Auftrag Rache” trägt. Bei diesem Film geht es um die Ermordung von Emma Craven, welche im Haus ihres Vaters von Unbekannten mit einer Schrotflinte erschossen wird. Ihr Vater Thomas Craven (Mel Gibson), seines Zeichens Bostoner Polizist, übernimmt eigenhändig die Ermittlungen und deckt schon bald eine Verschwörung auf, die weit über das Leben seiner Tochter hinausgeht. Eins muss vorneweg gesagt werden: Bei diesem Thriller bekam Mel Gibson eine Rolle, die wie für ihn geschaffen ist. Wie zuletzt in “Payback” (1999) darf Gibson bei “Edge of Darkness” richtig aufräumen und bei seinen Ermittlungen eine nicht zu übersehende Blutspur hinterlassen. Dabei steht wie bei vielen ähnlichen gelagerten Filmen jedoch nicht die Gewalt sondern die Informationsbeschaffung und Befragung im Vordergrund. Gewalt kommt zwar auch vor, sie bleibt aber immer so lange im Hintergrund bis sie für den entwöhnten Zuschauer wie ein Schlag in die Fresse wirkt. Allein die Eingangsequenz, welche in der Erschießung vor Cravens Tochter mündet ist bitter-brutal und knallhart-realitisch inszeniert, was auf viele der Actionszenen zutrifft. Allerdings sind diese Gewalteruptionen nicht Dreh- und Angelpunkt des Thrillers. Es wird viel mehr auf eine differenzierte Charakterzeichnung geachtet. Die “Bösen” stellen sich als skrupellose Großindustrielle dar, wie es sie in der heutigen Zeit immer häufiger gibt. Gewissermaßen handelt der Film auch von der Unantastbarkeit bestimmter Personen, die abseits der Gesetze ihren dunklen Machenschaften nachgehen. Dies äußert sich vor allem in einer späteren Szene, als sich Craven offenbart, dass sein bester Freund ebenfalls von Regierung und Unternehmen gekauft und auf ihn angesetzt wurde. Bei der steigenden Hoffnungslosigkeit kommt es am Ende einer gewissen Genugtuung gleich, auf welcher Art und Weise Craven seinen Rachefeldzug vollendet. Es bleibt der nachhaltige Eindruck eines erstaunlich guten Thrillers zurück, dessen Dialoge die nötige Spannung beinhalten und dessen Gewaltszenen einem mehr als einmal die Spucke wegbleiben lassen. Allerdings trennt eine tiefgründigere, verschachtelte Auflösung des Rätsels der Film von höheren Wertungsregionen. Deshalb bleibt es bei 3 1/2 von 5 Killer-Milchflaschen für diesen grimmigen, reinrassigen Sneakfilm.
Auftrag Rache (Edge of Darkness)
Ein Sommer in New York – The Visitor
Die erste Sneak des Jahres 2010 kredenzte dem Bochumer Sneakpublikum mal wieder einen echten Programmkinofilm, welcher sich fernab von ausgetretenen Hollywood-Pfaden bewegte. Das kleine, stille Kammerstück “Ein Sommer in New York” stellt den Universitätsprofessor Walter Vale (Richard Jenkins) in den Mittelpunkt, welcher nach dem Tod seiner Ehefrau mehr und mehr in die soziale Isolation entgleitet. Als er nach New York fährt um dort auf einer Konferenz einen Aufsatz zu präsentieren, erlebt er beim Betreten seiner Wohnung eine Überraschung: Diese wird nämlich von zwei illegalen Einwanderern bewohnt, dem Pärchen Tarek und Zeinab. Nachdem Walter sich dazu durchringt, die beiden weiterhin bei ihm wohnen zu lassen, beginnt für ihn ein Heilungsprozess. Durch Tareks ansteckende Leidenschaft für Trommelmusik erwächst eine Männerfreundschaft, die nicht nur die kulturellen Unterschiede überwindet, sondern auch Walter wieder ins Leben zurückholt. Damit ist die erste Hälfte des Films ein herzerwärmendes Unterfangen, welches stellenweise in ein Feelgood-Movie abgleitet. Doch dann wird Tarek von seiner Vergangenheit eingeholt, aufgrund eines Missverständnisses verhaftet und schließlich in Untersuchungshaft gebracht. Die zweite Hälfte des Films beschäftigt sich mit der Unfähigkeit von Tareks Angehörigen (u. a. seiner Mutter) mit ihm in Kontakt zu treten und den Bedingungen unter denen Einwanderer in den USA zu leiden haben. Dabei bleibt der Fokus jedoch stets bei Walter, welcher beginnt sich für Tareks Mutter zu interessieren. Am Ende bleibt die Liebe der beiden nur eine romantische Illusion und Walter führt, nachdem Tarek endgültig abgeschoben wurde, den bescheidenen Traum der beiden zu Ende: Einmal in der New Yorker-Ubahn zu trommeln.
Eine pauschale Bewertung des Filmes fällt zunächst nicht leicht: Es ist ein relativ einfach gestrickter Film, welcher zum Großteil von seinen sympathischen Charakteren lebt. Er bewegt sich fernab des Mainstream, weil er sich einem schwierigen Thema in leichtfüßiger Art und Weise nähert. Jedoch schlägt der Film im zweiten Teil nicht immer den richtigen Ton an, sodass es zu dramatisch-unrealistischen Überzeichnungen kommt. Das Drama wird immer unvermeidlicher, was auch dem Zuschauer bewusst wird. Nichtsdestotrotz hat der Film (gerade in der ersten Hälfte) überzeugt, weswegen er auch locker 3 von 5 Trommeln verdient hat.
Sherlock Holmes (OF)
Die letzte Sneak des Jahres 2009 war ein Film, auf den ich schon lange gespannt war: Sherlock Holmes.
Für alle diejenigen, die die Figur “Sherlock Holmes” nur dem Namen nach kennen, sind zunächst ein paar Worte zu den “echten”, von Arthur Conan Doyle geschaffenen Charakteren angebracht. Der echte Holmes ist ein Wissenschaftler und kühler Analytiker, der seine Profession mit Leidenschaft verfolgt. Er ist extrem scharfsinnig und lässt sich nicht von seinen Gefühlen leiten, wohl aber von seinem Instinkt. Watson ist hingegen leichtgläubig und viel eher bereit, sympathisch erscheinenden Personen zu glauben. Er ist als Kriegsveteran zwar zur Not in der Lage, mit Waffen umzugehen, allerdings ein friedliebender Mensch, der Gewalt verabscheut. Irene Adler wird als die einzige Frau beschrieben, die Holmes auf Grund ihres Intellekts bewundert. Da sie aber auf der anderen Seite des Gesetzes steht, ist sie Holmes’ Gegnerin und in einigen Fällen auch seine Gegenspielerin.
Schon der Trailer zum Film Sherlock Holmes zeigt, dass Guy Ritchie’s Charaktere von Doyle’s stark abweichen. Ansonsten wären Robert Downey Jr. (Holmes) und Jude Law (Watson) wohl auch die falsche Besetzung. Es war also klar, dass der Film keine originalgetreue Verfilmung darstellen würde, und dementsprechend richtete ich mich auf eine Persiflage ein. Was allerdings letztendlich im Film zu sehen war, enttäuschte meine Erwartungen auf ganzer Linie.
Der Film beginnt damit, dass Holmes und Watson ein Ritual vereiteln, in dem Lord Blackwood ein Mädchen opfern will. Lord Blackwood wird festgenommen und hingerichtet, taucht danach jedoch wieder in London auf und mordet weiter. Diese Geschichte passt an und für sich gut zu Sherlock Holmes, der häufig mit Fällen zu tun hat, in denen vermeintlich übernatürliche Phänomene auftauchen. In den Geschichten lassen sich diese Phänomene stets rational erklären, nachdem Holmes Fakten gesammelt und Hypothesen entworfen hat.
Downey Jr.’s Sherlock Holmes sorgt hingegen zwar für reichlich Action und gerät oftmals in die Bredouille. Die Sherlock Holmes typische Logik wendet er allerdings nur selten an, und seine Untersuchungen brauchen nur zwei Sekunden. Gedankliche Schritte spielen eine Nebenrolle und sind für den Zuschauer nicht nachvollziehbar. Watson ist der Mann für’s Grobe, der seinen Freund belächelt und ihn umsorgt. Und Irene Adler ist so in Holmes verliebt, dass sein Wohlergehen für sie wichtiger als Professionalität ist. Die Charaktere sind also insgesamt schief.
Das wäre nicht weiter dramatisch, wenn der Film den Charakterwandel bewusst komödiantisch ausnutzen würde. Immerhin gibt es bereits über 200 Filme über Sherlock Holmes, so dass eine eigenständige und eigenwillige Interpretation durchaus wünschenswert sein kann. Der Film ist jedoch nicht lustig (viel mehr Witze, als im Trailer zu sehen sind, gab es nicht), keine Charakterstudie, kein kriminalistisches Meisterwerk…eigentlich nichts Besonderes.
Man muss sich daher ernsthaft fragen, durch was dieser Film seine Daseinsberechtigung als Sherlock Holmes-Verfilmung erhält. Der Film ist eine ganz nette Actionkomödie, die man sich mal angucken kann - mehr aber auch nicht, und ganz sicher kein adäquater Sherlock Holmes-Film. Für eine Persiflage auf Holmes (was vermutlich gewollt war) fehlt es an Witz, Esprit und guten Einfällen. Chance vertan.
Daher nur zwei von fünf Pfeifen für Sherlock Holmes.
Anne
Away we go (OF)
Burt und Verona sind seit längerem ein Paar und erwarten ihr erstes Kind. Doch dann kündigen Burts Eltern, die in ihrer Nähe leben, an, nach Europa zu ziehen. Burt und Verona beschließen daraufhin, weg zu ziehen. Die Frage bleibt nur, wohin. Und so machen die beiden sich auf eine Tour quer durch Nordamerika, auf der Suche nach dem perfekten Ort, ihr Kind aufzuziehen…
Wenn man darüber hinweg sieht, dass die Grundstory des Films relativ dürftig ist, stößt man auf eine nette, recht lustige Geschichte. Sowohl die Hauptcharaktere, als auch die Freunde, die beide in den verschiedensten Städten treffen, sind skurril, und gemeinsam sorgen alle für Situationskomik.
Die Kehrseite der Medaille ist, dass der Film stellenweise in Richtung Slapstick abdriftet und die Charaktere nicht gerade ernstzunehmen sind. Dadurch fehlt dem Film der Tiefgang und er bleibt nur oberflächliche Unterhaltung. Als Unterhaltung ist er aber ganz brauchbar.
Insgesamt sehenswert, aber nichts Spektakuläres. 3,5 von 5 Sternen.
Anne
Filmfestival in Münster (7.-11.10.)
Wie aus dem Titel erkennbar ist, fand dieses Jahr in Münster wieder das Filmfestival der Filmwerkstatt Münster statt. Im Folgenden also in aller Kürze die selektive (d.h. durch das, was wir gesehen haben, begrenzte) Auswahl von Filmen, die im Rahmen des Festivals gelaufen sind:
Spielfilme (in willkürlicher Reihenfolge)
Unter Bauern (Premiere in Anwesenheit von Produktion, Darstellern und Marga Spiegel): Im zweiten Weltkrieg gehen westfälische Bauern das Risiko ein, eine jüdische Familie vor dem NS-Regime zu verstecken. Gut gemachter und fesselnder Film, der in eindrücklichen Bildern deutsche Geschichte erzählt, ohne dem Zuschauer eine moralische Wertung aufzudrücken. Die einfühlsame und differenzierte Inszenierung des autobiographischen Stoffes leistet ihr übriges, den Film zu einem wirkungsvollen und ergreifenden Werk zu machen, das aus dem Gros der Geschichtsbewältigungsfilme heraussticht.
Nord (norw. OmU, Produzent anwesend): Der depressive Jomar macht sich von Trondheim mit dem Schneemobil auf ins Nordland, um erstmals seinen Sohn zu treffen. Die Reise wird zu einem skurrilen Selbstfindungstrip begleitet von nicht minder absurden Gestalten, die ebenso wenig wie Jomar wissen, wer sie eigentlich sind, und gleichsam befremdliches Verhalten an den Tag legen. Die innere und äußere Reise durch eine unwirkliche Leere wird in weiten, beinahe grenzenlosen Einstellungen kunstvoll inszeniert und so der Lakonie der Handlung mehr als gerecht. Gepaart mit dem stoischen norwegischen Humor erhält dieses Roadmovie der anderen Art eine ganz eigene Note. Empfehlenswert.
Tatort “Tempelräuber” (Darsteller anwesend): Der neue Münster-Tatort als Kinopremiere vor ausverkauftem Haus. Mord im Priestermilieu, und Atheist Thiel mitten drin. Ein Plot in gewohnter Tatortmanier, der wie immer durch den Schlagabtausch zwischen Boerne und Thiel zu überzeugen weiß, auch wenn der Kriminalfall vergleichsweise vorhersehbar ist. Insbesondere der Anfang dieser Folge zeigt eine erfrischend stringente Regie und wohlgesetzte Schnitte, fällt aber alsbald auf den Tatort-Einheitsbrei zurück.
Durst: Ein koreanischer Priester überlebt eine Virus-Infektion, indem er durch eine Bluttransfusion zum Vampir wird. Fortan sieht er sich als Priester Gottes und Geschöpf des Teufels in einem inneren Widerstreit, der ihn gemeinsam mit seiner Gefährtin immer mehr entfremdet. Von diesem Gewissenskonflikt bekommt man in diesem durchweg seltsamen Vampirdrama allerdings wenig mit. Überhaupt plätschert die Handlung eher träge vor sich hin. Nach Charakterentwicklung, ausgefeiltem Plot und Kontext sucht man vergeblich. Gleichsam kommt der Streifen — von wenigen Szenen abgesehen — ohne Schock- und Horrorelemente aus, sodass man sich fragen muss: wieso, weshalb, warum musste dieser Film gedreht werden.
Nowhere Man (OmU): Tomas träumt davon, alles hinter sich zu lassen. Er macht ernst, fingiert seinen Tod, lässt Frau, Job und Freunde zurück und setzt sich nach Barbuda ab. Doch die Realität entspricht keineswegs seinem rosigen Traum. Ohne Geld und Arbeit vegetiert er von den Einheimischen missachtet fünf Jahre vor sich hin, bevor er zurückkehrt und schließlich feststellt, dass das Leben ohne ihn weitergegangen ist. Dieser bedächtig inszenierte Film räumt schonungslos mit dem Aussteigertraum auf und zeigt die Kehrseiten von gesellschaftlichem Ausstieg und dem Leben auf einer einsamen Insel.
Versailles (franz. OmU, Regisseur anwesend): Der kleine Enzo wird von seiner Mutter bei einem in den Wäldern von Versailles lebenden Landstreicher gelassen, der wohl oder übel die Verantwortung für ihn übernehmen muss und sich dadurch emotional zu öffnen beginnt. Ein charakterstarker Film über Warten und Werden, Einsamkeit und Verantwortung. Das bedächtige Tempo der ersten etwa 100 Minuten passt perfekt zur tragisch-schweren, doch federleicht erzählten Geschichte des Films. Beeindruckend auch die phänomenale Präsenz des fünfjährigen Max Baissette de Malglaive als Enzo, der durch seine schiere Anwesenheit ganze Szenen definiert. Einziger Makel an diesem wahrlich meisterhaften Gesamtwerk ist die plötzliche, unmotivierte Beschleunigung des Tempos am Ende des Films, wo die Handlung zu einer nicht mehr nachvollziehbaren Reihung von Zeitsprüngen und Ereignissen wird. Hier hätte man sich besser mehr Zeit genommen und das adäquate Tempo gewahrt. Dennoch überzeugt der Film auf ganzer Linie und verdient den Sieg im europäischen Spielfilmwettbewerb der Filmwerkstatt Münster.
Kurzfilme (in Reihenfolge persönlicher Wertung)
Fallen gelassen (30:00, Daniel Büttner, Max Baberg): Eine sensibel erzählte Geschichte über kindliche Brutalität unter Schülern, die bald eine unaufhaltsame Kette psychischer und physischer Gewalt auslöst, an deren Ende das Äußerste geschieht. Die technisch einwandfreie Animation in bewusst stilisierten Bildern transportiert die Handlung meisterhaft und taucht den Zuschauer in ein Wechselbad der Gefühle. Schon bald bleibt das herzhafte Lachen über die schonungslose Realparodie des Schulalltags im Halse stecken und weicht blankem Entsetzen über die unglaubliche Härte kindlicher Ausgrenzung und Streiche. Man kann sich diesem überaus stimmigen Werk nicht entziehen. Fallen gelassen hat zu Recht den großen Preis der Filmwerkstatt Münster erhalten.
Schautag (23:14, Marvin Kren): Jugendliche auf einer Brücke bei einer folgenschweren Mutprobe, ein Autoverkäufer, den Gewissensbisse schier zur Verzweiflung bringen, und ein ergrauter Herr, dem nur die Erinnerung und ein altes Videoband geblieben sind. Diese zunächst unabhängigen Geschichten werden in einem meisterhaften Spiel mit unterschiedlichen Zeitebenen erst behutsam verzahnt und schließlich zu einer einzigen Geschichte über Schuld, Verantwortung und Reue verwoben. Ein großartiges Werk!
Amoklove (09:20, Julia C. Kaiser): Fabian und Marie begegnen sich, werden Freunde, wollen mehr sein, lassen sich Zeit, haben nur drei Wochen - schon naht der Abschied. Eine wundervolle Geschichte über zwei Seelen, die einander zärtlich berühren. Die poetische Sprache und anmutigen Bilder der Inszenierung, die auf allen Ebenen gekonnt mit Symmetrie und subtilem Widerspruch spielt, illustrieren die Entwicklung einer zarten Liebe vortrefflich und erreichen am Ende eine derart beeindruckende Verdichtung, das einem schier das Herz zerspringen will.
Regenbogenengel (07:00, Anna Kasten): Gewalt unter Kindern, Schikane und Tritte, Wegsehen der anderen, bis die Flucht aus dem Leid auch die Flucht aus dem Leben bedeutet. Nur der kleine Bruder kennt den Plan, kann die als Märchen erzählte Geschichte allerdings noch nicht gänzlich begreifen… Den kraftvollen Bildern, der unschuldig kindlichen Stimme und der märchenhaften Verklärung von unvorstellbarem Leid kann man sich nicht entziehen. Sie lassen die erdrückende Traurigkeit und fatale Ausweglosigkeit spürbar werden und zwingen dazu, Stellung zu beziehen, nicht länger wegzusehen. Ein Meisterwerk, das mit dem WDR-Förderpreis ausgezeichnet wurde.
Edgar (13:00, Fabian Busch): Der verwitwete Edgar gehört zur einsamen Ü60-Generation. Die unausgefüllte Zeit im Ruhestand ohne Arbeit, ohne Aufgabe wird ihm zur Qual, bis er auf der verzweifelten Suche nach Aufmerksamkeit schließlich auf die schiefe Bahn als Ladendieb gerät. Ein stimmiger Film voll ironischer Heiterkeit, der den verzweifelten Hilferuf einer ausgemusterten Generation wirkungsvoll in Szene setzt, ohne auf die Tränendrüse zu drücken
Abb. 8.12 (04:40 Sarah Weckert): Eine Frau ritzt sich in ihre entblößte Brust ein Herz aus Blut. Die Wunde verheilt, eine Narbe entsteht und verblasst, doch etwas bleibt - für immer. Das Bild besticht durch eindringliche Simplizität und eröffnet zugleich einen immensen Interpretationsspielraum über Gefühle, wie sie uns berühren, und was am Ende übrige bleibt. Beeindruckend!
Cowboy (35:00, Till Kleinert): Immobilienmakler, Stadtmensch trifft bei der Suche nah neuen Objekten auf Cowboy, Landburschen. Der eine redet, der andere schraubt an seinem Trecker; der eine gut angezogen und gepflegt, der andere verschwitzt und ursprünglich. Erotische Spannung baut sich auf und entlädt sich schließlich. Am Morgen danach beginnt dann der Albtraum mit einem blutigen Kampf um Leben und Tod. Ein Film, der sich Zeit nimmt, und eine - so scheint es zunächst - einfache Geschichte in gemächlichen Bildern inszeniert, bis das Geschehen unverhofft explodiert, in schneller Folge zum Klimax führt und dann voller offener Fragen endet.
Freunde die du hast (14:00, Haik Büchsenschuss): Simons perspektivloses Dasein auf dem Land mit rechten Dumpfbacken als so genannten Freunden erfährt ungeahnten Aufschwung durch die Ankunft eines Städters. Simons Feigheit setzt dieser Liebe jedoch ein jähes Ende. Ein glaubhafter Film über das Fehlen von Mut und Perspektive, wie man es sich schlimmer nicht vorstellen kann.
Widerstand (10:00, Baris Aladag): Jugendliche Friedensaktivisten wollen auf einer Bundeswehrveranstaltung vor dem Kölner Dom mit einem Transparent demonstrieren. Dazu müssen sie zunächst geschickt der Observation durch Überwachungskamera, Lauschangriff und polizeilicher Beschattung entgehen. Ein treffender Film über den unbedingten Mut zum Widerstand mit einer gehörigen Portion Kritik am Überwachungsstaat. Beides ist heute aktueller denn je. Der Film wurde im Schulfilmwettbewerb zum Thema “Courage” mit dem ersten Preis ausgezeichnet.
Der Großvater (20:00, Nikias Chryssos): Großvater und Enkel treffen in dichten aggressiven, bald in einen abstrakten Surrealismus abgleitenden Bildern aufeinander. Was wie ein Kampf um Behauptung und Vorherrschaft beginnt, entpuppt sich als Wechselspiel zwischen Initiation des Enkels und Überlieferung durch den Großvater.
Weiche Haut (02:46, Jarek Duda): Wenn der Wahnsinn Besitz ergreift, beginnen die Stimmen im Kopf zu sprechen. Noch tragischer wird es, wenn sie die Wahrheit sprechen: “Ich liebe dich.” - “Ich liebe Dich auch nicht.” Ein prägnanter Film, der die wirre Welt aus einem verwirrten Kopf ziegt.
Das Paket (09:00, Marco Gadge): Für zwei Schmalspurganoven mit wichtiger Mission unter Zeitdruck stellt eine Baustellenampel im Niemandsland ein nicht zu überwindendes Hindernis dar. Im angespannten Leerlauf entfaltet sich ein skurriles Gespräch. Leider kommt auch der schwarze Humor mit Ausnahme weniger Pointen nicht aus dem Standgas heraus.
Bis dahin, Komplizen (04:15, Michael Spengler): Das Musikvideo zum gleichnamigen Song von Roger Trash aus dem Album “Liebe & Desaster” setzt den Songtext passend um und besticht durch die erfrischende Mischung von Realfilmelementen und gezeichneter Comic-Welt.
Wagah (13:30, Supriyo Sen): Wagah stellt den einzigen Übergang an der Grenze zwischen Indien und Pakistan dar. Für normale Bürger unpassierbar spielen sich dort täglich unter volksfestgleichen Zuständen Militärparaden und Aufzüge ab, bei denen sich beide Länder zu übertrumpfen versuchen, bis der Grenzübergang abends wieder geschlossen wird. Dabei ist er nie geöffnet; mehr als ein Blick auf die andere Seite ist nicht möglich. Ein informativer Film, der den Publikumspreis erhalten hat.
Das letzte Einhorn (02:03, Sonja Schneider): Aus Faulheit wird ein Esel bei der Entsorgung seines leeren Eishörnchens zum Einhorn. So schnell, wie diese neue Art entstanden ist, vergeht sie auch wieder: aus Einhorn wird wieder Esel. Leider zündet der skurrile Humor in diesem mit viel Liebe zum Detail als stop-motion-Animation gestalteten (Eis)hörnchen-Spiel nicht.
Notiz/Wunderblock (18:35, Hannah Hofmann und Sven Lindholm): Zu wirkungsvollen schwarz-weiß-Bildern untermalt mit eindringlichen Klaviertönen werden Kindern Erinnerungen aus der deutschen Geschichte in den Mund gelegt. Leider werden die einzelnen Geschichten nicht konsequent zusammengeführt und man gewinnt den generellen Eindruck, dass hier die Form hinter die Wirkung zurücktritt.
Patrick
Gigante
Wie verlieben sich alltägliche Leute, denen das Schicksal (in Form von Hollywood) keinen Superhelden vor die Nase setzt? Diese, für die meisten von uns relevante Frage ist das Thema von Gigante.
Jara ist Security Gard in einem Supermarkt in Montevideo. Tagein, tagaus sitzt er mit seinen Kollegen vor den Monitoren, auf denen die Bilder aus der Überwachungskamera laufen. Ansonsten passiert nicht viel in seinem Leben: Jara hat wenig Freunde und Hobbys und führt ein durchweg uninteressantes Leben. Doch dann verliebt er sich in Julia, die abends im Supermarkt putzt. Fasziniert beobachtet er Julia, so oft es nur geht, traut sich aber nicht, sie anzusprechen…
Man mag es nicht glauben, aber das ist schon die vollständige Handlung von Gigante. In dem ganzen Film, der allerdings mit seinen 84 min auch nicht besonders lang ist, passiert nicht viel mehr. Der Film zeigt vielmehr das alltägliche Leben von ganz normalen Menschen, und es ist eine Tatsache, dass die meisten Leben ein eher langweiliges Leben führen. Auch Jara ist alltäglich, nicht besonders gut aussehend, nicht besonders redegewandt, nicht reich - um es kurz zu machen, nicht besonders attraktiv. Gigante handelt vom Streben alltäglicher Menschen nach persönlichem Glück, nicht von Stars, und das macht den Film so liebenswert.
Man kann sich mit Jara identifizieren, der sich aus Angst vor Abweisung nicht traut, auf Julia zu zu gehen. Man erkennt die Situation womöglich aus dem eigenen Freundeskreis oder aus eigener Erfahrung. Tatsächlich beruhen die Charaktere auf Freunden des Regisseurs Biniez, wie er selbst bei der Vorführung erzählte. Man kann daher mit Jara leiden und sich mit ihm freuen, als wäre er der eigene Kumpel. Und genau aus diesem Grund wartet man durchaus gespannt bis zum Ende, in der Hoffnung, durch ein Happy End selbst in ähnlichen Situationen Mut zu schöpfen.
Alles in allem ein sehr ruhiger, alltäglicher Film, aber durchaus sehenswert. 4 von 5 Überwachungsmonitoren.
Anne
Hangtime – Kein leichtes Spiel
Am Montag wurde uns in der späten Bochumer Sneak mal wieder ein außergewöhnlicher Film präsentiert. Die Stimmung war um 23.00 vor Filmbeginn auch denkbar besser als sonst, da uns diesmal die hohle Ansage erspart blieb (die gibts nur um 20.00). Hangtime - Kein leichtes Spiel ist ein waschechter NRW-Film, welcher zu 85% in Hagen spielt. Die Großstadt zwischen Ruhrgebiet und Sauerland dient hierbei als Kulisse für einen Film, welcher den jungen Basketballspieler Vinz Berg zur Hauptfigur hat. Eins vorweg: Ich halte wirklich nicht viel von Sportfilmen! Ich finde, dass die meisten dieser Art 0815-mäßig (so wie Mighty Ducks) ablaufen und sie deshalb endlos anöden. Doch Hangtime ist erfrischend anders. Der Film ist keine glattgebügelte Hochglanzproduktion, er ist eher dreckig und rauh. Das grobkörnige Bild trägt sein Übriges zum ohnehin schon rauhen Umgangston der Protagonisten bei.
Vinz (Max Kidd), besagter Hauptcharkter, steht kurz vor dem Abitur und träumt davon, in den USA durch ein Sportstipendium die Uni bezahlen zu können. Da er aus eher ärmeren Verhältnissen stammt, scheint dieser Plan zu Beginn auch ein Traum zu bleiben. Sein älterer Bruder Georg (Misel Maticevic), der ihn nach dem Tod ihrer Eltern aufgezogen hat, will dass er die Basketballkarriere verfolgt, die ihm selbst immer verwehrt blieb. Dadurch, dass Vinz und Georg unterschiedliche Vorstellungen über Vinz’ Zukunft haben kommt es unweigerlich zum Konflikt. Georg, der sich als Manager von Vinz versteht, wird durch die Unsicherheit von Vinz’ Zukunft immer mehr belastet und rastet schließlich aus. Als das alles entscheidende Spiel, bei dem es für den Verein Phönix Hagen um den Aufstieg in die erste Liga geht, bevorsteht beginnen sich die Fronten zu klären. Doch am Ende kommt nicht alles wie gedacht.
Wenn man einige Eckpfeiler der Filmhandlung so runterschreibt, dann könnte man leicht das Gefühl bekommen, der Film würde sich gar nicht so sehr um Sport drehen. Das tut er auch nicht. Zumindest nicht primär. Basketball steht hier eigentlich vielmehr für das Umfallen und immer wieder Aufstehen, das sich selbst Finden ohne sich dabei verlieren zu müssen. Es wird zwar in vielen Filmszenen Basketball gespielt, dabei ist das Spiel an sich jedoch nie losgelöst von der Befindlichkeit des Protagonisten, was das Ganze so interessant und sehenswert macht. Selbst die am Rande gestreifte Liebesgeschichte läuft nicht als Nebenhandlung reibungslos ab und wartet mit der einen oder anderen Überraschung auf. Den gesamten Film dominiert ein angenehmer Realismus, was zur Folge hat, dass er nahezu klischeefrei daherkommt. Diese Tatsache und das tolle Schauspiel aller Beteiligten, die tolle grobkörnige Optik und die gut inszenierten Basketballszenen bringen dem Film zusätzliche Pluspunkte. Insgesamt ein wirklich sehenswerter Film, welcher meine Erwartungen klar übertroffen hat. Daher gibt es 3 1/2 von 5 rostigen Basketballkörben für dieses lokalpatriotische Kleinkunstwerk.
Verblendung (OmU)
Letzte Woche hatte die Sneak in Münster einen besonderen Leckerbissen für mich: Verblendung als schwedisches Original mit Untertiteln. Da ich Schwedisch verstehe und die Buchvorlage von Stieg Larsson gelesen hatte, war der Film für mich genau richtig. Ich war schon sehr gespannt darauf, wie die filmische Umsetzung gelungen ist, und ich war — um es vorweg zu nehmen — von dem Film auch sehr angetan. Das mag aber nicht allen so gegangen sein — diese Rezension, die aus der Sicht einer skandinavophilen Krimi-Liebhaberin geschrieben ist, ist also gelinde gesagt voreingenommen.
Für diejenigen, die Stieg Larssons Bestseller nicht kennen: Der Journalist Mikael Blomkvist wird beauftragt, herauszufinden, was vor 39 Jahren mit Harriet Vanger geschehen ist. Das Mädchen verschwand damals spurlos von einer abgeriegelten Insel. Verdächtig sind die Mitglieder der Familie Vanger. Als die Zeit voranschreitet, schaltet sich die Ermittlerin Lisbeth Salander ein, die eine begnadete Hackerin ist und über eine gute Kombinationsgabe verfügt.
Das Buch ist sehr komplex und lang, dabei aber spannend gemacht. Es verwundert daher nicht, dass auch der Film an die zweieinhalb Stunden dauert. Dabei sieht man dem Film seine schwedische Herkunft an: Lange Natureinstellungen, die die Kälte des schwedischen Winters näher bringen, sowie schonungslose Filmeinstellungen.
Auch die Schauspieler waren Schweden und mir durchweg unbekannt. Ich war über das Aussehen einiger Personen etwas verwundert, aber sie haben ihre Sache gut gemacht. Generell wurde die filmische Kunst gekonnt genutzt, um die Story näher zu bringen. Auch die, die vorher noch nie etwas von Verblendung gehört hatten, sollten in der Lage gewesen sein, der Story zu folgen.
Dem Kundigen fällt natürlich auf, dass einige Wendungen der Schere zum Opfer gefallen sind, aber damit lässt sich wohl leben. Schwierig könnte es jedoch werden, falls auch Verdammnis und Vergebung verfilmt werden — dann fangen möglicherweise Stückelei und Rückblenden an.
Insgesamt ein sehr gelungener Film, an dem ich tatsächlich nichts auszusetzen habe: fünf von fünf Blumenbildern.
Anne
District 9 (OF)
Südafrika, vor 20 Jahren: Über Johannesburg taucht ein riesiges Raumschiff auf. Nachdem sich einige Monate lang nichts dort drin gerührt hat, brechen die Menschen das Raumschiff auf. Darin finden sie eine Gruppe Außerirdischer, die in einem schlechten Gesundheitszustand sind. Diese werden zum Erdboden gebracht und provisorisch untergebracht.
Südafrika, heute: Aus der provisorischen Unterbringung ist ein Alien-Slum geworden, der District 9. Die Aliens werden von den Menschen als “Prawns” beschimpft und gelten als Abschaum. Weil die Bevölkerung die Anwesenheit der Aliens nicht länger tolerieren will, sollen diese zu einem neuen Lager mitten in der Wüste verfrachtet werden.
Wikus van de Merwe (Sharlto Copley) ist Mitarbeiter der MNU, einer privaten Organisation, die das Alienlager im Auftrag der Regierung überwacht. Er erhält den Auftrag, den Aliens ihre Evakuierungsanordnung zuzustellen. Doch dabei geht etwas schief und Wikus sieht sich plötzlich von allen Seiten verfolgt. Der einzige, dem er vertrauen kann, ist ein Alien namens Christopher…
Wer sich auch nur ein bisschen mit der Geschichte Südafrikas auskennt, erkennt sofort, dass der Film die Apartheidspolitik aufs Korn nimmt. Die strikte Trennung von Aliens und Menschen ist Beweis dafür. In dem Kurzfilm Alive in Joburg, auf dem District 9 beruht, werden Aussagen verwendet, die sich usrprünglich auf Flüchtlinge aus Zimbabwe beziehen, aber auch gut die negative Einstellung den Aliens gegenüber widerspiegeln könnten. Dieser Ansatz ist durchaus gelungen und schafft es gleich zu Anfang, das Interesse an dem Film zu erhalten. Dabei hilft, dass der Film wie eine Dokumentation aufgemacht ist: viel Information wird im Interviewstil vermittelt und zu Anfang des Films spricht auch Wikus zur Kamera. Die entsprechend schlechte Kameraführung und -qualität ist konsequent.
Leider verliert sich diese kritische Perspektive zum Ende des Films hin immer mehr. Die Geschichte wird konventioneller, und das letzte Drittel des Films ist - in guter Peter Jackson-Manier - eine Actionschlacht. Die den ganzen Film beherrschenden sozialen Konflikte werden nicht gelöst, sondern der Film verdichtet sich immer mehr zur Geschichte eines Einzelschicksals. Möglicherweise soll hier irgendwann eine Fortsetzung gedreht werden. Hier gab es jedenfalls Potential für mehr.
Störend war, dass die eigentliche Story stellenweise an den Haaren herbeigezogen wirkte und viele Fragen offen ließ. Man erfährt nicht, wo die Aliens herkommen und wie es kommt, dass sie die menschlichen Sprachen nicht sprechen, die Menschen sie aber verstehen können. Angesichts der Tatsache, dass sie sehr gut mit dem irdischen Klima und der Nahrung zurechtkommen, wäre es durchaus von Interesse gewesen, zu erfahren, wie deren Heimatplanet aussieht. Die Story, warum die Aliens auf der Erde geblieben sind, ist zudem, mit Verlaub gesagt, unglaubwürdig. Ich weiß nicht, ob da Informationen der Kürzung zum Opfer gefallen sind, aber so macht es einfach keinen Sinn! Leider tragen diese Informationen den halben Film.
Langer Rede kurzer Sinn: Der Film beruht auf einer originellen Idee, wird dieser aber nicht 100%-ig gerecht. Durchaus sehenswert, aber nicht herausragend: 3,5 von 4 Sternen.
Anne
Oben (Up)
Pixar-Filme sind jedes Mal ein erneutes Highlight des Kinojahres. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Konkurrenz seit nun mehr 14 Jahren die Zähne an den Meisterwerken ausbeißt und einzig die ersten beiden Teile der Shrek-Saga an die Genialität von Pixars Meisterwerken heranreichen konnten. Vielleicht liegt es daran, dass die Konkurrenz mit weniger Liebe zum Detail zu Werke geht. Vielleicht liegt es einfach aber auch daran: Pixar-Filme bieten etwas für jedermann, egal ob jung oder alt. Diese Gradwanderung meistert das kalifornische Studio seit seinem ersten Spiefilm Toy Story (1995) beispiellos. Auch ihr neuestes Werk Oben bildet da keine Ausnahme.
Der Film erzählt die Geschichte von Carl Fredricksen, welcher im stolzen Alter von 78 Jahren seinen Lebenstraum verwirklicht: Er begibt sich auf die Reise nach Südamerika. Da allein diese Handlung nichts Spannendes an sich hat, entschlossen sich die Macher dazu, Carl mitsamt seines gesamten Hauses nach Südamerika fliegen zu lassen. Das Haus wird dabei von einer Vielzahl aufblasbarer Heliumballons getragen. Russell, ein 8-jähriger Pfadfinder, gerät zufällig mit an Bord und begleitet Carl auf seiner Reise. Dort angekommen treffen sie auf den Vogel Kevin und den sprechenden Hund Doug, welche sie fortan begleiten. Durch einen (etwas vorhersehbaren) Twist wird die Expedition zur Abenteuerhandlung und der Ausflug in die Wildnis zur rasanten Achterbahnfahrt der Extraklasse.
Pixar-Filme lebten schon immer von zwei Dingen: Liebenswerte, originelle Charaktere und technische Perfektion. Beide Zutaten werden auch im Falle von Oben wieder einmal zusammengeführt, weshalb den Film gleich in den ersten Minuten eine Sogkraft entwickelt, der man sich nicht entziehen kann. Dabei beginnt das Werk ungewohnt traurig und realitätsnah und entwickelt sich erst nach Abheben des Hauses zum rasanten Abenteuertrip. Verglichen mit dem brillianten Ratatouille (2007) und dem herzerwärmenden Wall-E (2008) ist Oben aber dann doch ein ganzes Stück weit konventioneller geraten, was aber nicht bedeutet, dass es hier weniger zu lachen oder mitzufiebern gäbe. Es wurde die Messlatte nach den letzten beiden Meisterwerken nur halt so hoch angelegt, dass der Film stellenweise etwas altbacken wird. Das ändert aber nichts daran, dass Pixar den Status der weltbesten Animationsstudios in diesem Jahr erneut unter Beweis gestellt hat. Daher Vergebe ich stolze 4 1/2 Luftballons für diesen sehr guten Animationsfilm. Weiter so, Pixar.