Letzte Woche lief in der Sneak ein klassischer Actionfilm, dessen Hauptdarsteller allerdings weniger als Actionheld bekannt ist. Liam Neeson wird den meisten wohl eher aus Filmen wie Schindler’s Liste in Erinnerung sein. Wem Neeson allerdings Batman begins gefallen hat, der wird auch in Taken auf seine Kosten kommen.
Zur Story: Bryan Mills war einst hoch qualifizierter Agent, hat sich allerdings in den Vorruhestand versetzen lassen, um mehr Kontakt zu seiner Tochter zu haben. Berufsbedingt sieht er überall Gefahren und gibt seiner 17-jährigen Tochter nur schweren Herzens die Erlaubnis, nach Paris zu fliegen und dort Freunde zu besuchen. Auch wenn man diese Fürsorge zunächst für übertrieben hält, bewahrheiten sich Bryans Befürchtungen. Kaum in Paris angekommen, werden seine Tochter Kim und ihre Freundin von einer Gruppe albanischer Mädchenhändler gekidnappt. Bryan, der alles über Kims Telefon mitbekommt, schwört den Gangstern, sie zu finden und zu töten, was sein Telefonpartner nur mit einem zynischen “Good luck” quittiert. Doch da hat er die Rechnung ohne Bryan gemacht…
Als Profi weiß Bryan, dass er nur 96 Stunden hat, um seine Tochter zu finden, bevor es zu spät ist, sie aufzuspüren. Dementsprechend geht er buchstäblich über Leichen, um sie zu finden. Systematisch sucht er nach Anhaltspunkten und dringt immer tiefer in die Pariser Unterwelt vor. Dabei ist ihm völlig egal, welche Straftaten er begeht und wie viele Menschen er tötet. Tatsächlich nimmt die Zahl der Leichen pro Minute im Laufe des Films kontinuierlich zu. Das ist für einen Actionfilm zwar normal, macht die Geschichte aber trotzdem nicht glaubwürdig. Es wird zunehmend unrealistischer, wie dieser Mittfünfziger sechs oder sieben Gegner gleichzeitig ausschaltet, ohne ernsthafte Verletzungen zu erleiden. Ein etwas realistischerer Verlauf der Geschichte wäre wohl drin gewesen, ohne dass der Film an Action einbüßt. Trotzdem war Taken erstaunlich unterhaltsam und nicht langweilig, obwohl die Kampfszenen gegen Ende wirklich gehäuft vorkamen.
Auffällig war allerdings das schlechte Bild, das von Paris vermittelt wird. Der erste Franzose, den die Mädchen treffen, ist ein Gangster, und sie sind kaum in Paris angekommen, bevor sie direkt entführt werden. Bryan scheint nicht einmal im Traum daran zu denken, die französische Polizei einzuschalten, die Regierung stellt sich als korrupt heraus — nach diesem Film kann ich kaum glauben, dass ich geschlagene drei Wochen alleine in Paris gewohnt habe, ohne auf irgendwelche Gangster zu treffen! Ich habe mir sagen lassen, dass der Film das Europa-Bild vieler Amerikaner wiederspiegelt, die Europa offenbar als gefährliche Gegend ansehen. Mir scheint eine Gegend eher dadurch gefährlich zu werden, dass sich jeder Psycho eine Waffe kaufen kann, aber Wahrnehmungen können ja verschieden sein. Da Taken vom französischen Fernsehen unterstützt wurde, können die es ja nicht so schlimm gefunden haben.
Insgesamt war Taken für einen Actionfilm erstaunlich kurzweilig (man merkt, dass ich kein Fan des Genres bin) und ist daher durchaus empfehlenswert. Auf brillante Dialoge und Kultpotential muss man aber wohl verzichten. Dreieinhalb von fünf Sternen.
Anne