10. Juli 2008
“Slipping away, losing all sense of reality
Sacrifice love and democracy
We burn it all down
Cos all our lives
We’re waiting for something new
Waiting for someone like you”
Was bleibt noch übrig? Was bleibt noch, wenn die Musikwelt immer mehr dem Kommerz verfällt, wenn die deutschen Singlecharts unhörbar werden, wenn man das Gefühl hat jemand muss endlich mal wieder etwas richtig Großes machen? Etwas, an das man sich erinnern wird. In 10 Jahren.
Mit welcher Band kann man noch rechnen, wenn alles verloren scheint. Mit einer Neuen? Emporkömmlingen voller Elan und Spielfreude? Sicherlich. Aber diesen Sommer verhält es sich anders. Die große Überraschnug kommt von einem alten Bekannten, von jemandem, dem man ein ernsthaftes Comeback nicht zugetraut hätte: Grant Nicholas und seiner Band Feeder. Nach einem wenig zufriedenstellenden letzten Album (Pushing the senses, 2005) und einer Singles Kollektion (2006) hatte man die Band, ähnlich wie The Offspring, schon fast aufgegeben. Doch nun ist es soweit. Seit dem 20. Juni steht ihr neues Album Silent Cry in den Läden. Es hat sich einiges getan, seit sie anno 2001 mit Echo Park und den Megahit Seven days in the sun quasi über Nacht berühmt wurden. Statt spaßorientiert nach vorne zu spielen wird insgesamt ein Gang zurückgeschaltet, was schon direkt beim Opener We are the people (siehe Zitat) auffällt. Große, getragene Rocknummern stehen diesmal auf dem Programm. Dabei ist es besonders erwähnenswert, dass die Melodien so ausgefeilt sind wie auf keinem vorherigen Album: Ohrwürmer werden in Dauertakt abgefeuert
We are the people, Miss you, Silent cry, Heads held high, Who’s the enemy, Guided by a voice, Sonorous
Alle spitze! Man fragt sich die ganze Zeit, warum es bei anderen Bands immer so sehr auf den Produzenten ankommt, wenn Feeder hier mal eben in Eigenregie ihr bestes und ehrlichstes Album abliefern. Es ist wirklich schwer, den neuen Sound zu beschreiben. Es ist einfach große, handgemachte Rockmusik einer Band mittleren Alters, die es noch einmal wissen will. Schade nur, dass die Band hierzulande völlig in Vergessenheit geraten zu sein scheint, denn ihr letztes Deutschland-Konzert liegt 7 Jahre zurück. Vielleicht wird sich auf meinem England-Aufenthalt im August/September die Möglichkeit bieten, die Waliser live zu sehen. Reinhören, jetzt!
Links zum Beitrag:
- Die offizielle Seite der Band
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9. Juli 2008
Schon der Titel verrät, dass es sich hier um einen deutschen Film handeln muss. Ich hatte noch nichts von diesem Film gehört und war daher überrascht, dass er von dem bekannten Regisseur Leander Haußmann gedreht worden ist - eigentlich ein Qualitätsmerkmal.
Im Zentrum der Handlung steht Robert Zimmermann (Tom Schilling), der eigentlich ein traumhaftes Leben führt. Er hat einen Job, um den ihn viele beneiden würden: Er ist Spieleentwickler und -programmierer und arbeitet gerade an einem Ego-Shooter. (Der Film fing übrigens mit Szenen aus diesem Shooter an, was mir extrem gut gefallen hat!) Seine Familie wohnt auf einem herrschaftlichen Haus, Robert selber hat eine chice Stadtwohnung. Außerdem hat Robert eine hübsche Freundin - klingt eigentlich perfekt.
Hinter der Fassade bröckelt es jedoch gewaltig: Roberts Vater trennt sich von seiner Frau, weil er eine neue, wesentlich jüngere Geliebte hat. Roberts lesbische Schwester Pia lässt sich von einem Bekannten schwängern, weil sie sich ein Kind wünscht, was ihrer festen Freundin überhaupt nicht gefällt. Und als Robert seinen Anzug in die Reinigung bringt, verliebt er sich Hals über Kopf in die dort arbeitende Monika, die allerdings beträchtlich älter ist als er und zudem einen pubertierenden Sohn hat. Nachdem Robert sich von seiner Freundin Lorna getrennt hat, setzt er alles daran, Monika zu erobern. Die ist wiederum geschmeichelt, dass sich ein 26-Jähriger so sehr um sie bemüht…
Was bei dem Film besonders auffällt, ist die Ich-Bezogenheit von Robert. An die Probleme seiner Schwester und Mutter verschwendet er kaum einen Gedanken, und im Prinzip kümmern ihn auch Monikas Probleme nicht so sehr. Er will nicht für andere da sein, sondern verlässt sich darauf, dass andere für ihn da sind. Klar, dass das so nicht immer klappt. Eine Katharsis findet jedoch nicht statt - der Film entwickelt sich zwar, kommt aber nicht zum Abschluss. Vielleicht ist das das Erstaunlichste und Wunderbarste an der Liebe - sie findet kein Ende sondern durchlebt stets überraschende Wendungen.
Alles in allem schon sehenswert, aber sicher nicht jedermanns Geschmack. Drei von fünf Sternen - Tendenz nach oben.
Anne
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(3 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
Der Film, der vor ein paar Wochen in Münster in der Sneak lief, handelt von dem Alptraum jedes Autofahrers: Dwight (Mark Ruffalo) überfährt eines Abends aus Unachtsamkeit den 10-jährigen Josh und begeht Unfallflucht. Josh stirbt noch am Tatort. Sein Vater Ethan (Joaquin Phoenix) möchte den Unfall nicht auf sich beruhen lassen und macht sich auf die Suche nach dem Täter.
Alles was Recht ist - besonders originell oder spannend ist diese Geschichte nicht. Nur durch den Schuld-und-Sühne-Gedanken kann der Film Dramatik entwickeln. Das machen die Schauspieler auch eigentlich nicht schlecht. Allerdings gibt der Film Mark Ruffalo und Joaquin Phoenix nicht allzu viel Gelegenheit, ihre Gefühle wirklich auszudrücken. Dwight’s Schuldgefühle - von denen er am Ende spricht - treten im Film nicht so deutlich zu Tage. Ethan’s Trauer erscheint zwar glaubwürdiger, allerdings wird er schon wenige Wochen nach Josh’s Tod aufgefordert, das Ganze auf sich beruhen zu lassen. Das ist unrealistisch und unglaubwürdig - im wahren Leben würde man dem Vater eines Verstorbenen deutlich mehr Zeit zum Trauern zugestehen. Auch der Showdown am Ende wirkt nicht überzeugend, und man hat das Gefühl, als habe man das alles schon einmal gesehen.
Das, was die größte Stärke des Films sein müsste, die Darstellung von Trauer und Schuld, ist somit nicht überzeugend gelungen. Demzufolge geht der Film nicht unter die Haut - nach dem Trailer hatte man einen anderen Eindruck. Schade - gerade eine so alltägliche Problematik hätte Stoff für ein gutes Drama geboten. Nur zweieinhalb von fünf Sternen.
Anne
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(1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
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6. Juli 2008
John Hancock ist ein Arschloch wie es im Buche steht. Er säuft, schläft auf Parkbänken, pöbelt Andere an und ist nicht gerade jemand, über dessen Anwesenheit man sich besonders freut.
Er ist aber auch ein Superheld und das macht die Sache dann doch etwas komplizierter…
Will Smith ist ja mittlerweile ein Hit-Garant. Seit Independence Day und kürzlich I am Legend füllen sich die Kinokassen ja wie Onkel Dagoberts Geldspeicher. Zusätzlich geht es hier um Superhelden und abgesehen vielleicht von Daredevil kann man damit ja finanziell gesehen nicht viel falsch machen. Aber hält die Kombination was sie verspricht? Teilweise.
Viele Szenen hat man schon in den diversen Trailern zu Hancock gesehen: Hancock, der ein Auto auf ein Hausdach wirft, Hancock, der à la Shrek 3 einen Wal auf ein Boot wirft und so weiter. In den ersten drei Vierteln des Films gibt es davon noch so einiges mehr und hier macht der Film irgendwie auch richtig Laune. Um einen Kollegen zu zitieren: “Endlich mal ein Superheld, der nicht wie Superman die Hand in die Luft streckt und losfliegt.” Hancock ist glaubhafter, echter als viele der Saubermänner mit Superkräften, die sich so auf der Leinwand tummeln.
Das letzte Viertel des Films ist dann von der Stimmung her ein gewaltiger Bruch, führt aber die Geschichte konsequent zu Ende. Das lustige PG-13-Rating wegen “some intense sequences of sci-fi action and violence, and language” ist dann besonders wegen der violence gegen Ende vielleicht etwas optimistisch. Das Ende ist dann kein richtiges Happy End, kein richtiger Cliffhanger für einen zweiten Teil, aber auch gar nicht so übel.
So, genug der Lobhudelei: Auf zu den negativen Seiten.
Will Smith als Hancock ist großartig, Jason Bateman als sein PR-Berater ist gut, Charlize Theron als des Beraters Eheweib mit mysteriöser Vergangenheit ist bestenfalls blass, schlimmstenfalls langweilig. Die Special Effects sind zwar ganz nett, aber irgendwie auch nicht so wirklich überzeugend. Natürlich ist Hancock ganz supertoll stark, aber man hat einfach das Gefühl, dass er hier Plastikbröckchen statt Zügen, Autos oder Backsteinen durch die Gegend wirft.
Dann ist da die Geschichte: Ganz schön tragisch wird’s gegen Ende, aber der Zuschauer erfährt leider nicht, warum. Ein bisschen mehr Hintergrund, ein bisschen mehr reasoning hinter dem fast griechisch-tragödisch anmutenden Ende wäre dann doch schön gewesen und hätte dem Ganzen noch mehr Tiefe verliehen.
Anyway, Hancock ist großes, unterhaltsames Popcorn-Kino. Wer genug von Saubermann-Supermännern hat, sollte Hancock durchaus einmal eine Chance geben. Allein Will Smiths Sprüche sind beinahe die Kinokarte (zumindest im Parkett) wert. Viel mehr Tiefgang darf man aber leider nicht erwarten.
Drei Nudelhölzer (übrigens einer der grandiosen Gags des Films!) für Hancock.
Dennis
Links zum Beitrag:
- Hancock bei imdb
- Will Smith, der Hit-Gigant
- Independence Day bei imdb
- Wer immer sehen wollte, wie man mit einem alten Apple-Laptop ein außerirdisches Raumschiff hackt…
27. Juni 2008
Dieser Film, der vor einigen Wochen in Münster in der Sneak lief und mittlerweile auch regulär im Kino zu sehen ist, war wieder einmal einer, der in die Kategorie sehenswert fällt.
Die Story: Der Anführer einer paramilitärischen Organisation, Michael X (nach seinem Vorbild Malcolm X benannt), soll in England für seine Verbrechen vor Gericht gestellt werden. Das Verfahren wird jedoch bald eingestellt. Grund dafür ist, dass Michael X über brisante Fotos eines Mitglieds der königlichen Familie verfügt, die er zu veröffentlichen droht. Dass MI5 bekommt auch bald heraus, wo er die Fotos verwahrt, nämlich in einem Bankschließfach. Die Verantwortlichen stehen allerdings vor einem Problem: Sobald sie auf offiziellem Weg versuchen, an die Fotos heranzukommen, wird die Existenz der Fotos und damit über kurz oder lang deren Inhalt publik werden. Was läge da näher, als es auf inoffiziellem Wege zu versuchen?
Und so macht sich der Geheimdienstmitarbeiter Tim Everett - unterstützt von der undurchsichtigen Martine Love - auf die Suche nach Leuten, die einen Einbruch in den Tresor der Bank verüben können. Er landet bei einer Gruppe von Kleinganoven, die bislang eine erfolglose und eher klägliche Existenz fristen. Das Team mach sich an die Vorbereitung des Bankraubs (juristisch betrachtet übrigens kein Raub, sondern “nur” Diebstahl - jedenfalls nach deutschem Recht), der einen größeren Job darstellt als alles, was sie zuvor je versucht haben. Dabei ahnen sie nicht, um was es in Wahrheit geht, sondern denken, dass Martine, die sie von früher kennen, ihnen nur einen guten Tipp geben wollte.
Das ist der Anfang der Geschichte, und der Film nimmt sich verhältnismäßig viel Zeit, um diese Story aufzubereiten. Was dann beim Bankraub tatsächlich passiert und wie es für die Charaktere weitergeht, sollte sich jeder, den es interessiert, selber anschauen. Nur so viel sei gesagt: Die Ereignisse überstürzen sich gegen Ende des Films mehr und mehr und werden immer aberwitziger. Das ist ganz besonders verwunderlich, weil der Film angeblich auf wahren Tatsachen beruht.
Ich habe versucht, im Internet herauszufinden, welche Teile der Geschichte wahr sind. Einige sind so absurd, dass man fast das Gefühl hat, die müssten wahr sein (z.B. die Rolle des Amateurfunkers). Andererseits ist der Film an einigen Stellen absichtlich überzogen, um sich vom Realismus zu entfernen. Genau diese Gratwanderung zwischen Ganovenkomödie und Politthriller wurde in anderen Rezensionen, auf die ich bei der Recherche gestoßen bin, angekreidet. Ich finde allerdings, dass die komischen Elemente den Film leichter zugänglich machen und auch geeignet sind, ein Publikum zu fesseln, dass sich nicht für die kritische Seite des Films interessiert. Auch mit komödiantischen Einlagen war der Film am Anfang etwas schleppend, so dass man Schwierigkeiten hatte, in die Story ‘reinzukommen. Als bitterernste Politikkritik wäre der Film womöglich zu trocken gewesen. Auch scheint mir, dass die Quellenlage zu schlecht ist, als dass man einen Aufklärungsfilm daraus machen könnte - durch die Verbindung mit anderen Genres wird deutlich, dass es sich hier letztendlich um Fiktion handelt, selbst wenn sie auf der Realität basiert.
Alles in allem ein sehenswerter Film: vier von fünf Bankschließfächern.
Anne
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(1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
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26. Juni 2008
Da mir Ang Lees Hulk 2003 nicht sonderlich gefallen hat, war ich zunächst sehr skeptisch, als ich noch in deutschen Landen den Trailer zum Sequel The Incredible Hulk gesehen habe. Sobald ich jedoch beim Abspannsitzenbleiber erfahren hatte, dass die neue Hulk-Verfilmung genau wie der absolut geniale Iron Man (Renzension) eine eigenständige Marvel-Produktion ist, war klar, dass ich ihn unbedingt sehen muss.
The Incredible Hulk ist eine Mischung aus Remake und Sequel. Der Film beginnt im Grunde dort, wo der Vorgänger 2003 aufgehört hat. Viele Hintergründe und Details der Vorgeschichte werden in Rückblicken allerdings anders — und wie ich finde besser — dargestellt. Insgesamt ist das aktuelle Werk deutlich näher an der ursprünglichen Hulk-TV-Serie. Wie es in Bezug auf die Comicvorlage aussieht, kann ich allerdings nicht beurteilen, da ich diese nie in Händen gehalten habe. Obendrein spricht mich die Animation des grünen Helden in der zweiten Version deutlich mehr an: rauher, dunkler, griffiger — irgendwie hulkiger.
Inhaltlich bietet der Streifen erwartungsgemäß keine großen Überraschungen. Wir haben Dr. Bruce Banner auch bekannt als Hulk und seine Freundin Betty Ross auf der einen sowie General Ross, seinen besten Mann Emil Blonsky und eine ganze Menge Militärs auf der anderen Seite. Doch schon bald ist in diesem actiongeladenen Spektakel gar nicht mehr so klar, wer eigentlich auf welcher Seite steht…
Neben einer gehörigen Portion Action bietet der Film auch einige ruhigere, durchaus glaubwürdige Szenen mit Gefühl. Das ganze gewürzt mit einer ordentlichen Prise abstruser science-fiction und schon haben wir knappe zwei Stunde vortreffliche Unterhaltung. Dieser Film kommt allerdings bei weitem nicht an den phänomenalen Iron Man heran. Insgesamt “nur” eine glatte 2.
Apropos Iron Man. Den muss man unbedingt gesehen habe, bevor man sich The Incredible Hulk anschaut, damit man Tony Starks kurzen aber äußerst wirkungs- und verheißungsvollen Auftritt richtig zu genießen vermag. Man darf gespannt sein, was Marvel uns in der Zukunft noch kredenzen wird…
Patrick
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(3 Stimme(n), durchschnittlich: 3,67 von 5)
13. Juni 2008
Oh oh, es riecht nach Blasphemie in diesen heiligen Sneakcast-Hallen: Dennis bespricht ein Videospiel. Naja, nicht irgendein Videospiel…
Wie die Kategorie dieses Artikels etwas kontrovers andeutet ist Okami ein Kunstwerk – und was für eins. Zwar gibt es das Ganze schon seit mehr als einem Jahr für die Playstation 2, seit heute ist das Spiel aber auch für die Wii (die, meiner bescheidenen Meinung nach, einzig innovative Konsole) verfügbar. Doch, was ist Okami?
Okami ist zunächst einmal ein japanischer Ausdruck für Wolf und damit sind wir direkt dabei: Ihr spielt Amaterasu, die Wiedergeburt von Shiranui, einer auf die Erde (genauer gesagt in das klassische Japan) gekommenen Manifestation eines Sonnengottes. Dieser hat vor hundert Jahren zusammen mit dem Helden Nagi den Dämon Orochi besiegt und in eine bewachte Höhle verbannt. Doch wie man das so kennt, hält keine Verbannung für immer und so wird auch Orochi befreit und bringt wieder Unheil über die Welt. Somit ist es an Amaterasu (und dem Sidekick Issun), Orochi zu bändigen und die Welt zu retten.
Das alles ist nicht wirklich außergewöhnlich und obwohl die Story von Okami ganze Bände füllen könnte (allein die ersten zwanzig Minuten des Spiels verbringt man mit der Einführung in die hier kurz umrissene Geschichte, bevor man den Controller überhaupt in die Hand nehmen kann), hat man auch Geschichten in diesem Umfang bereits gesehen. Was Okami anders macht, fällt aber eigentlich direkt nach dem Einlegen der DVD auf: Der Stil des Spiels - und so kommen wir wieder zum Thema Kunst zurück.
Okami ist wie ein Gemälde aus den feudalen Zeiten Japans. Amaterasu läuft durch eine Welt, die - je nach Fortschritt des Spielers - entweder aus düsteren, bedrohlichen Grün- und Brauntönen oder aus überschwänglichen Farben samt fallender Blütenblätter und Wind in den Bäumen besteht; selbst die Zwischensequenzen haben die körnige Textur von feinem Papier im Hintergrund und wirken wie gemalt.
Das Highlight des Spiels hat genau mit dieser Idee zu tun: Jederzeit hat der Spieler die Möglichkeit, das Geschehen anzuhalte und als Gemälde zu betrachten. Mit der Wiimote (der Wii-Fernbedienung) lassen sich nun Pinselstriche auf dem Papier führen, die dann, nach Fortsetzen des Spiels, ihre Wirkung entfalten. Je nach Malgeschwindigkeit und Abstand zum Fernseher entstehen dünne oder dicke Linien, die unterschiedliche Auswirkungen haben. Natürlich gibt es hier die obligatorischen destruktiven Zeichen (ja, auch die von allen Zelda-Spielern geliebte Bombe ist dabei), aber auch beispielsweise eine Geste, um Bäume wieder zum Blühen zu bringen, Seerosenblätter auf dem Wasser erscheinen zu lassen oder komplette Gegenstände aus dem Nichts zu erschaffen.
Auch wenn das hier sehr umständlich und theoretisch klingt: Das Ganze ist sehr gut in das Spielgeschehen integriert und wenn man sich erst einmal an die Steuerung und Tastenbelegung gewöhnt hat, geht einem der Wechsel zwischen den Modi leicht von der Hand.
Ungewöhnlich dabei: Okami nimmt sich trotz der durchaus ernsten Storyline selbst nicht ganz so wichtig. Hier schläft ein Charakter während eines längeren Monologes seines Gegenübers schon einmal ein und muss erst wieder aufgeweckt werden, bevor es in der Story weitergehen kann. Glück (eine Art Erfahrungspunkte für alle Rollenspieler) gibt es nicht nur durch das Lösen von Aufgaben oder Besiegen von Gegnern, sondern auch für das Füttern von diversen Waldtieren, die alle ihre eigenen kulinarischen Vorlieben haben.
Wirklich beurteilen kann ich Okami natürlich noch nicht - ich habe gerade einmal die ersten fünf Stunden Spielzeit hinter mir und habe damit gerade einmal an der Oberfläche gekratzt. Trotzdem zieht mich das Ganze wie schon seit Jahren kein Spiel mehr in seinen Bann.
Natürlich gibt es auch ein paar kleine Kritikpunkte (die zeitweise unpraktische Kameraführung zum Beispiel), aber alles in Allem überwiegt das Gefühl, hier ein Stückchen Software in der Hand zu halten, das endlich einmal wieder mit Liebe zum Detail, Herzblut und sehr, sehr viel Zeit entwickelt wurde.
Und was ist Kunst eigentlich anderes?
Fünf von fünf Pinselstrichen für Okami. Skeptiker sollten sich das Gameplay-Video ansehen oder das Spiel wenn möglich einmal antesten. Wer nach der ersten halben Stunde nicht gefesselt ist, der darf dann gerne wieder ins Museum gehen, um Werke der klassischen Postmoderne unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Veränderungen durch die Einführung der elektrischen Schreibmaschine zu besichtigen. Denn Kunst ist ja schließlich glücklicherweise Ansichtssache.
Dennis
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
(2 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
Links zum Beitrag:
- Okami-Gameplay-Video bei youtube
- Die offizielle Okami-Website
12. Juni 2008
Vor 9 Jahren kam ich das erste Mal mit amerikanischem Punkrock in Berührung. In dem Trailer zu einem Disney-Film würde es wohl heißen: „Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.“ Das Album, welches mein musikalisches Selbstverständnis nachhaltig prägen sollte hieß Americana von The Offspring. Meine Schwester kaufte sich die Platte und sie wurde zum ultimativen Soundtrack des unvergesslichen Sommers 1999.
Soviel zur Vorgeschichte. The Offspring, eine Band, von der man lange nichts mehr gehört hat. 2003 veröffentlichten sie ihr letztes Album Splinter, seitdem nur eine Greatest Hits. Sie waren kurz davor, in Vergessenheit zu geraten. Bis jetzt!
2008 melden sie sich mit einem Paukenschlag zurück: Rise and Fall, Rage and Grace ein Titel so großartig, dass er einem nie mehr aus dem Kopf geht. 12 neue Songs der Band aus Orange County, Kalifornien, die von so vielen als Veteranen des Punkrock bezeichnet wird. Wie schafft man es im vierundzwanzigsten Bandjahr noch relevante Songs zu schreiben? Wie schafft man es den Erwartungen der langjährigen Fans gerecht zu werden und gleichzeitig The Offspring einer neuen Generation zu eröffnen? Der Punkrock hat sich verändert seit 2003, seit Green Days American Idiot ist alles anders. Wie geht man damit um, wenn man nicht in Vergessenheit geraten will?
Das sind die Fragen, die Rise and Fall, Rage and Grace zu dem machen, was es ist: Ein Spagat aus Tradition und Innovation, ein großartiges Punkalbum, dass in einer Reihe mit den großen des Genres steht. Am ehesten lässt sich die neue Platte mit Underclass hero von Sum 41 vergleichen, da beide Alben es auf geniale Art verstehen, musikalisch zu reflektieren, was moderne Punkmusik ausmacht. Waren es auf Underclass hero musikalische Versatzstücke von Green Day, My Chemical Romance, Blink-182 und textliche von Good Charlotte (vor dem Absturz), so herrschen hier ebenfalls Querverweise vor.
- Half-truism ist der geistige Nachfolger von Self-esteem mit schneller Strophe
- Trust in you klingt wie aus ganz alten Offspring-Tagen und rockt wild drauf los
- You’re gonna go far, kid knüpft an die Party-Spaß-Songs a la Pretty Fly und Original Prankster an
- Hammerhead ist die kompromissloseste (und längste [4.40 min]) Offspring-Single. Ein Hammer!
- A lot like me ist eine der großen Überraschungen, eine richtige Ballade, groß produziert und emotional
- Takes me nowhere ist voll frontal und macht einfach Spaß
- Kristy, are you doing okay ? variiet das Riff von Green Day’s Time of your life (1997) und ist ein poppiger Radiosong mit ernster Thematik (Missbrauch und der Umgang damit)
- Nothingtown ist Want you bad in Mid-Tempo, macht aber trotzdem Spaß
- Stuff is messed up ist ein Mitsing-Mitgröl-Nummer in bester Sum 41-Manier
- Fix you ist eine pompöse Ballade, die einen Ausgleich zu den schnellen Nummern schafft und sich geschmeidig ins Gesamtbild fügt
- Let’s hear it for rock bottom fängt mit einer ruhigen Strophe an und setzt im Refrain auf Simplizität
- Rise and fall zitiert offen den Song American idiot und man hat das Gefühl, dass sich damit ein Kreis schließt
Die gesamte Bewertung des Albums hängt davon ab, ob man die Querverweise als billige Kopie ansieht oder als gewollte Intertextualität. Meiner Meinung nach spricht die musikalische Qualität des Albums eine eigene Sprache und ich bin der festen Überzeugung, dass es sich hierbei um das beste Punkalbum des Jahres 2008 handelt. Meine Erwartungen an die Platte wurden zu 100% erfüllt und es muss ja auch nicht immer die ganz große Innovation sein. In einer Zeit, wo sich viele Punkbands in widerliche Mainstream-Gefilde verabschieden und ihre Fans durch unterirdische Outputs vergraulen (Good Charlottes Good morning revival) freue ich mich über jede Band vom alten Schlag (wie The Offspring, Goldfinger) die es versteht, musikalisch mit der Zeit zu gehen und sich gleichzeitig auf ihre alten Stärken zu berufen. 5 Sterne!
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
(4 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
Links zum Beitrag:
- Das komplette Album als Stream!
10. Juni 2008
Dem kundigen Leser wird schon der Titel verraten, um welches Spiel es sich handelt. Für alle Nichtkundigen: “Leatherheads” bezieht sich auf die ledernen Kappen, die früher - vor Zeiten der Stahlhelme - im Football getragen wurden. Der Film spielt in den 20er Jahren und wird ganz von Football dominiert.
Die Story: Dodge Connellys (George Clooney) Football-Team, die Duluth Bulldogs, musste sich aus Geldmangel auflösen. Um weiter spielen zu können, verpflichtet Connelly Carter Rutherford (John Krasinski). Rutherford ist ein extrem erfolgreicher Kriegsheld und Football-Spieler, hat allerdings bisland nur im Team seiner Universität gespielt. Sein Einstieg bei den Bulldogs ist somit der Beginn des steilen Erfolgs des professionellen Fußballs.
Natürlich gibt es in dem Film - den man vom Genre her als Komödie einordnen würde - auch eine Frau: Lexie Littleton (Renée Zellweger), Reporterin, die entdecken soll, ob Rutherford wirklich ein Kriegsheld war oder ob die Geschichte vielleicht anders verlaufen ist. Sowohl Rutherford als auch Connelly und sogar Rutherfords Manager sind von Littleton entzückt, so dass es allein dadurch zu lustigen Situationen kommt. Wie das Ganze ausgeht, soll nicht verraten werden. Nur so viel: Es wird relativ deutlich, dass Clooney den Film produziert hat - ich würde das Ganze einen Film nach seinem Geschmack nennen.
Ein Wort noch zum Ton: Der Film lief bei uns in Münster als OV. Ich bin dafür zwar grds. immer zu haben und den Wortwitzen hat es auch gut getan. Allerdings fand ich den Film verhältnismäßig schwer zu verstehen. Das mag daran liegen, dass ich an den englischen Akzent gewöhnt bin und generell von dem amerikanischen Akzent nicht angetan bin. Bei diesem Film ist es mir aber mehr als gewöhnlich aufgefallen, dass einige der Darsteller nicht leicht zu verstehen waren. Das kann natürlich auch an meiner Tagesform - Stress und Übermüdung - gelegen haben…
Fazit: Gute Unterhaltung - vier von fünf Sternen.
Anne
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(1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
Kommentare deaktiviert für Leatherheads (Ein verlockendes Spiel)
Dieser Film, der am 20.5. in der Sneak lief, dürfte den meisten ein Begriff sein. Zumindest in Münster war uns der Trailer derart vertraut, dass einer meiner Mitsneaker aus der Ankündigung in der Sneak zuvor sofort geschlossen hat, es müsse sich um diesen Film handeln. Ob die Konsequenz, die er gezogen hat - nämlich die Karte an jemand anderen weiter zu geben und nicht mitzukommen - die richtige war, ist allerdings zu bezweifeln. Denn schlecht war der Film beileibe nicht.
An Plot gibt der Film nicht viel her: Audrey und Brian sind glücklich miteinander verheiratet, bis Brian eines Tages stirbt. Audrey, die nun alleine klar kommen muss, holt Brians besten Freund Jerry ins Haus, einen Drogenabhängigen, den sie stets gehasst hat. Beide müssen versuchen, ihr Leben ohne Brian weiter zu führen.
Der storymäßige Hintergrund ist, wie gesagt, nicht besonders spannend. Der Film lebt daher von den beiden Hauptdarstellern: Halle Berry (Audrey) und Benicio del Toro (Jerry). Beide schaffen es wunderbar, die Stimmung, die nach einem schmerzlichen Verlust herrscht, zu vermitteln. Etwas gestört haben mich allerdings einige Bemerkungen von Audrey, die mir nicht so ganz zu der Situation zu passen schienen. Schon durch den Trailer hatte ich den Eindruck, als wäre Brians Tod Jerrys Schuld - dem ist aber nicht so, auch wenn Audrey sich gelegentlich so verhält. Gut ist dagegen, dass der Film der Kitschfalle entgeht - bei dem Thema schon eine Leistung.
Alles in allem durchaus brauchbar: drei von fünf Sternen.
Anne
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(1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
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