3. Januar 2009

Kurzer Prozess (Righteous Kill)

Category: Film,Sneak,Wuppertal — Dennis @ 15:34

Kurzer Prozess (Righteous Kill) Was macht einen guten Film aus? Ich meine keinen guten Film, keinen beim Abendessen sehen-Film, keinen och ja, wenn die DVD mal draußen ist-Film, sondern einen wirklich, ehrlich guten Film? Für mich sind das objektiv drei Dinge: Schauspieler, Drehbuch und Filmtechnik. Natürlich ist das nicht alles; es gibt auch äußerst schlecht gemachte Filme mit komischen Schauspielern und merkwürdigem Drehbuch, die mich fesseln, aber grundsätzlich ist die SDF-Skala nicht nur schön zu tippen sondern auch meistens wahrheitsfindend.

Was ist also mit Righteous Kill, dem neuesten Wuppertaler Sneak-Film? Die erste Kategorie, Schauspieler, lässt sich bedenkenlos abhaken. Robert De Niro und Al Pacino gaben sich zuletzt gemeinsam in Heat von 1995 die Ehre. Nachdem De Niro sich in den letzten Jahren hauptsächlich damit beschäftigt hat, die Charaktere, in denen er den Zuschauern in Erinnerung geblieben war, nach und nach äußerst erfolgreich und amüsant durch den Kakao zu ziehen, war es um Al Pacino eher ruhig geworden, seit er das vielleicht boshafteste Gesicht in der Geschichte des Kinos in Filmen wie Im Auftrag des Teufels gestellt hatte.
Diese beiden, die wie kaum andere Schauspieler den Titel alte Hasen verdienen, passen unglaublich gut zueinander, spielen sich die Bälle zu und bleiben – vielleicht abgesehen von der Schlussszene – äußerst glaubwürdig. Auch die Nebendarsteller machen ihre Sache durchaus gut, auch wenn das Testosterongeprotze der Macho-Polizisten vielleicht ein bisschen zu dick aufgetragen ist.

Also, Schauspieler klappt gut, was ist mit dem Drehbuch? Gut, Righteous Kill überrascht nicht so sehr, wie man sich das wünschen könnte und ist auch kein The Departed (auch wenn der Stil wohl nicht unabsichtlich ähnlich ist). Die Charaktere heben sich nur durch die erwähnt gute Schauspielarbeit aus dem Einerlei der Zweidimensionalität ab und das große Finale mit dem überraschenden Ende ist leider weder so richtig groß noch so richtig überraschend. Von Russell Gewirtz, dem Autor des großartigen Inside Man hatte ich da eigentlich mehr erwartet. Viel mehr. Und dann ist da noch dieser Titel…

Bleibt die Filmtechnik. Leider ist auch hier nicht wirklich viel zu holen. Righteous Kill ist solide gefilmt aber leider wenig aufregend anzusehen.

Insgesamt ist Righteous Kill ein ganz nettes Filmchen für alle die, die Al Pacino und Robert De Niro mal wieder auf der Leinwand sehen wollen und gegen eine kleine Kriminalschmonzette im Hintergrund nichts einzuwenden haben. Routiniert, nichts weiter.

Eineinhalb von fünf Psychologennotizbüchern für Righteous Kill.

Dennis

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 2,00 von 5)
31. Dezember 2008

Sneak-Marathon vom 7.11.2008

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 15:21

Cineplax Sneak-Preview

Obwohl der 7.11. bereits einige Wochen her ist, möchte ich den geneigten Sneakcast-Lesern nicht die — zumindest mittelbare — Teilnahme am Sneakmarathon vorenthalten. Da wir diesmal eine größere Gruppe verrückter Filmfans waren, die sich von 22.30 Uhr bis 10.45 Uhr am nächsten Morgen im Kino aufgehalten haben, stammen die Rezensionen aus verschiedenen Federn - es lebe die Variation!

Erster Film: Body of Lies (Der Mann, der niemals lebte) - englische OF

Der neue Film von Regie-Ikone Ridley Scott (Alien, Blade Runner, Gladiator) ist im Nahen Osten angesiedelt und erzählt die Geschichte von Roger Ferris (Leonardo DiCaprio), einem CIA-Agenten, der als verdeckter Ermittler in Jordanien Terrorzellen infiltrieren soll. Der Film ist hervorragend gefilmt und ausgestattet, leidet aber an einem wirren, wenig straffen Skript. Beim Anschauen will irgendwie keine Spannung, kein echtes Thrillerfeeling aufkommen, was auch an der undefinierbaren Rolle von Russell Crowe liegt, der als Auftraggeber eine mittelprächtige Vorstellung liefert. Alles in allem ist Body of Lies okay, aber nicht weltbewegend.

Terje

Zweiter Film: Little Miss Sunshine

Der zweite Film des Sneak-Marathons war Little Miss Sunshine, eine kleine, feine Indieperle. Die neunjährige Olive wird ausgewählt, bei der Endrunde des “Little Miss Sunshine”-Wettbewerbs mitzumachen und macht sich mitsamt ihren ganzen Familie (Vater, Mutter, Bruder, Onkel, Großvater) in einem gelben VW-Bus auf den Weg von Albuquerque ins 800 Meilen entfernte Redondo Beach in Kalifornien. Aus dieser Grundsituation entwickelt sich rasch ein sonniges, tragikomisches Roadmovie, welches dem Zuschauer das ein oder andere Mal ein Lächeln auf die Lippen zaubert, unglaublich viele gute Gags und ein furioses Finale zu bieten hat. Kurzum: Ein unterhaltsames Spektakel der ganz besonderen Art und ein herzerwärmender Film, wie man ihn nur selten sieht.

Terje

Dritter Film: Ein Quantum Trost

Hier nun — wie bereits angekündigt — eine Rezension über einen Film, der es nicht geschafft hat, die an ihn gestellten Ansprüche zu erfüllen.

Bevor ich aber zu meinen Hauptkritikpunkten komme, möchte ich erst ein paar Dinge erwähnen, die der Film gut gemacht hat — die Höflichkeit gebietet es.

Also zunächst einmal lässt sich nicht bestreiten, dass James Bond 007 — ein Quantum Trost ein sehr actiongeladener rasanter Film ist, der es über lange Strecken schafft, ein hohes Maß an Bewegung und Dynamik zu suggerieren. Entgegen der früheren James Bond Filme schafft Daniel Craig es auch, einen gänzlich neuen James Bond darzustellen, dessen Alltag weitaus härter ist, als in den früheren glattgeleckten James Bond Zeiten.

Und hier ist ach schon mein Hauptkritikpunkt. Mit den ganzen Neuerungen, die das Thema James Bond hier erfährt, entfernt sich der Film auch von allen vorangegangenen Vorstellungen und verliert seine Einzigartigkeit. Viele Stimmen lassen neuerdings verlauten, dass dieses aktuelle Konzept allerdings genau das wäre, welches von einem gewissen Herrn Flemming ursprünglich gedacht war.

Allerdings ist alles, was von James Bond noch übrig bleibt, wenn man — wie jetzt geschehen — auf Bondgirls, lustige Gimmics, Superschurken mit völlig abgehobenen Plänen, die Weltherrschaft an sich zu reißen, abgeschlossene Storys und Wodka Martinis verzichtet, nicht mehr, als vor nicht allzulanger Zeit schon mit den Bourne-Filmen bereits in den Kinos lief. Es sind keine schlechten Filme, aber leider ist die Thematik austauschbar und dementsprechend langweilig wirkt das neue Bond-Konzept auf mich.

Ich will dem Film hier kein vernichtendes Urteil aussprechen, aber alle, die sich diesen Film ansehen wollen, weil sie einen Bondfilm zu sehen bekommen wollen, werden enttäuscht sein.

Marcel

Vierter Film: The Rocker

Der zweite Sneak-Film dieses Abends war insofern überraschend, als dass keiner unserer Gruppe vorher je etwas von diesem Film gehört hatte — hinterher übrigens auch nicht. Das ist verwunderlich, weil der Film sehr unterhaltsam war und durchaus Aufmerksamkeit verdient hätte.

Die Story ist an und für sich schnell erzählt: Die Hauptfigur Fish ist Drummer bei der Band Vesuvius. Als Vesuvius unter der Bedingung einen Plattenvertrag angeboten bekommen, dass der Neffe/Sohn/Cousin/irgendein Verwandter des Produzenten bei ihnen Schlagzeug spielt, schmeißen sie Fish ‘raus. 20 Jahre später sind Vesuvius extrem erfolgreich, während Fish im Call-Center arbeitet und auch sonst nicht viel vorzuweisen hat. Doch dann bekommt Fish die Chance, in der Band seines Neffen mitzuspielen - der Beginn zu  einer Karriere.

Erfahrene Filmeschauer werden sich den Rest denken können, denn die Haupthandlung ist nicht gerade originell. Es ist sicher nicht zuviel verraten, wenn ich erzähle, dass die neue Band am Ende Erfolg haben wird, es die ein oder andere Liebesverwicklung gibt und Fish auf seine alten Kumpels von Vesuvius trifft. Allerdings ist die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, nett und voller Humor. An vielen Stellen merkt man, dass der Film sich selbst nicht ernst nimmt, und das tut der Story gut.

Lustigte Unterhaltung mit wenig Tiefgang - Fans von School of Rock zu empfehlen.

Anne


Fünfter Film: Batman begins

Der fünfte und letzte Sneak-Film, der etwa um 8.00 Uhr morgens begann, war eine Publikumswahl. Vor dem Marathon hatten die Sneak-Besucher mehrere Wochen lang unter einer bestimmten Filmauswahl wählen dürfen, welche Filme sie im Marathon sehen wollen. Der am häufigsten gewählte Film war Little Miss Sunshine, der mit den zweitmeisten Stimmen war Batman begins.

Den meisten Rezensionslesern dürfte Batman begins bekannt sein, so dass ich mich kurz fassen kann. Der Film erzählt die Entwicklung von Bruce Wayne zu Batman in epischer Breite, beachtlicher Länge und — für Batman — neuer Düsternis. Comicfans, die mit den Werken von Frank Miller oder Alan Moore vertraut sind, dürfte der Stil durchaus zusagen, er unterscheidet sich allerdings beträchtlich von früheren Verfilmungen. Das erkennt man auch daran, dass der Film mit zweieinhalb Stunden Laufzeit deutlich länger ist, es die alten waren. Ein guter Film, um ihn auf einer Kinoleinwand zu zeigen, aber als fünfter Marathon-Film ein echter Brocken.

Anne

16. Dezember 2008

Zhan. gu – Die Reise des chinesischen Trommlers

Category: Bochum,Film,Sneak — Terje @ 21:01

Sneakfilme sind schon was Feines… zumindest, wenn man dann und wann etwas völlig Neues und Unbekanntes zu sehen bekommt. Die Reise des chinesischen Trommlers ist so ein Film. Er handelt von Guan, einem Gangsterboss, dessen Sohn Sid sich mit der Liebsten seines Gegenspielers Stephen Ma eingelassen hat. Deshalb wird Sid von Guan kurzerhand nach Taiwan geschickt, bis sich die Gemüter beruhigt haben. Hier, in der Provinz, stößt der junge Schlagzeuger Sid unvermittelt auf eine Gruppe spiritueller Zen-Trommler. Er beschließt, sich ihnen anzuschließen und lernt sein Leben, das bisher von Neid und Hassgefühlen geprägt war, völlig neu kennen, weil er im Trommeln sich selbst findet.

Der Film hat einfach was. Der Anfang, welcher sich im Gangstermilieu von Hong Kong abspielt vermittelt zunächst einen ganz anderen Eindruck und man denkt, dass einen eher ein Thriller erwartet. Doch als Sid nach Taiwan gekommt, ändert sich die Grundstimmung. Die schwierigen Aufgaben, vor die Sid gestellt wird, und den Willen und Ehrgeiz den er daraus eintwickelt… es macht einfach Freude zuzusehen, wie dieser arrogante Angeber nach und nach über sich selbst heraus wächst. Und dann sind da noch die Trommelsequenzen. Die sind wirklich atemberaubend. Ich bin ja nun wirklich niemand, der sich die Show einer Trommelgruppe anschauen würde, aber was hier gezeigt wird ist teilweise einfach unfassbar gut. Mag sein, dass der Sound und die wucht von der Leinwand her nicht die Intensität eines Konzertes erreichen, aber nichtsdestotrotz erreicht einen dieses Gefühl des Dabeigewesenseins.

Sicher, der Film schlägt ein langsames Erzähltempo an und er hätte insgesamt statt 120 Minuten auch ruhig 100 Minuten lang sein können. Einige Nebenhandlungen stehen in fragwürdiger Beziehung zur Haupthandlung. Aber das macht am Ende gar nichts, denn dieser Film zeigt einem etwas Unbekanntes, Neues und irgendwie auch Überwältigendes. Das ist eine asiatische Kinoperle. Gestern abend hätte ich dem Film noch 3 von 5 Riesentrommeln gegeben. Aber heute, nach einiger Reflexion, werde ich 4 draus machen.

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
4. Dezember 2008

Schlaglicht: Kino extrem

Category: Film,Kram,Münster,Sneak — Patrick @ 23:17

Mit reichlicher Verspätung — man hat ja auch anderes zu tun — möchte ich nun ein kurzes Schlaglicht auf die Filme werfen, die ich im Oktober gesehen habe, als ich dank Kinomonatsfreikarte beinahe im Lichtspielhaus eingezogen bin.

01.10: Kirschblüte — Hanami: Sensibel erzählte, grandios gefilmte und meisterhaft gespielte Geschichte über die Auseinandersetzung mit dem Tod, unerfüllten und unverstandenen Wünschen und der Suche nach einfachem, aber tiefem Glück. Das Thema wird feinfühlig mit der richtigen Mischung aus ergreifendem Ernst und lockerer Komik dargestellt, ohne je peinlich oder überzeichnet zu wirken. Ein bewegender Film über den Tod, der das Leben bejaht. Mehr als sehenswert!

01.10: Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit: Weniger ein Film im eigentlichen Sinne als auf Leinwand gebanntes und dennoch interaktives Kabarett. Männlein und Weiblein sitzen getrennt auf unterschiedlichen Seiten des Saals, dort jeweils willkürlich verteilt, sodass man unter Fremden sitzt und bei den Summabstimmungen ohne Scham mitstimmen kann. Ein eineinhalbstündiger Ausflug in die Irrungen und Wirrungen der schönsten Nebensache der Welt mit viel Witz und Ironie. Sollte man mal mitgemacht haben.

08.10: Burn after Reading: Dennis’ Rezension kann ich eigentlich nur hinzufügen, dass es mich rein gar nicht wundern würde, wenn sich der gesamte Film so 1:1 in der amerikanischen Wirklichkeit ereignen würde…

09.10: Baader Meinhof Komplex: Wie Terje in seiner Rezension geschrieben hat, bewertet dieser Film nicht, bezieht keine Stellung, sondern stellt lediglich dar — in aller Grausamkeit — und zwingt den Zuschauer, sich mit dem Geschehen, unserer Geschichte, auseinanderzusetzten. Entsprechend setzt der Film durchaus ein gewisses Maß an historischer Bildung voraus, ohne jenes ihn zu verstehen schwierig und ihn richtig zu würdigen beinahe unmöglich ist.
Beispielsweise wird im Film die von Vo Suu während des Vietnamkriegs aufgezeichnete Exekution von Nguyễn Văn Lém auf offener Straße durch Nguyễn Ngọc Loan gezeigt. Man sieht im Baader Meinhof Komplex also, wie ein realer Mensch vor laufender Kamera erschossen wird — eine Szene, deren Tragweite und Bedeutung man sich als Zuschauer und Mensch bewusst sein muss.

12.10: Krabat: Die Verfilmung von Otfried Preußlers Jugendbuch soll nach Aussage des Autors zu seiner vollen Zufriedenheit gelungen sein. Ob das allerdings für einen guten Film bürgt, sei dahingestellt. Durchaus kurzweilig, angenehm düster und mit genretypischer einfach gestrickter plakativer Story krankt der Film trotz solider Umsetzung am stellenweise nur dürftigen Spiel der Darsteller.

14.10: Blindness — Die Stadt der Blinden habe ich bereits hier rezensiert.

21.10: Willkommen bei den Sch’tis wurde hier von Anne besprochen.

22.10: Das Lächeln der Sterne: Schmalz, für Normalsterbliche kaum zu ertragender Schmalz. Das Ende ist zwar auch kaum zu ertragen, aber wenigstens nicht so schnulzig, wie es sein könnte und ich zunächst befürchtete.

23.10: Ananas Express: Ein Kifferfilm auf Dauerhigh, an dem eigentlich alles passt von der skurrilen Geschichte, über den sensiblen Dealer, die bescheuerten Aktionen bis zum finalen shoot out. Mehr aber auch nicht.

28.10: Walz with Bashir: Grandios, das ist Filmkunst! Lest meine ausführliche Rezension und schaut ihn Euch unbedingt an.

19. November 2008

Im Winter ein Jahr

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 13:24

Im Winter Ein Jahr Kurz vor dem jährlichen Sneak-Marathon (über den hier in Kürze berichtet werden wird) bescherte uns die Sneak in Münster einen deutschen Film. Im Winter ein Jahr ist der neue Film von Caroline Link, die bislang als einzige deutsche Regisseurin einen Oscar erhalten hat (für Nirgendwo in Afrika). Nach dem, was ich bei Im Winter ein Jahr gesehen habe, würde ich sagen, dass sie eine solche Auszeichnung verdient hatte. Gute Schauspieler, stimmige Kameraführung und eine ruhige, atmosphärische Erzählweise machen diesen Film zu einem durchaus gelungenen Werk.

Im Winter (der Film beginnt im Spätsommer und endet beim ersten Schnee) ist es ein Jahr her, dass der 19-jährige Alexander gestorben ist. Seine Mutter (Corinna Harfouch) beauftragt den Maler Max Hollander (Josef Bierbichler), ein Bild von dem verstorbenen Alexander und der (noch lebenden) Tochter Lilli (Karoline Herfurth) zu malen. Während Max versucht, etwas über Lilli und Alexander und ihr Verhältnis zueinander zu erfahren, wird der Zuschauer immer mehr in den Bann der komplexen Beziehungen gezogen, die die einzelnen Familienmitglieder zueinander haben.

Schnell wird klar, dass Lillis Probleme im Mittelpunkt des Films stehen. Schon die allererste Szene des Films vermittelt einen Eindruck, worin diese bestehen: Alexander tanzt mit geschlossenen Augen und Walkman durch den Garten, während die ersten Schneeflocken fallen. Seine Mutter filmt ihn dabei lachend mit der Videokamera. Dann wechselt die Kamera und man sieht, wie Lilli die beiden durch ein Fenster im oberen Stockwerk beobachtet - allein, verlassen, vergessen. Den ganzen Film über kann man beobachten, dass die Eltern ihrer Tochter nur oberflächliche Aufmerksamkeit schenken. Symptomatisch ist die Szene, wie der Vater sie nach ihren Fortschritten an der Tanzakademie, an der sie studiert, fragt, das Thema jedoch sofort fallen lässt, ohne ihr eine Chance zu geben, wirklich darüber zu sprechen. Wenig wundert es den Laienpsychologen, dass Lilli eine insbesondere sexuell herausfordernde Gestik und Mimik entwickelt. Hier lebt der Film wie in weiten Teilen von der glänzenden Darbietung von Karoline Herfurth, die ihr schauspielerisches Format in dieser schwierigen Rolle beweist.

Der Film ist auf seine eigene Art spannend, weil man nicht vorhersagen kann, wie der Film weitergehen wird. Während verschiedene Handlungsstränge auftauchen, vermittelt der Film insgesamt ein großes Stimmungsbild einer Familie, die mit einem Verlust klarkommen muss. Das Thema des Films ist u.a. Trauerbewältigung, und Caroline Link gelingt es wunderbar, das Thema abzuhandeln, ohne ins Kitschige zu verfallen. Diejenigen, die den Film gesehen haben, mögen mal versuchen, sich vorzustellen, wie dieser Film von einem stereotypen Hollywood-Regisseur gedreht worden wäre - nicht auszudenken! Dass das Ende bei einem solchen Film naturgemäß eher offenbleibt, ist zwar schade, wohl aber kaum zu vermeiden.

Alles in allem durchaus sehenswert: 4 von 5 Sternen.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
18. November 2008

Låt den rätte komma in – So finster die Nacht

Category: Bochum,Film,Sneak — Terje @ 19:34

Låt den rätte komma in - So finster die Nacht

Die Bochumer Sneak hatte sich während der ersten 4 Besuche (The House Bunny, Eagle Eye, Willkommen bei den Sch’tis & New York für Anfänger) durch Abwechslungsreichtum ausgezeichnet. Doch eines hatte mir bisher gefehlt: Ein reinrassiger Sneakfilm! Gestern abend war es also endlich soweit. Weg mit dem gepflegten Mainstream und dem Publikum ein skandinavisches Kleinod krendenzen! So hab ich das gern.

So finster die Nacht ist eine schwedische Produktion, die sich zwischen Horrorfilm und Jugenddrama bewegt. Der zwölfjähirge Oscar lernt seine Nachbarin Eli kennen und die beiden Kinder werden Freunde. Was Oscar zunächst nicht weiß ist, dass Eli ein dunkles Geheimnis birgt: Sie ist ein Vampir!

Während zu Beginn des Filmes nur angedeutet wird, was es mit dem seltsamen Mädchen auf sich hat entfaltet der Film sein wahres Potenzial, als Oscar die wahre Natur seiner Freundin bewusst wird. Das ganze wird in düsteren Bildern eingefangen und ist stimmungsvoll inszeniert. Die Geschichte entwickelt sich langsam, was der Charakteren viel Platz für Entwicklung einräumt. Gerade durch das gemächliche Erzähltempo wirken die eingestreuten Horror- und Splatterelemente umso effektvoller! In dieser düsteren Welt verkommt die Gewalt doch nie zum Selbstzweck und der Kampf des Vampirs gegen seine natürlichen Triebe (seinen Blutdurst) wird interessant beleuchtet. Dabei brillieren die beiden Jungsdarsteller Kare Hedebrant und Lina Leandersson in ihren jeweiligen Rollen, wobei Hedebrant den Außenseiter Oscar und Leandersson den uralten Vampir in Kindsgestalt Eli überzeugen mit Leben füllen.

Vollkommen unverständlich waren mir die Reaktionen des Publikums, die den Film weder ernst nahmen, noch zu schätzen wussten. Das scheint ein weiteres Kriterium für einen Sneakfilm zu sein: Er spaltet das Publikum. Insgesamt vergebe in 4 von 5 Rubikwürfeln für diesen stimmungsvollen Horrorfilm.

Terje

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)

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Der Film bei IMDb
11. November 2008

How to Lose Friends & Alienate People – New York für Anfänger

Category: Bochum,Film,Sneak — Terje @ 18:18

How to Lose Friends & Alienate People - New York für Anfänger

New York für Anfänger ist eine nette amerikanische Komödie für zwischendurch, die einige gute Gags zu bieten hat, einen aber insgesamt nicht von den Socken haut. Es geht um den Emporkömmling Sidney Young (Simon Pegg [Hot Fuzz]), der ein lukratives Stellenangebot bei einem New Yorker Szenemagazin annimmt. Dort angekommen muss er feststellen, dass sich die Dinge anders als daheim in England verhalten und dass er mit seiner tollpatschigen und unhöflichen Art keinen Blumentopf gewinnen kann. Doch schon bald, nach einigen komischen Situationen, gelingt ihm der Aufstieg in die glamouröse Welt der Stars, wo er vor neue Herausforderungen gestellt wird…

Zugegeben, der Film erfindet das Rad nicht neu, das braucht er aber auch gar nicht. Er hat einige gute Lacher zu bieten und überspielt die flache Handlung gekonnt. Das Ensemble (neben Pegg geben sich Kirsten Dunst, Megan Fox, Jeff Bridges und Gillian Anderson die Ehre) ist gut aufgelegt und die Dialoge kommen auch in der deutschen Fassung schwungvoll rüber. Leider hat der Film gerade in der zweiten Hälfte einige Längen und das Ende ist typisch-kitschig-amerikanisch. Nichtsdestotrotz ein netter Sneakfilm, der zweieinhalb von fünf La Dolce Vita-Schallplatten verdient hat.

Terje

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (Noch keine Bewertungen)

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Der Film bei IMDb
4. November 2008

Waltz with Bashir

Category: Film,Münster,Sneak — Patrick @ 22:28

Waltz with Bashir26 blutdurstige Hunde sprinten getrieben von unstillbarem Rachedurst als unaufhaltsame Meute durch die Nacht, durch Menschenmengen, durch die Stadt, bis sie schließlich ihr Ziel erreichen — unter dem Fenster ihres einstigen Peinigers bellen sie die Anklage aus ihren Kehlen. Nacht für Nacht suchen die Bestien Boaz in seinen Träumen heim. Eines Tages erzählt er seinem alten Freund und Kriegsgefährten Ari von dem Albtraum, doch Ari hat alle Erinnerungen an ihrer Zeit im Libanon verdrängt hat und wird sich dieses Verdrängens erst durch Boaz’ Traum bewusst. Die Frage, welch Grauen damals geschah, lässt Ari fortan nicht mehr los und er versucht schließlich, seine Vergangenheit wiederzufinden, indem er Freunde, Kameraden und Leidgenossen auf der ganzen Welt aufsucht. Bald schon kehrt seine Erinnerung in surrealen, beinahe psychedelischen Bildern zurück.

Diese autobiographische Dokumentation in Form eines Animationsfilms von und über Ari Folman kann man nur als Meisterwerk auf ganzer Linie bezeichnen. Die herausragend komponierten Bilder setzen das auf realen Interviews basierende Geschehen feinfühlig und technisch perfekt in Szene. Dabei wird das gesamte Repertoire von abstrakt-monochrom über analytisch-realistisch bis zu psychedelisch, an Pop-Art erinnernd stilsicher genutzt. Entsprechend werden die Bilder der mehrschichtigen Handlung, im Rahmen derer Gegenwart und Vergangenheit sowie Erinnerung und Realität zusehends in einander übergehen, voll und ganz gerecht. Die Wahl einer kraftvollen Perspektive gepaart mit ungewöhnlichen Schnitten und gewagten Einstellungen vermag zusammen mit dem eingängigen Soundtrack auf ganzer Linie zu überzeugen.

Gerade durch den abstrakten Animationstil und die unwirklichen, teils grotesken Elemente wie Aris Walzer mit dauerfeuerndem Maschinengewehr inmitten eines tödlichen Kugelhagels oder die Deliriumsvision einer überlebensgroßen nackten Frau als schwimmendes Rettungsboot wird die Darstellung des Krieges ertragbar. Doch bald merkt der Zuschauer, dass er so zwar von der physischen Brutalität der Kriegshandlung verschont bleibt, den psychischen Druck und moralischen Verfall dafür aber in ganzer Härte präsentiert bekommt. Man sitzt mit einem vor Schrecken eingefrorenen Grinsen wie erstarrt im Kino und möchte weinen — über den Krieg, über die Menschen, über alles — bis plötzlich die Bilder real werden und man selbst allein ist — nur mit dem Geräusch des eigenen Atems und den Schreien des Massakers von Sabra und Schatila.

Eine sehenswerte Dokumentation, deren Härte nicht unter dem erfrischend avantgardistischen Stil leidet.

Patrick

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
Links zum Beitrag:
Offizielle Seite zum Film. (en)
Waltz with Bashir bei IMDb. (en)
30. Oktober 2008

Willkommen bei den Sch’tis

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 17:42

Willkommen bei den Sch'tis Die Sneak in Münster scheint sich gerade in eine multikulturelle Phase zu begeben. Nach fast einem Jahr mit nur deutschen oder englischen Fassungen kam am 21.10. endlich ein französischer Film, der zwar auch als deutsche Fassung, zusätzlich aber als OmU lief. (Und das ist noch gar nichts im Vergleich zum Film vom 28.10., den Patrick bald rezensieren wird!) Pech für mich, dass mein Mitsneaker gar kein Französisch sprach und wir deshalb in die deutsche Fassung gegangen sind. Es sollte sich allerdings als die richtige Entscheidung erweisen, denn dieser Film lebt von seiner Sprache!

Philippe, der bei der Post angestellt ist und in der Provence lebt, wird gegen seinen Willen in den nördlichsten Teil Frankreichs versetzt, nämlich nach Bergues in das Département Nord-Pas de Calais, nahe der belgischen Grenze. Der Zuschauer erfährt auch bald, warum dies als Strafversetzung angesehen wird: Aus Sicht der Südfranzosen ist der Norden eine kalte, von allen guten Geistern verlassene Gegend: Die Temperaturen sollen maximal auf 0°C klettern, alle Einwohner sollen Alkoholiker sein und ein unverständliches Kauderwelsch reden. Und so kommt es, dass Philippe seine Frau Julie und den gemeinsamen Sohn im Süden zurück lässt und sich alleine auf den Weg nach Norden macht.

Der geneigte Leser wird sich denken können, dass diese Beschreibung mehr Vorurteile als Fakten enthält - schließlich liegt Münster ein ganzes Stück nördlicher als Bergues, ohne dass man hier von Polartemperaturen sprechen könnte. Philippe muss jedoch feststellen, dass die Gerüchte im Hinblick auf die Sprache stimmen, und dass er die Einwohner, die das sog. “Sch’ti” sprechen, zunächst nicht versteht. Mit der Zeit gewöhnt er sich - wie es nicht anders zu erwarten war - an Land und Leute und steht nur vor der Frage, wie er seiner Frau erklären kann, wie das Leben in Bergues wirklich ist…

Der Film gewinnt einen großen Teil seiner Komik durch die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Philippe und den Sch’ti. Aus diesem Grund wurde für die deutsche Fassung eine Kunstsprache entwickelt, die gar nicht ‘mal so schlecht klingt. Trotzdem wäre es natürlich schöner, die Originalsprache der Ch’tis (wie sie im Französischen heißen) zu hören. Kennt man zudem noch das französische Milieu und kann die Vorurteile von Philippes Freunden richtig einordnen und wiedererkennen, erhält der Film eine humorvolle Komponente, die er in der deutschen Synchronisation nicht haben kann. Es ist kein Wunder, dass der Film in Frankreich der erfolgreichste französische Film aller Zeiten ist. Ein kleines Wunder wäre es aber, wenn er das hier werden könnte - dafür ist der Konflikt uns Deutschen in aller Regel einfach zu wenig vertraut.

Trotzdem - der Film ist so gut synchronisiert, wie das unter den Umständen möglich ist, sehr unterhaltsam und kurzweilig - eine klare Empfehlung! Da verzeiht man leicht die wenig originelle Story. Wer ausgezeichnet Französisch spricht, hat sicher Freude an dem Original, für alle anderen wird es jedoch vermutlich anstrengend. (Da ich den Film bislang nur auf deutsch gesehen habe, ist das allerdings reine Spekulation.)

Viereinhalb von fünf Sternen für diese charmante Komödie!

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (7 Stimme(n), durchschnittlich: 4,57 von 5)
24. Oktober 2008

Blindness – Die Stadt der Blinden

Category: Film,Münster,Sneak — Patrick @ 21:11

Blindness - Die Stadt der BlindenEin Mann hält mit seinem Wagen an einer Kreuzung und wartet auf grün, als er plötzlich nur noch grelles Weiß sieht. Die “weiße Blindheit” stellt nicht nur den konsultierten Augenarzt vor ein Rätsel, sondern verbreitet sich obendrein einer grassierenden Seuche gleich rasend schnell unter der Bevölkerung, sodass die Regierung alle Betroffenen in einer ausgedienten Irrenanstalt unter Quarantäne stellt. Vollkommen von der Außenwelt isoliert, unter militärischer Bewachung, wo aus Angst vor Ansteckung eher einmal zu viel als zu wenig geschossen wird, und mit nur knapper Nahrungs- und Medikamentenversorgung degenerieren Zivilisation und Sozialstruktur unter den eingesperrten Blinden zusehends. Während in einem Flügel der ebenfalls erblindete Augenarzt und seine Frau, die aus ungeklärten Gründen gegen die Seuche immun ist und als einzige sehen kann, versuchen, das beste aus den widrigen Umständen zu machen und ihren Leidgenossen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, bricht in einem anderen, nur von Männern bewohnten Flügel der Despotismus aus. Mit Waffengewalt bringen sie alle Nahrungsreserven an sich und geben diese anfangs noch gegen Schmuck und Wertgegenstände, später nur noch gegen körperliche Dienstleistungen der Frauen aus den anderen Flügeln her.

Die Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit, der moralische Verfall, die Auflösung des Menschlichen, das ausgehungerte Dahinvegetieren in den eigenen Fäkalien und schließlich die erbarmungslose und brutale Massenvergewaltigung werden dem Zuschauer in etsättigten dichten und wirkungsvollen Bildern mit genau so eindrücklicher und erschreckender Geräuschkulisse unerbittlich aufgebürdet. Jedesmal, wenn man glaubt, am absoluten Tiefpunkt menschlicher Entfremdung angekommen zu sein, muss man feststellen, es geht noch schlimmer. Immer schwächer flackert das letzte Licht von Zusammenhalt und Anteilnahme…

Entsprechend setzt dieser durchaus sehenswerte, aber absolut unschöne Film voll und ganz auf den sozialen Verfall in der durch Blindheit praktisch unerträglichen Isolationssituation. Nach Charakterentwicklung in dieser Ausnahmesituation sucht man ebenso vergeblich wie nach logischen Erklärungen der Gesamtsituation oder dem in der Romanvorlage verwendeten Stilmittel der Erblindung als Allegorie für die innere Blindheit des Menschen sich selbst und seinen Mitmenschen gegenüber. Entsprechend fade und kraftlos wirkt auch das Ende, das zwar nicht ganz dem Hollywood-Klischee entspricht, dem starken Mittelteil des Film dennoch ganz und gar nicht gerecht wird.

Patrick

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
Links zum Beitrag:
Blindness bei IMDb.