23. März 2008
Stell’ dir vor, da ist ein Museum und keiner geht hin…
Gut, der typische Anfangs-Zwanziger hat in seiner Freizeit häufig besseres zu tun, als sich in Museen herumzutreiben; es locken Bars, Parties und die Einkommenssteuererklärung (so man nicht den Weg des Studierens gewählt hat - einen Vorteil hat das Ganze dann wohl doch). Doch wenn es einmal Nachmittag wird, man langsam aus dem Dämmerschlaf der vorherigen Nacht erwacht ist, das Wetter zwischen Schnee und T-Shirt-Eignung hin und her pendelt, dann kommt man manchmal auf Ideen.
[Warning: Lokalpatriotismus ahead] Ihr Gipsträger dieser Welt, ihr Autobesitzer, Gallensteingeplagten, Astronomen und Mumienfans: Ihr alle hättet wenig zu lachen, wäre vor etwas mehr als hundert Jahren ein wundersamer Herr aus dem von hier aus einen Steinwurf entfernten Lennep nicht auf die Idee gekommen, die Hand seiner Frau in eine Maschine zu stecken, die mindestens ebenso wunderlich war, wie er selbst…
Der Herr Röntgen (Wilhelm Conrad, wie ihn seine Freunde nannten) fand, richtig Kinder, die Röntgenstrahlen, die zunächst als Jahrmarktattraktion und sogar Mittel zur Verbrechensbekämpfung, ebenso (und heute ja auch noch) zu medizinischen, materialtechnischen und noch viel merkwürdigeren Zwecken genutzt wurde.
Genau diesem Herrn Röntgen hat man bereits vor diversen Jahren ein Museum gebaut; eines dieser üblichen 70er-Jahre-Museen mit ein paar Knöpfen, die ein paar Blinklichter ihre Arbeit tun lassen, aber drumherum mit ganz viel Text, etwas weniger Bildern und noch weniger Begeisterungsfähigkeit für kleine und große Entdecker. Seit einigen jahren ist man nun mit dem Umbau beschäftigt und mittlerweile ist der erste Teil abgeschlossen.
Das einst latent staubige Museumsflair wurde durchgehend durch Modernität ersetzt. An den Wänden hängen hippe Touchscreens, die dem Besucher die Informationen liefern, die er gerade haben möchte. In Röntgens Arbeitszimmer steht ein Schreibtisch, in dem neugierige Kinder auch schon mal die Rechnung vom Seifenhändler um die Ecke, unterschrieben von Röntgen persönlich, finden können. Alles ist anfass- und benutzbar, auch der Flipper, mit dem man Elektronen durch die Gegend schießen oder das Terminal, an dem man die Unterschiede zwischen Röntgenstrahlung und sichtbarem Licht anschaulich selbst ausprobieren kann.
Dazwischen gibt es viel, viel zu sehen, besonders natürlich Massen an Röntgenaufnahmen (eine Frau beim Schminken, eine Taschenuhr, eine Geige…) und Geschichten um ihre Entdeckung.
Noch ist das Ganze nicht fertig, der Rest des Umbaus soll erst 2009 beginnen. Schon jetzt lohnt sich aber ein (kostenloser!) Besuch, gerade für diejenigen, die eigentlich mit Museen nicht viel anfangen können.
(Und jetzt wartet nur, bis ich die Eindrücke aus dem Louvre in Paris von vor einigen Monaten verdaut habe…)
Dennis
Links zum Beitrag:
- Die offizielle Website (leider latent informationsfrei)
- Röntgen
Alles begann mit einem Sessel…
Auf dem machten es sich Juno MacGuff und ihr bester Kumpel Paulie Bleeker eines Abends bequem und heraus kam dabei ein kleines Problem, das sich innerhalb der nächsten neun Monate zu einem etwas größeren Problem auswachsen wird. Nachdem ihr Vater und ihre Stiefmutter den ersten Schock überwunden haben (“ich hatte gehofft, sie wäre von der Schule geflogen oder hätte Probleme mit Drogen, aber das…”), stellt man sich der Herausforderung. Juno, die beschlossen hat, das Kind zwar auszutragen, aber direkt zur Adoption freizugeben, findet schnell das perfekt scheinende Ehepaar Vanessa und Mark, die schon lange versuchen, Kinder zu bekommen. Doch was wird mit Bleeker? Eignen sich Vanessa und Mark wirklich als Eltern? Und wer hat blauen Slushie in die Urne von Junos Stiefmutter gekotzt? …
Ahem. Gut. Was ist also Juno? Irgendwie ist es ein ganz normaler Teenagerfilm mit ganz normalen (eigentlich äußerst seltsamen aber mit sechzehn ist ja ebendies normal) Teenagern. Juno wird im Laufe ihrer Schwangerschaft mit so Einigem konfrontiert - meistens jedoch mit Ablehnung. Auch sie selbst ist nicht besonders reif für ihr Alter oder bemerkenswert stark. Sie reagiert eben so, wie man es von einem pubertierenden Menschen erwartet.
Jason Reitman, Sohn des legendären Ghostbusters-Regisseurs Ivan Reitman, zeigt uns hier eben das ganz normale Leben, das sich so an jeder Straßenecke abspielt. Überall finden wir kleine Geschichten über die Cheerleaderin, die nebenbei auf Lehrer steht, den coolen Sportler, der doch insgeheim von den merkwürdigen Mädels träumt oder der introvertiere Kumpeltyp, in dem doch eben mehr als dies steckt.
Das alles wird zusammengehalten von der grandiosen Performance Ellen Pages. Sie füllt Juno mit so viel Leben, so vielen dummen Sprüchen, so viel Selbstsicherheit aber auch Zerbrechlichkeit, dass man ihr jeden Moment abnimmt. Zwar habe ich La Vie en Rose, für das Marion Cotillard den Oscar als beste Hauptdarstellerin bekommen hat, nicht gesehen, aber so viel besser als die Einundzwanzigjährige kann sie eigentlich nicht gewesen sein.
So muss sich Juno mit dem 2008er-Oscar für das beste Drehbuch zufrieden geben - vielleicht etwas überraschend anhand der großen, berühmten Konkurrenz, doch irgendwie auch wieder verdient. Allein die Fähigkeit, so viele kopfschüttelnerregende Sprüche in 96 Minuten Film zu packen, verdient eine Auszeichnung. Zitat gefällig?
Stiefmutter zur Ultraschalltechnikerin: Oh, you think you’re hot shit ‘cause you get to sit over there and play Pictionary, well guess what? My five year old daughter could do that and let me tell you, she’s not the brightest bulb in the tanning bed. So until you have your own kid, why don’t you just go back to nightschool in Mankato and get a real job.
Hehe. Rechts und links.
Zu alledem auch noch ein frickelig-prickelnder Indie-Soundtrack mit ganz vielen komischen unbekannten Bands…
auch hier wieder (ich fürchte, es wird bald wieder Zeit für einen richtigen Verriss - die letzten Filme waren einfach zu gut) eine Sehempfehlung. Vier von fünf Splattermovie-Videos für Juno.
Dennis
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- Juno bei imdb
- Ein paar Zitate aus dem Film
- Ellen Page – im Auge behalten!
- Jason Reitman bei imdb
- Der Trailer
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Will Hayes hat’s eigentlich ganz gut; wenn man davon absieht, dass seine Frau gerade die Scheidung durchdrückt und seine Tochter Maya um jeden Preis wissen will, wie er denn Mama kennengelernt habe. Natürlich, denn sonst wäre der Film schon zu Ende, gibt Will nach und erzählt der kleinen Tochter sein Liebesleben inklusive aller Details:
Als da wären die obligatorische College-Liebelei, die neue Arbeitskollegin in der fernen Stadt New York und eine Journalistin, die eigentlich mit einem chaotisch-unkonventionellen Autor liiert ist. Wir (und Maya) erfahren, was Will (also Papa) wann, wo, mit wem, wie lange, usw. hatte. Maya hat die Sache schon durchblickt, wenn sie fragt, wie man denn eine männliche Nutte nenne; aber natürlich hat sie ihren Daddy trotzdem lieb. Der hat ja auch gar nichts schlimmes gemacht - außer vielleicht sein Liebesleben vor der eigenen Tochter auszubreiten…
Sicherlich hat der Film einige Lacher auf seiner Seite; insbesondere die Darstellung des Präsidentschaftswahlkampfs und der Politikerwelt sowie der genial exzentrische Schriftsteller (Kevin Kline) rufen ein herrlich ironisches Schmunzeln hervor. Davon abgesehen bietet der Film nicht mehr als eine lauwarme, kaum glaubhafte Geschichte.
Gerade so eben eine 3 und keinesfalls mehr als zweieinhalb von fünf Jane Eyre Büchern.
Patrick
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- Definitely, Maybe bei IMDb
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22. März 2008
Abgedreht ist ein urkomischer und liebenswerter Film über Träume, Menschlichkeit und das Medium Film.
Als Mr. Fletcher seine altertümliche Videothek, die im Zeitalter silberner Scheiben noch ganz auf die guten alten VHS-Bänder setzt, für kurze Zeit in die Hände von Mike (Mos Def) gibt, ist das Chaos schon vorprogrammiert. Das benachbarte Kraftwerk hat seinem Busenkumpel Jerry (Jack Black) nicht nur das Hirn (an)frittiert, sondern ihn auch durch und durch magnetisiert. Kaum betritt Jerry also die Videothek, ist’s auch schon geschehen: alle Bänder sind gelöscht.
Was tut man in einer solch ausweglosen Situation? Genau, es gibt nur eine Möglichkeit: Man dreht die Filme kurzehand neu. Und so entstehen Ghostbusters, Der König der Löwen, Robocop und unzählige weitere Streifen in liebevoll einfachen Hinterhofproduktionen neu. Sehr zur Freude der Kunden, bei denen diese “geschwedeten” Fassungen deutlich besser ankommen als die Orginale.
Und sie drehten glücklich weiter bis ans Ende ihrer Tage - natürlich nicht, denn die MPAA lässt entrüstet ob der schändlichen Copyright-Missachtung die ganze Produktion buchstäblich einstampfen. Doch für unsere “Helden” ist das noch lange kein Grund aufzugeben.
Dieser Film ist einfach nur wunderbar! Zwar kann man die Handlung getrost als seicht bis hirnverbrannt abschreiben, aber die Botschaft über Gefühl, Menschlichkeit und den Glauben an eine bessere Welt werden so warm und unaufdringlich präsentiert, dass es gar keiner komplexen Handlung bedarf. Obendrein ist der Film stimmig bis in die kleinen Details, deren es mehr gibt, als man beim ersten Sehen bemerkt.
Für mich ist dieser Film der Grund, warum ich jede Woche in die Sneak gehe - die Faszination der auf Zelluloid, Band oder Silberscheibe gebannten Bilder und Geschichten. Das Eintauchen in eine andere Welt beim Flackern von Fernseher oder Projektor. Es lebe der Film!
Wie gesagt: eine wundervolle 1- mit viereinhalb von fünf Nudelsieben (extra für Dennis).
Patrick
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16. März 2008
Horton ist ein Elefant wie jeder Andere. Er lebt im Dschungel von Nümpel, verbringt seine Tage am Liebsten damit, in Tümpeln zu schwimmen und ist ein netter und gutherziger Kerl.
Eines Tages jedoch (um genau zu sein am 15. Mai, um die Mittagszeit) hört Horton einen Hilferuf von einem Staubkorn. Auf diesem Staubkorn leben die winzig kleinen Hus in ihrer Stadt Huheim. Der Bürgermeister von Huheim schafft es schließlich, sich mit Horton zu verständigen und bittet ihn, einen sicheren Ort für die Hus zu finden…
Klingt merkwürdig? Ist es auch. Horton Hears A Who stammt ursprünglich von einem Kinderbuch des in den USA äußerst bekannten Theodor “Dr. Seuss” Geisel und wurde vom 20th Century Fox-Animationsteam verfilmt, das schon für Ice Age und Ice Age 2 verantwortlich war. Im Gegensatz zu den beiden Filmen hatte ich jedoch bei Horton durchaus meinen Spaß.
Zunächst die technischen Hintergründe: Die Animationen sind klasse, nicht wirklich auf Pixar-Niveau (wer hat den Wall-E-Trailer noch nicht gesehen?), aber mit einem eigenen Stil, der sehr gut zur Kinderbuchvergangenheit der Story passt. Der Soundtrack von John Powell, der mir bisher nur aus dem Shrek 1-Soundtrack wirklich in den Hirnwindungen hängen geblieben war, ist gut wenn auch nicht wirklich außergewöhnlich.
Wichtig bei Animationsfilmen sind natürlich die Sprecher. Im Original wird Horton von Jim Carrey gesprochen, der laut einigen Making-Ofs auch so einigen Einfluss auf die Story genommen hat. Im Deutschen übernimmt Christoph Maria “Stromberg” Herbst diese Rolle und macht seine Sache überraschend gut. Auch Anke Engelke als böses Känguruh passt sehr gut.
Horton Hears A Who steckt voller durchgeknallter Ideen und man merkt an jeder Ecke, wie viel Spaß die Autoren beim Schreiben des Drehbuchs gehabt haben müssen - Die Vorstellung von Welten, auf denen nur Ponies leben, die Regenbogen fressen und Schmetterlinge pupsen sei da nur als ein Beispiel genannt. Genau diese Verrücktheit ist es, die den Film sehenswert macht und - zumindest in meinen Augen - vom etwas flachen Ice Age abhebt.
Also, schnappt euch ein paar kleinere Kinder, Freunde, Familie oder wen ihr auch immer gerade findet, vergesst für einen Moment, dass ihr ja ganz groß und erwachsen seid und schaut euch Hortons Suche nach einem Platz für die Hus an.
2+ für einen wirklich, wirklich wahnsinnigen Film!
Dennis
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- Horton bei imdb
- John Powell bei imdb
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15. März 2008
Erica und David leben zusammen mit ihrem Hund in einem kleinen Apartment in New York. Sie lieben sich, schmieden Heiratspläne, wählen die Farbe der Einladungen aus… bis sie an einem Abend mit ihrem Hund spazieren gehen und von drei Männern überfallen und brutal zusammengeschlagen werden. Erica überlebt schwer verletzt und nachdem sie aus dem Koma aufwacht, erfährt sie, dass ihr Verlobter getötet wurde. Sie kehrt aus dem Krankenhaus zurück in die Stadt, die sie zuvor so liebevoll in ihrer grandios poetischen Radiokolumne beschrieben hat und vor der sie sich nun so fürchtet.
Aus Angst tut sie das, was so viele Menschen in dieser Situation tun: Sie flüchtet sich in scheinbare Sicherheiten, zunächst in ihre Wohnung, dann in einen Waffenladen. Als sie dann in einem kleinen Laden miterlebt, wie ein Mann seine Freundin erschießt, handelt sie in Notwehr und erschießt wiederum ihn und flüchtet.
Während einer U-Bahn-Fahrt am nächsten Tag erlebt sie, wie zwei Jugendliche die anderen Fahrgäste belästigen, bestehlen und schließlich aus dem Zug vergraulen. Als sie sich ihr mit eindeutigen Absichten nähern, erschießt sie auch diese beiden…
Die Fremde in dir ist ein sehr, sehr schwieriger Film. Jodie Foster, für die ich schon immer eine kleine Schwäche habe, macht ihre Sache so verdammt gut, dass man ihr die Angst, die langsam aber sicher in Wut umschlägt, sofort abkauft. Auch ihre Selbstzweifel, die Furcht vor dem, was da mit ihr passiert, wirken keinen Moment unecht oder gekünstelt. Und als sie schließlich beinahe nach gefährlichen Situationen zu suchen scheint, in denen sie selbst Gerechtigkeit ausüben kann, dann wirkt sie wie der schrecklichste Racheengel, der je auf Kinoleinwänden gewandelt ist.
Der Film nimmt den ihn Sehenden mit, er ist anstrengend, schmerzhaft und wirft mich immer wieder wie von Frau Gröner (siehe Links weiter unten) schon so schön beschrieben zwischen zwei Extremen hin und her: Der gesetzestreue Bürger in mir ist natürlich immer empört, wenn Erica Menschen umbringt, aber die rachelüsternen Urinstinkte werfen oft ein “Aber verdient haben sie’s doch” dazwischen…
Schaut euch Die Fremde in dir an - aber nicht allein. Wenn ihr euch auch nur ein kleines bisschen auf den Film einlasst, werdet ihr nach dem (zugegebenermaßen etwas merkwürdigen) Ende mit jemandem darüber reden wollen.
Trotz inhaltlicher Schwächen eine verdiente 2 und sei sie nur für Jodie Foster.
Dennis
Links zum Beitrag:
- Rezension bei Frau Gröner
- The Brave One bei imdb
4. März 2008
Und hier haben wir gleich noch einen Film über die Irrungen und Wirrungen von Männlein und Weiblein auf ihrem (Um)weg zueinander: Dan in Real Life ist eine seicht beschwingte Komödie mit viel Witz und Charme über den jungen, Witwer Dan, der als alleinerziehender Vater und aufstrebender Kolumnist die Frauenwelt fast vergessen hat, bis er eines Tages der Einen begegnet.
Dan ist ein guter Vater, aber ein schlechter Daddy. Seine drei Töchter ertränkt er augenscheinlich mit Fürsorglichkeit und Bevaterung (Ok, keine weiteren Neologismen mehr - ich versprechssuchs). Dass Cara aber eigentlich nur in Ruhe mit ihrem ersten Freund knutschen möchten, entgeht ihm dabei genau so, wie dass seine Jüngste Lilly langsam “selber denken” kann und kein Kleinkind mehr ist. Natürlich kommt da auch nicht in Frage, dass Jane mit Papas Auto das Fahren übt.
Alles in allem besonders fatal, weil seine väterliche Aufopferung ihn nicht nur effektiv vom anderen Geschlecht fernhält, sondern obendrein noch ihr Ziel völlig verfehlt.
Dabei sollte er es doch besser wissen, schließlich ist er Autor einer Kolumne, die hilfreiche und vernünftige Tipps für alle Lebenslagen bietet. Würde er besser mal lesen, was er anderen ans Herz legt.
Bei dem alljährlichen Familientreffen kommt es dann ganz anders. In einem Buchladen trifft er auf Marie, gibt sich in einer köstlichen Szene als Buchhändler aus und schwatzt ihr einen wahllosen Stapel Bücher auf. Es folgen Konversation, Funkenflug und der obligatorische Rufnummerntausch. Begeistert erzählt Dan seiner Familie von dieser wundervollen Begegnung, um dann Marie im Flur zu treffen - als Gast und Freundin seiner Bruders Mitch.
Wie verworren, turbulent und chaotisch das Familientreffen vor lauter Beziehungskisten wird, kann man sich leicht denken. Obendrein sehr faszinierend (und beruhigend), dass eine amerikanische Familie mehrere Tage in einem abgelegenen Ferienhaus ohne technische Geräte (kein Fernseher!) nur mit Konversation, geselligem Beisammensein, Football, Kreuzworträtseln, Essen und Gesang glücklich sein kann. Ob das jedem hier auch gelänge?!
Insgesamt ein köstlich charmanter Film, der auf lustige Weise mitten ins Schwarze trifft: 2.
Schaut ihn euch an!
Patrick
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- Dan in Real Life bei IMDb
25. Februar 2008
Warum schreibe ich hier beinahe jeden zweiten Montag (und noch so einige Male drumherum), wie mir ein Film gefallen hat? Warum gibt es Sneakcast überhaupt? Warum mache ich mir die Arbeit, die ohnehin von wenig mehr als drei Leuten gelesen wird? Wegen Filmen wie Lars und die Frauen.
Wer den Titel liest, denkt unweigerlich an eine weitere Auflage der berüchtigten deutschen Liebeskomödie - und könnte kaum weiter von der Wahrheit entfernt sein.
Lars Lindstrom lebt in einer Garage irgendwo im Nirgendwo. Seit dem Tod seines Vaters wohnt sein Bruder Gus mit seiner Frau Karin im Haus der Eltern und beide versuchen, den einsiedlerischen Lars in ihr Leben zu integrieren. Das scheitert jedoch grandios - bis zu dem Tag, an dem die große Holzkiste bei Lars ankommt. Darin: Eine lebensgroße Schaufensterpuppe (“anatomisch vollkommen korrekt”): Bianca. Lars stellt sie allen als seine neue Freundin vor, unterhält sich mit ihr, zeigt ihr die Stadt und lebt seine Wahnvorstellung voll aus.
Halt! Nicht aufhören zu lesen. Ich weiß, dieser Anfang hat das Potenzial für einen richtig, richtig schlechten Film. Aber Lars und die Frauen ist anders, so anders, dass es mir gerade schwer fällt, zu beschreiben, inwiefern und warum.
Vielleicht, weil es (wie Lars bei Bianca ja auch) nicht um äußere Werte geht. Obwohl es hier ja um ein nicht zu unterschätzendes Problem - nämlich ein großes psychologisches - geht, fühlt sich der Film keine Sekunde lang schwer oder erdrückend an. Die federnde Leichtigkeit der Szenen, in denen Lars auftaut, aus sich heraus geht, das Leben genießt stehen im wundervollen Gegensatz zu den Szenen, in denen wir sehen, wie die Stadt auf Bianca reagiert. Natürlich ist man zunächst misstrauisch, aber als allen klar wird, dass dies hier wichtig ist, dass man Lars vielleicht nur helfen kann, indem man mitspielt, Bianca als genau so real behandelt wie Lars es tut, wächst die Stadt zusammen.
Als dann das unvermeidliche (und natürlich auch relativ vorhersehbare) Ende kommt, fühle ich mich wieder zurückversetzt in Filme wie Waking Ned oder die wahrscheinlich bis in alle Zeiten ungeschlagene Nummer eins der Feel-good-Filme Big Fish, bei denen ich grenzdebil grinsend im Abspann hocke und erst langsam aus dieser Traumwelt aufwache. Schuld daran ist hauptsächlich Ryan Gosling, der Lars so unglaublich überzeugend und… wirklich spielt, dass man ihm alle seine kleinen Ticks, alle Eigenheiten, Panikattacken und Ängste sofort und ohne den kleinsten Zweifel abnimmt.
Das alles klingt jetzt fürchterbar konfus, ich weiß, aber gebt dem Film eine Chance. Lasst euch nicht von Inhaltsangaben, Schauspielernamen oder Wertungen beeinflussen. Geht mit frischem Kopf und viel Luft im Hirn ins Kino und schwebt so wie ich wieder hinaus, das kleine Tränchen aus dem Augenwinkel drückend. Denn Lars und die Frauen ist schön, einfach nur schön. Nicht kitschig, überkandidelt, moralinsauer oder wie man solche Filme sonst leider so oft beschreiben kann: Einfach schön.
Und weil mir gerade so überhaupt nichts einfällt, was mir nicht gefallen hat (und natürlich auch, weil ich diese “Rezension” gerade im äußersten Affekt schreibe), bekommt Lars und die Frauen von mir einmalige fünf Schaufensterpuppen. Damit ihr auch wisst, dass es mir ernst ist!
Ins Kino und anschauen! Sofort! Bevor der Zauber wieder verflogen ist…
Dennis
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- Lars und die Frauen bei imdb
- Waking Ned bei imdb
- Big Fish bei imdb
- Ein Trailer
Es ist kaum zu glauben - ich kann schlichtweg nicht fassen, dass für “No Country for Old Men” insgesamt 4 (in Worten: vier) Oscars (bester Film, bestes adaptiertes Drehbuch, bester Nebendarsteller, beste Regie) vergeben wurden. Da frage ich mich ernsthaft, ob mein pseudo-cineastischer Filmgeschmack wirklich so verkümmert ist, oder ob das nicht eher bei “all den anderen” der Fall ist.
Es geht um schmutziges Geld aus Drogengeschäften, einen psychopathischen Killer, der hinter diesem Geld her ist, und das eintönige, harte Leben im amerikanischen Westen. Der Film erscheint auf den ersten Blick inhaltlich seicht, ist aber - wie man bald feststellt - durchaus verwirrend und kompliziert. Man fragt sich andauernd “Warum?” oder “Was?” und bleibt sich mit diesen Fragen grundsätzlich selbst überlassen.
Vielleicht ist es genau dieser Hauch von “Indie-Flair”, der dem Film die goldenen Trophäen eingebracht hat. Denn eine typische Hollywood-Produktion ist er keineswegs. Aber ob das allein Rechtfertigung sein kann?
Wodurch er sich sonst noch auszeichnet? - Fragt mich nicht!
Von mir bekommt er keine Oscars, sondern eine gnädige 4+.
Patrick
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- No Country for Old Men bei IMDb
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20. Februar 2008
Eigentlich sind (Anti)kriegsfilme (noch dazu die amerikanische Variante) gar nicht mein Ding. Umso mehr hat mich “Im Tal von Elah” positiv überrascht.
Als der ehemalige Militärpolizist Hunt Deerfield erfährt, dass sich sein Sohn Mike nach der Rückkehr aus dem Irak unerlaubt vom Stützpunkt entfernt hat und spurlos verschwunden ist, beginnt er mit eigenen Nachforschungen. Durch vortreffliche Kombinationsgabe und verbissene Gründlichkeit stellt er dabei bald die offiziellen Ermittler von Militär und Polizei in den Schatten. Erstere scheinen sowieso mehr an der Verschleierung der Ereignisse als an deren Aufklärung interessiert zu sein. Letztere halten sich zunächst für nicht zuständig und glänzen durch eher oberflächliche Ermittlung, bis Hunt schließlich Detective Emily Sanders trotz aller Widrigkeiten für den Fall gewinnt.
Doch das, was die Ermittlungen schließlich ans Licht befördern, schockiert alle Beteiligten gleichermaßen. Ist der Krieg als solcher schon schlimm genug, so scheint sich die wahre Hölle für die Soldaten erst nach ihrer Rückkehr aufzutun.
Kann wer im Überlebenkampf die Menschlichkeit verloren hat, je wieder “normal” unter Menschen leben?
Der Film vermag darauf keine Antwort zu geben, setzt sich aber sehr ernsthaft und differenziert mit der Thematik auseinander. Keine Spur vom sonst allgegenwärtigen, amerikanischen Patriotismus, kein perfektes, glänzendes Militär. Stattdessen eine glaubhafte Zeichnung der Schrecken des Krieges und seiner psychischen Folgen. Und anders als der Titel befürchten lässt, auch keine naive Religionshörigkeit oder überflüssige Moralpredigten.
Ich würde fast sagen, dass ist einer der besten Filme dieses Genres, die ich bisher gesehen habe.
Obendrein sind die schauspielerischen Leistungen wirklich ausnahmslos genial. Herausragend: Tommy Lee Jones spielt den alten, verbitterten, verbissenen Ex-Militär Hunt mit messerscharfen Verstand, harter emotionsloser Schale, aber großem Herz derart vielschichtig und authentisch, dass man meinen könnte, diese Person sei real. Das Leben zwischen emotionaler Verdrängung und seelischem Zusammenbruch, die unbedingte Suche nach der Wahrheit und schließlich die weltbildverändernde Erkenntnis kommen absolut glaubhaft rüber.
Für die Korinthenkacker wie mich bleibt nur der Makel, warum ein blaues Auto unter gelbem Licht grün aussehen sollte - mal wieder falsch.
Meines Wissens werden in den USA anders als in Europa hauptsächlich Niederdruck-Natriumdampflampen zur Straßenbeleuchtung verwendet. Das gelbe Licht dieser Leuchtmittel besteht quasi ausschließlich aus der Na-D-Doppellinie und enthält keine anderen Farbanteile als gelb. Folglich macht es jedwedes Farbensehen unmöglich; Autos gleich welcher Farbe erscheinen dann allesamt mehr oder weniger gelb-grau.
Wenn es sich dagegen um eine Hochdruck-Na-Dampflampe mit breitem Spektrum (oder hypothetisch einer Glühlampe hinter gelbem Glas) handeln sollte, könnte man sogar die “echten” Farben der Autos erkennen. Wie man es auch dreht und wendet: Blaue Autos werden nicht grün - in der Lackiererei vielleicht, unter gelbem Licht sicher nicht!
Trotzdem, wirklich guter Film: 2.
Patrick
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- In the Valley of Elah bei IMDb
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