14. September 2008

O’Horten

Category: Film,Münster,Sneak — Patrick @ 17:35

O'Horten Die Sneak in Münster hatte mich pünktlich zu ihrem 20-jährigen Bestehen am 02.09.2008 wieder und empfing mich ob dieses Jubiläums gleich mit zwei Filmen an einem Dienstag. O’Horten werde ich nun rezensieren und über die englische Originalfassung von Tropic Thunder wird Anne in Kürze berichten.

O’Horten von dem norwegische Regisseur Bent Hamer ist keineswegs ein typischer Film — also keine in Bildern erzählte Geschichte — sondern viel mehr bildgewordene Emotion und sichtbar gemachte Gedanken. Der Film erzählt die eigentlich banale Geschichte von Odd Horten, der nach seinem ereignislos langweiligen Dienst als Zugführer die obligatorische Abschiedsfeier eher erträgt als genießt und schließlich seinen letzten Zug vor dem Eintritt in den Ruhestand fahren soll. Doch es geschieht das unfassbare: Odd verpasst diesen Zug. Das erste Mal in seinem Leben ist er unpünktlich und sieht nur die Rücklichter der davonfahrenden Eisenbahn. Der Zug lässt Odd einsam und allein am Bahnsteig zurück und fährt genau so davon, wie all die spannenden und aufregenden — kurzum lebenswerten — Dinge in Odd’s Leben stets an ihm vorbei und vor ihm davon gefahren sind.

Spätestens hier beginnt die Odyssee, auf der Odd das Leben und sich selbst sucht, und die — obgleich selbst wieder banal — derart seltsame und groteske Züge annimmt, dass die eigentlich abstruse Ursache für Odds folgenschwere Verspätung nun fast schon normal und alltäglich erscheint.

Auf einer Reise ohne Fahrpläne, Haltestellen und Ziel mit Tod und Vergänglichkeit als einzigen konstanten Begleitern stolpert Odd in einen schier unglaublichen Reigen surrealer Situationen. Dabei wird die bedrückende Melancholie durch die perfekten Bilder und den ergreifenden Soundtrack geradezu spürbar und droht gar den Zuschauer selbst in Depressionen zu stürzen. Doch jedesmal, wenn man glaubt, diese Perspektivlosigkeit nicht mehr ertragen zu können, wird die graue Tristesse plötzlich durch urkomische Ereignisse aufgelockert und relativiert. Dank des feinfühligen doch nichtsdestoweniger lustigen Humors fügen sich die komischen Szenen perfekt in die eigentlich melancholische Erzählung. Sie lockern auf und lösen wahre Lachsalven aus, zerstören die erdrückende Grundstimmung aber nie vollständig.

Inhaltlich fast schon trivial wirkt der Film als pure Form, stellt quasi ein Musterbeispiel der Abstraktion dar, wenn Odds Leben — symbolisch für die menschliche Existenz in ihrer Gesamtheit — treffend auf losgelöste Emotion in Form von Bild und Ton reduziert wird.

Patrick

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