3. September 2010

Nachruf für Satoshi Kon (1963-2010)

Category: Film,Kunst — Terje @ 12:06

Eigentlich ist es so gar nicht meine Art, verstorbene Künstler mit einem Nachruf zu würdigen. Ich halte grundsätzlich nicht viel davon, wenn Leute, die die Verstorbenen selbst nicht kannten deren Tod dazu ausnutzen um ihren Senf zu deren Werk abzugeben. Aber im Falle des Animé-Regisseurs Satoshi Kon, welcher am 24. August 2010 seinem Bauchspeicheldrüsenkrebs erlag, komme ich nicht umhim, ein paar Worte zu verlieren. Dabei treibt mich vor allem eines an: Einem einzigartigen Genie die letzte Ehre zu erweisen, bevor es nach und nach verblasst und im Meer der Vergessenheit verschwindet.
Satoshi Kon hat Animé-Filme gemacht. Im Gegensatz zu vielen anderen Regisseuren seines Fachs zählte Kon zu denjenigen, welche auch außerhalb Japans international Anerkennung finden konnten. Dies lag in erster Linie daran, dass er mit seinen Filmen stets die Konventionen des Animationsfilms hinterfragt und teilweise in seinen Grundfesten erschüttert hat. Das Überwinden der Genre-Konventionen, welches selbst in seinen ersten Langfilm “Perfect Blue” (1997) evident war, wurde zu seinem wichtigsten Markenzeichen. Dieser Film stellte etwas wahrlich Bahnbrechendes dar, denn er verdeutlichte wieviel mit dem Medium Animé zu erreichen war, wenn es sich als Pendant zum Spielfilm verstand und dessen Machart in Form der Animation umsetzte. Den Höhepunkt seines Schaffens erreichte Kon jedoch mit seinem Zweitwerk “Millennium Actress”, welches 2001 in Japan in Kino lief und hierzulande erstmals 2006 auf DVD veröffentlicht wurde. Dieser Film sprengte in vielerlei Hinsicht alles, was Animé vorher bedeutet hatte. Er ist zugleich fiktive Künstlerbiographie, Historienfilm, Science-Fiction und auf einer entrückten Meta-Ebene angesiedelt, welche den Zuschauer (genau wie “Perfect Blue”) intelektuell herausfordert. Im Hinblick auf die Regie fällt einem nur ein einziger Regisseur ein, den man mit Satoshi Kon vergleichen könnte: Christopher Nolan. Beide verstehen es auf brilliante Art und Weise, den Zuschauer zu täuschen und ihn zum aufmerksamen Zusehen zu zwingen wobei stets Anspruch mit optischer Brillianz einhergeht. Beide spielen mit der Wahrnehmung ihrer Protagonisten und der der Zuschauer, sodass sich ein Film erst nach mehrmaligem Anschauen in seiner Genialität erschließt. Letztlich war Satoshi Kon ein Genie vom Kaliber eines Christopher Nolan, mit dem Unterschied, dass sich letzterer einem viel größeren Bekanntheitsgrad erfreut.
Die letzten beiden Langfilme von Satoshi Kon gehören einer anderen Sorte an. “Toyko Godfathers” ist die herzerwärmende Geschichte dreier Obdachloser. Sie finden am Weihnachtsabend ein Baby und sind folglich gezwungen sich mit dem Kind und auch dem Sinn ihrer Existenz auseinanderzusetzen. Obwohl “Tokyo Godfathers” wesentlich konventioneller erzählt ist als Kons andere Werke zeichnet sich auch dieses Werk durch besondere Präzision aus, gerade bei der Charakterzeichnung. Satoshi Kons vierter und (wahrscheinlich) letzter Film “Paprika” (2006) ist eine Mischung aus Science-Fiction und Film Noir, in der sich, wie bei “Millennium Actress” verschiedene Realitätsebenen überlagern. Dabei ist die Inszenierung virtuos, der Film jedoch noch schwieriger zu durchdringen als “Perfect Blue” oder “Millennium Actress”. Für 2011 war “The Dream Machine” angekündigt, bei welchem noch nicht klar ist, ob er von Kons Mitarbeitern fertig gestellt werden wird.
Alles in Allem hatte ich mit diesem Artikel ein Ziel: Auf diesen genialen Regisseur aufmerksam zu machen! Sollte arte in naher Zukunft eine Reihe mit seinen Filmen ausstrahlen (wie sie es bei Miyazaki Anfang des Jahres getan haben) so kann ich nur empfehlen, sich diese Filme zu Gemüte zu führen, denn sie gehören zum Besten, was die Filmindustrie (Japans oder Amerikas, Animations- oder Realfilm) jemals hervorgebracht hat.

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Der Regisseur bei IMDb
28. Juli 2010

(500) Days of Summer

Category: Film — Dennis @ 10:58

(500) Days of Summer (500) Days of Summer beschreibt schon in den ersten Sekunden, worum es gehen wird. Wir hören einen Erzähler, der sagt:
This is a story of boy meets girl. But you should know up front, this is not a love story.
Und das ist auch so. Denn boy alias Tom (Joseph Gordon-Levitt, bekannt aus 10 Dinge, die ich an dir hasse), Grußkartenautor, trifft girl alias Summer (Zooey Deschanel, bekannt aus Per Anhalter durch die Galaxis). Er verliebt sich in sie, wird jedoch schnell mit dem Problem konfrontiert, dass sie nicht an die große Liebe glaubt. Was wir dann sehen ist die in vielen Zeitsprüngen erzählte Geschichte ihrer Beziehung, der Hochs und Tiefs, die sie durchleben und was am Ende aus ihnen wird.
Wenn ihr Filme mögt, die zwar in der Videothek unter “Romantic Comedy” einsortiert würden, aber irgendwie doch nicht ganz in dieses Regal passen, wenn ihr spontane und unmotivierte Tanzszenen nicht per se ablehnt, wenn ihr mit ein bisschen Skurrilität leben könnt, oder sie sogar mögt und wenn euch dann noch der Trailer (siehe unten) gefällt, schaut euch (500) Days of Summer an. Dieser Film ist sicher nicht für jeden etwas, doch meinen Nerv hat er getroffen. Ich weiß nicht, ob es der großartige Soundtrack mit Highlights wie “Us” von Regina Spektor ist, aber irgendetwas zieht mich in diesen Film und lässt mich, mehr als sonst, mit seinen Protagonisten mitfühlen.
Kunterbunt, todtraurig, herzerwärmend, quietschvergnügt und einfach nur schön. Viereinhalb Grußkarten für (500) Days of Summer.

Dennis

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MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (4 Stimme(n), durchschnittlich: 4,25 von 5)
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(500) Days of Summer bei imdb
Der Trailer

Karate Kid (2010)

Category: Film — Dennis @ 9:38

Karate Kid O tempo’a! O mo’es! Es ist mal wieder so weit. Der allererste Karate Kid-Teil kam im gleichen Jahr wie ich auf diese Welt, gefolgt von vielen offiziellen und inoffiziellen Nachfolgern.
Nun schicken sich des Herrn Smiths Sohn Jaden sowie (mittlerweile) Altmeister Jackie Chan an, das Franchise, wie man mittlerweile sagt, wieder auferleben zu lassen.
Die Kurzfassung ist so einfach wie bekannt: Junge (Smith) zieht mit Mutter (Taraji P. Henson) nach China (China), verliebt sich in Mädchen (Wenwen Han), wird von einem Haufen Kung Fu-Schüler (bös guckende Kinder) verprügelt, findet China (China) doof, lernt von Hausmeister (Chan) Kung-Fu, zeigt’s den Bösen und alles wird gut.
Gut, bis hierher wird dies wohl niemanden überraschen. Doch wie schlagen (haha) sich Smith und Chan? Smith ist, wie zu erwarten, blass. Vielleicht liegt’s mit an der Synchro, die wie so oft enorme Schwierigkeiten mit dem glaubhaften Darstellen jedweder Jugendsprache hat. Die Montagen, in denen er über die Chinesische Mauer läuft, an einem See von Hausmeister mit Stöcken gelenkt und auf dem Dach eines Wohnblocks mit Gummifäusten drangsaliert wird, sind natürlich stimmungsvoll und einfach nur schön, doch hätte man vermutlich auch einen dressierten Holzklotz verwenden können, die Szenen hätten nicht substanziell gelitten.
Chan, den ich seit New Police Story eigentlich für “ernsthafte” Rollen abgeschrieben hatte, macht seine Sache dagegen gar nicht so schlecht. Natürlich ist seine Hintergrundstory wenig innovativ und lässt wenig Interpretationsspielraum, trotzdem kauft man ihm seinen Charakter einigermaßen ab.
James Horner untermalt die eigentlich ganz hübschen Standard-China-Motive mit feinen chinesisch anmutenden Klängen, fällt jedoch teilweise in das Standard 90er-Jahre-Musikschema zurück und sorgt dafür, dass Karate Kid mehr wie Casper oder Jumanji klingt. Doch der geneigte Zuhörer reibt sich nur kurz verwundert die Ohren und hat die Ein Hund namens Beethoven-Erinnerung beim nächsten Ooh- und Aah-erzeugenden Bild der verbotenen Stadt schon wieder vergessen.
Ein Wort noch zum Titel: Besser als Karate Kid wäre wahrscheinlich sogar der japanische Titel, übersetzt Best Kid, gewesen, denn das Kung Fu des Films hat in etwa so viel mit Karate zu tun wie Dosenfleisch mit Katzenfutter – sieht zwar für Uneingeweihte ähnlich aus, Inhalt, Konsistenz und Sinn sind jedoch leicht verschieden.

Und, sollte man Karate Kid denn nun sehen? Im Kino vermutlich nicht. Das Ganze ist, wie schon die Vorlage, ein schönes Filmchen für einen verregneten Sonntagnachmittag, das einem die schöne, lehrreiche Botschaft mit auf den Weg gibt, dass man alles schaffen kann, wenn man sich nur anstrengt (und ein gebrochenes Bein schon mal gut wegstecken kann). Mal sehen, welchem Film, den sein Junior gerne machen will, Herr Smith Senior als nächstes sein Okay gibt.
Zwei Schattentheaterpuppen für Karate Kid.

Dennis
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MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 2,00 von 5)

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Karate Kid (2010) bei imdb
19. Juli 2010

Eclipse

Category: Film — Terje @ 12:31

Da ist er nun, der dritte Film zu Stephenie Meyers Vampirsaga Twilight. Viel ist im Vorfeld spekuliert worden, vor allem über die Umsetzung der Dreiecksgeschichte und die finale Schlacht. Doch für mich zählte im Vorfeld nur eins: Bitte kein erneuter Totalausfall wie beim direkten Vorgänger New Moon. Um es nochmal deutlich zu machen: Der zweite Film, welche im vergangenen November unter riesigem PR-Getose gestartet war zählte zu den größten filmischen Enttäuschungen des vergangenen Kinojahres. Dementsprechend waren die Erwartungen an den dritten Teil schon sehr niedrig. Doch die Beteiligung von 30 Days of Night-Regisseur David Slade ließ im Vorfeld die Hoffnung auf etwas mehr Biss (Schenkelklopfer) zu. Und tatsächlich… Slade tut der Filmreihe verdammt gut. Sein Engagement bedeutet eine Wendung zu einem düstereren, erwachsenerem Stil, welchen New Moon so schmerzlich vermissen ließ. Man fühlt sich hin und wieder entfernt an Alfonso Cuaróns grandiose Potter-Verfilmung erinnert, welche vor 6 Jahren die Herzen der Fans und Cineasten gleichermaßen hochschlagen ließ. Zwar steckt in David Slade kein Visionär, aber er verfügt über ein gewisses Gespür, seine Protagonisten unpeinlich und auch selbstironisch in Szene zu setzen. Zudem lässt Melissa Rosenbergs Drehbuch dem Dreiecksgespann auch einige lustige Momente, sodass Eclipse viel weniger als seine Vorgänger im triefendem Schmalz versinkt. Darüber hinaus gibt es auch noch deftig inszenierte, spannende Actionszenen zu bestaunen, welche wirklich mitreißen können. Demgegenüber steht natürlich noch die Handlung des Romans, welche die Geduld der Kinogänger (wie des Lesers) das ein oder andere Mal auf die Probe stellt. Bellas Probleme sich zwischen Edward und Jacob zu entscheiden nehmen im letzten Filmdrittel geradezu diabolische Züge an, sodass die einst charmante und liebenswert-tollpatschige Protagonistin eher den Hass des Zuschauers/Lesers auf sich zieht. Nichtsdestotrotz ist Eclipse eine wesentlich ausgeglichenere Partie als New Moon, welche sich qualitativ eher mit dem Erstling Twilight vergleichen kann. Daher vergebe ich auch abschließend 3 1/2 von 5 Wolfsarmbändern.
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)

31. Mai 2010

Prince of Persia

Category: Film — Terje @ 5:28

Zum ersten Mal in der jüngeren Filmgeschichte stellt ein Videospiel die Vorlage für einen Sommer-Blockbuster dar. Hm, ist das jetzt gut oder schlecht? Kommt auf die Vorlage an. Hm, Prince of Persia. Schwierig, schwierig.
So oder ähnlich lassen sich meine Erwartungen zum neuen Disney/Bruckheimer-Spektakel in Worte fassen. Allumfassende, unüberwindbare Skepsis. Doch sehen, soviel war klar, musste ich ihn doch. Was soll ich sagen? Es geht wieder bergauf… Sich nach dem unterirdischen Fluch der Karibik 2 und dem indiskutablen Fluch der Karibik 3 überhaupt nochmal in einen Bruckheimer zu trauen war das Schwierigste an der ganzen Sache. Auch Regisseur Mike Newell, welcher zuvor den genialen 4. Potter-Band zu Leinwand-Salat verarbeitet hatte, stand dieses Mal nicht sich selbst im Weg. Es war einfach Popcorn-Kino. Karte kaufen, reinsetzen, konsumieren, 15 Minuten drüber reden und vergessen. So lässt sich Prince of Persia beschreiben.
Ähm, nicht ganz. Jake Gyllenhaal war gut, ich meine richtig gut. Der sonst als Charakterdarsteller bekannte hat den persischen Prinzen mit viel Humor und gleichzeitiger Präsenz verkörpert. Auch sein Love Interest Gemma Arterton wurde hier nicht so erbärmlich marginalisiert wie kürzlich bei Kampf der Titanen. Als Prinzessin Tamina besaß sie zwar Trophäen-Charakter, konnte sich gegen den Prinzen doch zu jedem Zeitpunkt gut durchsetzen. Wirkliches Highlight des Casts waren jedoch ganz klar Ben Kingsley, der einfach jeden an die Wand spielt und Alfred Molina, welcher sich mal eben als Wüstenschurke selbst neu erfunden hat.
Die Spezialeffekte waren State of the Art, die Zeit-zurückdreh-Szenen sogar ein wenig glanzvoll. Für Kenner der Videospiele waren auch ein paar ganz nette Anspielungen dabei, etwa wenn der Prinz beim Versuch eine Wand hochzulaufen an seinem Alkoholpegel scheitert. Was mir besonders gut gefallen hat war das Sounddesign: Jeder Hieb den der Prinz so ausgeteilt hat, hat gewumst und auch sonst hat der Film es ordentlich krachen lassen. Dazu noch ein orientalisch angehauchter Soundtrack vom Altmeister Harry Gregson-Williams und Alanis Morissette im Abspann. Was will man mehr?
Naja, ich mag vielleicht ein bisschen viel rummeckern aber ein bisschen mehr Substanz hätte dem Film sicher nicht geschadet. Die Geschichte selbst, nicht die Action, war weitesgehend spannungsfrei und vorhersehbar. Das ist aber auch schon mein größter Kritikpunkt. Wer sich einen kurzweiligen und überaus unterhaltsamen Blockbuster ansehen will, der kann mit Prince of Persia nichts falsch machen. Und alle anderen sind hier eh an der falschen Adresse. Abschließend vergebe ich 3 von 5 Sanduhren.
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)

25. März 2010

Küss den Frosch (The Princess and the Frog)

Category: Film — Terje @ 11:54

Besser spät als nie! In den letzten Tagen nehme ich mir endlich mal wieder Zeit für Sneakcast. Mit dem Resultat, dass die medialen Ergüsse der vergangnen 3 Monate endlich auch mal eine Bewertung erhalten. In diesem Zug wird auch der neue Disney-Zeichentrickfilm Küss den Frosch diskutiert. Im Gegensatz zu Pixars oder Dreamworks’ letzten Filmen setzt das Disney-Märchen auf klassische, handgezeichnete Animation im Stile der großen 90er-Meisterwerke Arielle, Die Schöne und das Biest, Aladdin und König der Löwen. Dies bringt natürlich auch eine astronomische Erwartungshaltung mit sich, da sich besagte Filme einer weltweiten Fangemeinde und einer ungebrochenen Popularität erfreuen.
Eins vorweg: Küss den Frosch ist nicht der Neubeginn der sogenannten Disney Renaissance (1989-1994), es ist klassischer Zeichentrickfilm der alten Schule, welcher im Zeitalter von Animationsfeuerwerken wie Ratatouille oder Oben sehr konventionell daherkommt. Nichtsdestotrotz bringt der Film etwas zurück, was man verloren geglaubt hat: die Disney-Magie! Küss den Frosch profitiert von seiner Sonderstellung, die er nicht nur als neuer Disney-Zeichentrickfilm sondern auch als einziger großer Zeichentrick-Kinofilm der letzten Jahre innehat. Jedenfalls hat der Film in mir ein besonderes Bedürfnis angesprochen, welches die Pixar-Werke trotz ihrer Genialität nicht erfüllen können. Es ist die Gewissheit, dass die klassische Animation, mag sie ihren Zenit schon vor einem Jahrzehnt überschritten habe, noch nicht gänzlich in Vergessenheit geraten ist. Diese Gewissheit macht aus Küss den Frosch, welcher im Jahr 2000 in dieser Form für niemanden eine Überraschung dargestellt hätte, etwas Besonderes und Einzigartiges.
Dabei dreht sich die Geschichte um die Kellnerin Tiana, welche im New Orleans der 1920er Jahre ihrem großen Traum von der Eröffnung eines eigenen Restaurants entgegen spart. Ihr Freundin aus Kindertagen, Charlotte läd sie zu einem großen Fest ein, zu dem auch der berühmte Prinz Naveen erscheinen soll. Leider wird besagter Prinz von einem Vodoo-Magier in eine Falle gelockt und in einen Frosch verwandelt. Der verwandelte Prinz gelangt zum Anwesen von Charlottes Familie, wo er auf Tiana trifft. In der Hoffnung, durch einen Kuss von der Verwandlung befreit zu werden, bittet er Tiana um diesen Gefallen. Leider hat der Kuss die gegenteilige Wirkung, sodass Tiana auch in einen Frosch verwandelt wird. Fortan ziehen die beiden los um einen Weg zu finden, den Zauber zu lösen.
Der Film präsentiert sich, wie dieser Inhaltsangabe zu entnehmen ist, als klassisches Märchen, welches mit den typischen Disney-Zutaten garniert ist: es gibt Musik (komponiert von Randy Newman), schrullige Nebencharaktere, rasante Momente und eine große Portion Romantik. Dabei wissen die beiden deutschen Stars Roger Cicero und Cassandra Steen als Naveen und Tiana sehr zu gefallen. Gerade Roger Ciceros Synchronleistung ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass er eigentlich kein ausgebildeter Schauspieler ist. Gesanglich liefern die beiden ebenfalls eine gelungene Vorstellung ab.
Insgesamt ist Küss den Frosch ein wunderbarer Zeichentrickfilm geworden, welcher sich in die traditionsreiche Disney-Kollektion einreiht, durch Romantik, Humor und Musik zu begeistern weiß und den klassischen Zeichentrickfilm um ein weiteres Meisterwerk bereichert. Trotzdem bleibt Küss den Frosch hinter der Genialität oben genannter Werke zurück, weswegen ich guten Gewissens 4 1/2 von 5 Glühwürmchen vergebe.
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 3,50 von 5)

2. März 2010

Auftrag Rache (Edge of Darkness)

Category: Bochum,Film,Sneak — Terje @ 20:16

Nach mehrwöchiger Sneak-Abstinenz, ging es gestern um 23.00 mal wieder in die heiß geliebte Bochumer Überraschungspremiere. Kredenzt wurde dem Publikum “Edge of Darkness”, ein grundsolider Krimi/Thriller, welcher den hohlen deutschen Titel “Auftrag Rache” trägt. Bei diesem Film geht es um die Ermordung von Emma Craven, welche im Haus ihres Vaters von Unbekannten mit einer Schrotflinte erschossen wird. Ihr Vater Thomas Craven (Mel Gibson), seines Zeichens Bostoner Polizist, übernimmt eigenhändig die Ermittlungen und deckt schon bald eine Verschwörung auf, die weit über das Leben seiner Tochter hinausgeht. Eins muss vorneweg gesagt werden: Bei diesem Thriller bekam Mel Gibson eine Rolle, die wie für ihn geschaffen ist. Wie zuletzt in “Payback” (1999) darf Gibson bei “Edge of Darkness” richtig aufräumen und bei seinen Ermittlungen eine nicht zu übersehende Blutspur hinterlassen. Dabei steht wie bei vielen ähnlichen gelagerten Filmen jedoch nicht die Gewalt sondern die Informationsbeschaffung und Befragung im Vordergrund. Gewalt kommt zwar auch vor, sie bleibt aber immer so lange im Hintergrund bis sie für den entwöhnten Zuschauer wie ein Schlag in die Fresse wirkt. Allein die Eingangsequenz, welche in der Erschießung vor Cravens Tochter mündet ist bitter-brutal und knallhart-realitisch inszeniert, was auf viele der Actionszenen zutrifft. Allerdings sind diese Gewalteruptionen nicht Dreh- und Angelpunkt des Thrillers. Es wird viel mehr auf eine differenzierte Charakterzeichnung geachtet. Die “Bösen” stellen sich als skrupellose Großindustrielle dar, wie es sie in der heutigen Zeit immer häufiger gibt. Gewissermaßen handelt der Film auch von der Unantastbarkeit bestimmter Personen, die abseits der Gesetze ihren dunklen Machenschaften nachgehen. Dies äußert sich vor allem in einer späteren Szene, als sich Craven offenbart, dass sein bester Freund ebenfalls von Regierung und Unternehmen gekauft und auf ihn angesetzt wurde. Bei der steigenden Hoffnungslosigkeit kommt es am Ende einer gewissen Genugtuung gleich, auf welcher Art und Weise Craven seinen Rachefeldzug vollendet. Es bleibt der nachhaltige Eindruck eines erstaunlich guten Thrillers zurück, dessen Dialoge die nötige Spannung beinhalten und dessen Gewaltszenen einem mehr als einmal die Spucke wegbleiben lassen. Allerdings trennt eine tiefgründigere, verschachtelte Auflösung des Rätsels der Film von höheren Wertungsregionen. Deshalb bleibt es bei 3 1/2 von 5 Killer-Milchflaschen für diesen grimmigen, reinrassigen Sneakfilm.
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (Noch keine Bewertungen)

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Filmstarts-Rezension
Edge of Darkness bei IMDb
11. Januar 2010

Das Kabinett des Doktor Parnassus (The Imaginarium of Doctor Parnassus)

Category: Film — Dennis @ 14:05

Das Kabinett des Doktor Parnassus (The Imaginarium of Doctor Parnassus) An Mr. Terry Gilliam,
 Hollywood

Hallo Terry,

du glaubst gar nicht, wie ich mich gefreut habe, als ich hörte, dass du einen neuen Film machst. Ich erinnere mich noch genau, damals, als ich dich nur als Teil von Monty Python kannte, diesem Haufen englischer Irrer. Dein Name – und die Tatsache, dass du in Wahrheit Amerikaner bist – wurde mir erstmals bewusst, als ich die Geschichte zur Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung (Crimson Permanent Assurance) hörte: Der Kurzfilm, der eigentlich als wenigminütiges Intro zum Sinn des Lebens gedacht war, den du dann aber zu einem sechzehnminütigen Kurzfilm ausbautest, weil niemand dir sagte, du mögest doch bitte aufhören. Das war so surreal, so un-Hollywoodesk, dass ich fasziniert war.

Irgendwann später wurde ich dann nacheinander mit Time Bandits und Brazil konfrontiert. Ja, ich sage absichtlich konfrontiert, weil normalerweise auf irgendeine mysteriöse Weise schon nach den ersten Minuten erkennbar ist, ob ein Film von dir stammt. Time Bandits begann noch relativ harmlos, endete aber auf so bitterbitterböse Art und Weise, dass kein Zweifel mehr bestand. Auch Brazil strotzte nur so vor Gilliamismus, vor Ideen, vor Wahnsinn und vor Chaos, dass es eine wahre Freude war. Gleiches galt für König der Fischer und natürlich den großartigen Twelve Monkeys – auch wieder mit einem bitterbösen Ende.

Gut, über Die Gebrüder Grimm müssen wir jetzt nicht reden, ich weiß, das war ein dunkles Kapitel. Ich glaube zwar nicht an den Gilliam-Fluch, aber irgendwie scheinst du derartige Schwierigkeiten magisch anzuziehen. So ja auch beim wohl krassesten Film deiner Karriere, Tideland, bei dem dir nicht nur das Geld sondern auch das Wetter beinahe zum Verhängnis geworden wäre. Da Gerüchte über diesen Fluch zu konstruieren, ist wohl nicht so weit hergeholt.

So auch jetzt, bei Parnassus. Dass Heath Ledger während der Dreharbeiten gestorben ist, hat wohl alle Welt mitbekommen, aber dass auch der Produzent, Bill Vince, kurz nach den Dreharbeiten starb, ist irgendwie untergegangen. Doch wie ja jetzt alle Welt schreibt, sind die drei Freunde Ledgers, Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell eingesprungen und haben Ledgers Szenen komplettiert.

Ach, jetzt habe ich so viel geschrieben… Dabei wollte ich dir eigentlich nur erzählen, wie ich Parnassus fand. Also zunächst ist das natürlich explizit ein Kino-Film. Ich hatte das Gefühl, dass man dir endlich mal etwas mehr Geld in die Hand gedrückt und weniger Fesseln angelegt hat als bisher. Niedergeschlagen hat sich das insbesondere in sehr wahnsinnigen CGI-Szenen, die ich sehr gelungen fand. Auch Parnassus’ Wagen, mit dem er von Auftrittsort zu Auftrittsort tingelt, hatte einen ganz eigenen Charme, ebenso wie die abgewrackten Londoner Gegenden, durch die er damit streift.

Aber weißt du, was mich gestört hat? Ich hatte das Gefühl, es war einfach ein bisschen zu viel für einen Zweistünder. Zu viel Hintergrundstory, zu viele interessante Charaktere, zu viel Magie. Klar, die Grundzüge sind klar und einfach zu verstehen: Parnassus’ Deal mit dem Teufel (Tom Waits ist übrigens sehr großartig), die Handelsbedingungen und die Probleme, die daraus entstehen. Aber ich hatte jede Minute den Eindruck, dass du unendlich viele Ideen im Kopf hattest, woher die Charaktere kommen, wer sie sind, warum sie tun was sie tun, die leider alle nicht mehr in den Film passten. Mir fehlt einfach zeitweise der Zusammenhang, der Hintergrund, auch wenn ich mich wie früher mit größtem Vergnügen in die Gilliam-Achterbahn setze, um mit atemberaubendem Tempo durch die Story gehetzt zu werden.

Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich den Brief jetzt auch auf unserer kleinen Filmseite veröffentliche. Da haben wir so ein ganz primitives System, mit dem wir die Dinge, die wir besprechen, bewerten können. Für Parnassus gebe ich dir dreieinhalb Liliputaner, auch wenn dir das jetzt nicht viel sagt. Ich hoffe auf den Neuanfang von Don Quixote. Lass dir Zeit, lass’ dir nicht ‘reinreden, mach dein Ding und ich bin mir sicher, zumindest mir wird er gefallen.

Danke.

Dennis

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
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Doktor Parnassus bei imdb
(Unvollständige) Liste zum "Gilliam Curse"
5. Januar 2010

Ein Sommer in New York – The Visitor

Category: Bochum,Film,Sneak — Terje @ 18:52

Die erste Sneak des Jahres 2010 kredenzte dem Bochumer Sneakpublikum mal wieder einen echten Programmkinofilm, welcher sich fernab von ausgetretenen Hollywood-Pfaden bewegte. Das kleine, stille Kammerstück “Ein Sommer in New York” stellt den Universitätsprofessor Walter Vale (Richard Jenkins) in den Mittelpunkt, welcher nach dem Tod seiner Ehefrau mehr und mehr in die soziale Isolation entgleitet. Als er nach New York fährt um dort auf einer Konferenz einen Aufsatz zu präsentieren, erlebt er beim Betreten seiner Wohnung eine Überraschung: Diese wird nämlich von zwei illegalen Einwanderern bewohnt, dem Pärchen Tarek und Zeinab. Nachdem Walter sich dazu durchringt, die beiden weiterhin bei ihm wohnen zu lassen, beginnt für ihn ein Heilungsprozess. Durch Tareks ansteckende Leidenschaft für Trommelmusik erwächst eine Männerfreundschaft, die nicht nur die kulturellen Unterschiede überwindet, sondern auch Walter wieder ins Leben zurückholt. Damit ist die erste Hälfte des Films ein herzerwärmendes Unterfangen, welches stellenweise in ein Feelgood-Movie abgleitet. Doch dann wird Tarek von seiner Vergangenheit eingeholt, aufgrund eines Missverständnisses verhaftet und schließlich in Untersuchungshaft gebracht. Die zweite Hälfte des Films beschäftigt sich mit der Unfähigkeit von Tareks Angehörigen (u. a. seiner Mutter) mit ihm in Kontakt zu treten und den Bedingungen unter denen Einwanderer in den USA zu leiden haben. Dabei bleibt der Fokus jedoch stets bei Walter, welcher beginnt sich für Tareks Mutter zu interessieren. Am Ende bleibt die Liebe der beiden nur eine romantische Illusion und Walter führt, nachdem Tarek endgültig abgeschoben wurde, den bescheidenen Traum der beiden zu Ende: Einmal in der New Yorker-Ubahn zu trommeln.
Eine pauschale Bewertung des Filmes fällt zunächst nicht leicht: Es ist ein relativ einfach gestrickter Film, welcher zum Großteil von seinen sympathischen Charakteren lebt. Er bewegt sich fernab des Mainstream, weil er sich einem schwierigen Thema in leichtfüßiger Art und Weise nähert. Jedoch schlägt der Film im zweiten Teil nicht immer den richtigen Ton an, sodass es zu dramatisch-unrealistischen Überzeichnungen kommt. Das Drama wird immer unvermeidlicher, was auch dem Zuschauer bewusst wird. Nichtsdestotrotz hat der Film (gerade in der ersten Hälfte) überzeugt, weswegen er auch locker 3 von 5 Trommeln verdient hat.
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MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)

30. Dezember 2009

Sherlock Holmes (OF)

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 3:05

Die letzte Sneak des Jahres 2009 war ein Film, auf den ich schon lange gespannt war: Sherlock Holmes.

Für alle diejenigen, die die Figur “Sherlock Holmes” nur dem Namen nach kennen, sind zunächst ein paar Worte zu den “echten”, von Arthur Conan Doyle geschaffenen Charakteren angebracht. Der echte Holmes ist ein Wissenschaftler und kühler Analytiker, der seine Profession mit Leidenschaft verfolgt. Er ist extrem scharfsinnig und lässt sich nicht von seinen Gefühlen leiten, wohl aber von seinem Instinkt. Watson ist hingegen leichtgläubig und viel eher bereit, sympathisch erscheinenden Personen zu glauben. Er ist als Kriegsveteran zwar zur Not in der Lage, mit Waffen umzugehen, allerdings ein friedliebender Mensch, der Gewalt verabscheut. Irene Adler wird als die einzige Frau beschrieben, die Holmes auf Grund ihres Intellekts bewundert. Da sie aber auf der anderen Seite des Gesetzes steht, ist sie Holmes’ Gegnerin und in einigen Fällen auch seine Gegenspielerin.

Schon der Trailer zum Film Sherlock Holmes zeigt, dass Guy Ritchie’s Charaktere von Doyle’s stark abweichen. Ansonsten wären Robert Downey Jr. (Holmes) und Jude Law (Watson) wohl auch die falsche Besetzung. Es war also klar, dass der Film keine originalgetreue Verfilmung darstellen würde, und dementsprechend richtete ich mich auf eine Persiflage ein. Was allerdings letztendlich im Film zu sehen war, enttäuschte meine Erwartungen auf ganzer Linie.

Der Film beginnt damit, dass Holmes und Watson ein Ritual vereiteln, in dem Lord Blackwood ein Mädchen opfern will. Lord Blackwood wird festgenommen und hingerichtet, taucht danach jedoch wieder in London auf und mordet weiter. Diese Geschichte passt an und für sich gut zu Sherlock Holmes, der häufig mit Fällen zu tun hat, in denen vermeintlich übernatürliche Phänomene auftauchen. In den Geschichten lassen sich diese Phänomene stets rational erklären, nachdem Holmes Fakten gesammelt und Hypothesen entworfen hat.

Downey Jr.’s Sherlock Holmes sorgt hingegen zwar für reichlich Action und gerät oftmals in die Bredouille. Die Sherlock Holmes typische Logik wendet er allerdings nur selten an, und seine Untersuchungen brauchen nur zwei Sekunden. Gedankliche Schritte spielen eine Nebenrolle und sind für den Zuschauer nicht nachvollziehbar. Watson ist der Mann für’s Grobe, der seinen Freund belächelt und ihn umsorgt. Und Irene Adler ist so in Holmes verliebt, dass sein Wohlergehen für sie wichtiger als Professionalität ist. Die Charaktere sind also insgesamt schief.

Das wäre nicht weiter dramatisch, wenn der Film den Charakterwandel bewusst komödiantisch ausnutzen würde. Immerhin gibt es bereits über 200 Filme über Sherlock Holmes, so dass eine eigenständige und eigenwillige Interpretation durchaus wünschenswert sein kann. Der Film ist jedoch nicht lustig (viel mehr Witze, als im Trailer zu sehen sind, gab es nicht), keine Charakterstudie, kein kriminalistisches Meisterwerk…eigentlich nichts Besonderes.

Man muss sich daher ernsthaft fragen, durch was dieser Film seine Daseinsberechtigung als Sherlock Holmes-Verfilmung erhält. Der Film ist eine ganz nette Actionkomödie, die man sich mal angucken kann - mehr aber auch nicht, und ganz sicher kein adäquater Sherlock Holmes-Film. Für eine Persiflage auf Holmes (was vermutlich gewollt war) fehlt es an Witz, Esprit und guten Einfällen. Chance vertan.

Daher nur zwei von fünf Pfeifen für Sherlock Holmes.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 2,50 von 5)