Trends gibt es viele auf dieser Welt und obwohl ich bereits vor einiger Zeit festgestellt habe, dass ich mit einigen davon nicht wirklich viel anfangen kann, wundere ich mich immer wieder gerne und mit Inbrunst über einige Auswüchse…
Stellt euch vor, ihr sitzt im Kino und seht einen Film, der euch wirklich beeindruckt. Also nicht nur beeindruckt, sondern beeindruckt. Ihr seid mitten in der Handlung, fühlt und leidet mit den Charakteren und habt euch so von dem Film einwickeln lassen, dass ihr es gar nicht glauben könnt, als plötzlich der Abspann über die Leinwand flimmert. War’s das schon? Das ist doch nicht zu Ende gedacht! Was ist denn jetzt mit… Und plötzlich endet der Abspann, der totgeglaubte Oberbösewich lacht noch einmal, zwinkert und in seinen Augen erscheint “to be continued..”
Es gibt Geschichten, die sind einfach zu groß, um sie innerhalb der durchschnittlichen SFHWZ (Sitzfleischhalbwertszeit) des durchschnittlichen Kinozuschauers erzählen zu können. Bücher haben es da leichter: Einen Schmöker von tausend Seiten kann man lesen wann und wie man will – beim Film muss man dran bleiben. Hier spricht – meiner Ansicht nach – nichts dagegen, mehrere Filme ins Kino zu bringen. Niemand würde ernsthaft erwarten, dass ein Harry Potter oder der Herr der Ringe innerhalb von zwei Stündchen abgearbeitet werden kann. Hier kann man sich gut darauf einstellen, dass man jetzt eben nur einen Teil der Geschichte zu sehen bekommt und freut sich wie ein Schneekönig, wenn der nächste Teil angekündigt wird, jubelt, wenn der erste pixelige Trailer im Internet auftaucht und ist dann moderat enttäuscht, wenn der Film die an ihn gestellten Erwartungen nicht erfüllt.
Was mich ärgert ist die allzu offensichtliche Geldmacherei der letzten Jahre. Nach einem guten Filmkonzept wird plötzlich eine Fortsetzung aus der Schublade gezogen, die zumeist mit dem Original allein die Charaktere gemeinsam hat. Man erinnere sich nur an die maue Matrix-Trilogie oder die grausligen Fortsetzungen des Fluch der Karibik (Gerüchte über einen vierten Teil klingen schon zu sehr nach einer Drohung).
Ohnehin ist das Konzept der Trilogie momentan scheinbar weiter verbreitet denn je. War es früher noch die Ausnahme, dass ein Filmstoff bis zur Unendlichkeit ausgewalzt wurde (fein ist, bei Gesellschaftsspielen auf die Frage nach Filmen mit Sylvester Stallone locker “Rocky 1, Rocky 2, Rocky 3…” antworten und gewinnen zu können), wird es nun zur Regel.
Und warum jetzt dieses Gemähre? Das ist doch alles ein alter Hut…
Ja, eigentlich schon.
Leider schwappt diese unschöne Angewohnheit jetzt auch aus dem Reich der Filme in das der Literatur. Von dem von Terje kürzlich besprochenen Twilight gibt es mittlerweile – wenn mich Google nicht täuscht – schon vier Teile und auch Madame Rowling kann es nicht lassen, ihre Geschichten mit einem Vorwort von Albus {…} Dumbledore zu versehen. Wenn man’s auspressen kann, wird es getan.
Wie wäre es mal wieder mit etwas mehr Kreativität? Etwas mehr Mut und Einfallsreichtum? Es geht doch auch anders. Pixar bringt seit Jahren (mit Ausnahme von Toy Story) neue, grandiose Ideen auf die Leinwand, die vor tollen Charakteren, Schauplätzen und Geschichten nur so strotzen!
Irgendwann kommt einfach der Moment, in dem man den Deckel zuklappen und das Buch aus der Hand legen, das Tränchen ob des Abschieds aus dem Augenwinkel drücken und sich damit abfinden muss, dass die Geschichte und die gemeinsame Zeit mit den Charakteren vorbei ist. Wenn man möchte, kann man das Buch ja später wieder aus dem Regal nehmen, entstauben und wieder in die Welt abtauchen. Richtig gute Bücher lassen sich auch mehrfach lesen.
Gleiches gilt natürlich auch für Filme: Nicht umsonst kaufe ich mir DVDs; damit ich sie nämlich immer dann, wenn ich will, noch einmal und noch einmal sehen kann. So toll ich beispielsweise Jim Carrey in Lemony Snickett’s A Series of Unfortunate Events finde, so erschrocken wäre ich, fände ich heraus, dass Herr Carrey seinem Prinzip entgegen doch in einer Fortsetzung mitwirken würde.
Alles muss irgendwann ein Ende haben und ihr, liebe Filmemacher und Bücherschreiber, könnt euch aussuchen, wie es sein soll: Schön und traurig und auf dem Höhepunkt der Geschichte oder mies, abgewrackt und uninteressant. Es ist eure Wahl.
Dennis
Zu meckern ist jedermanns gutes Recht und ich finde es gut, dass du es mal auf den Punkt gebracht hast. Wenn man sich die Filme anguckt, die 2009 noch so auf uns warten, dann sieht man, Fortsetzung, Fortsetzung, Fortsetzung… Underworld 3, The Fast & the Furious 4, Crank 2 (muhaha), X-Men Origins: Wolverine (Teil 0, eigentlich Teil 4), Illuminati (2. Dan Brown-Verfilmung, solange den noch jemand kennt), Terminator 4, Transformers 2, Harry Potter 6 und Zweiohrküken (so heißt Keinohrhasen 2 tatsächlich).
Dennoch finde ich es schade, dass gerade das nette Buch Twilight der Tropfen war, der das scheinbare Fass zum überlaufen bringt. Die Serie kann sich vom kommerzieller Abzocke genauso wenig freisprechen wie jede andere auch, hat doch Summit Entertainment die Filmrechte für New Moon (Teil 2), Eclipse (Teil 3) und Breaking Dawn (Teil 4) erworben. Aber das ändert nichts daran, dass ich es nicht richtig finde das ausgerechnet diese Buchreihe jetzt für den Nachfolgerwahn steht. Was meinst du?
Kommentar by Terje — 6. Januar 2009 @ 16:52
Wie du schon schreibst: Tropfen und Fass und so… Deine Twilight-Rezension hat mir nur wieder erschreckend deutlich gemacht, dass das Ganze jetzt eben nicht mehr nur für Filme sondern auch für “klassischere” Bereiche wie eben Literatur gilt.
Also, keine Kritik an Twilight (das ich noch nicht einmal gelesen habe) ;o)
Kommentar by Dennis — 6. Januar 2009 @ 17:18
Ich kenne die Twilight-Reihe auch nicht vollständig, kann mir aber denken, dass “The Tales of Beedle the Bard” vielleicht ein noch besseres Beispiel für kommerzielle Ausbeutung durch Bücher ist. Fünf dünne Geschichtchen als separates Buch herauszubringen, ist fast schon unverschämt…
Kommentar by Anne — 7. Januar 2009 @ 12:09