19. November 2008

Im Winter ein Jahr

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 13:24

Im Winter Ein Jahr Kurz vor dem jährlichen Sneak-Marathon (über den hier in Kürze berichtet werden wird) bescherte uns die Sneak in Münster einen deutschen Film. Im Winter ein Jahr ist der neue Film von Caroline Link, die bislang als einzige deutsche Regisseurin einen Oscar erhalten hat (für Nirgendwo in Afrika). Nach dem, was ich bei Im Winter ein Jahr gesehen habe, würde ich sagen, dass sie eine solche Auszeichnung verdient hatte. Gute Schauspieler, stimmige Kameraführung und eine ruhige, atmosphärische Erzählweise machen diesen Film zu einem durchaus gelungenen Werk.

Im Winter (der Film beginnt im Spätsommer und endet beim ersten Schnee) ist es ein Jahr her, dass der 19-jährige Alexander gestorben ist. Seine Mutter (Corinna Harfouch) beauftragt den Maler Max Hollander (Josef Bierbichler), ein Bild von dem verstorbenen Alexander und der (noch lebenden) Tochter Lilli (Karoline Herfurth) zu malen. Während Max versucht, etwas über Lilli und Alexander und ihr Verhältnis zueinander zu erfahren, wird der Zuschauer immer mehr in den Bann der komplexen Beziehungen gezogen, die die einzelnen Familienmitglieder zueinander haben.

Schnell wird klar, dass Lillis Probleme im Mittelpunkt des Films stehen. Schon die allererste Szene des Films vermittelt einen Eindruck, worin diese bestehen: Alexander tanzt mit geschlossenen Augen und Walkman durch den Garten, während die ersten Schneeflocken fallen. Seine Mutter filmt ihn dabei lachend mit der Videokamera. Dann wechselt die Kamera und man sieht, wie Lilli die beiden durch ein Fenster im oberen Stockwerk beobachtet - allein, verlassen, vergessen. Den ganzen Film über kann man beobachten, dass die Eltern ihrer Tochter nur oberflächliche Aufmerksamkeit schenken. Symptomatisch ist die Szene, wie der Vater sie nach ihren Fortschritten an der Tanzakademie, an der sie studiert, fragt, das Thema jedoch sofort fallen lässt, ohne ihr eine Chance zu geben, wirklich darüber zu sprechen. Wenig wundert es den Laienpsychologen, dass Lilli eine insbesondere sexuell herausfordernde Gestik und Mimik entwickelt. Hier lebt der Film wie in weiten Teilen von der glänzenden Darbietung von Karoline Herfurth, die ihr schauspielerisches Format in dieser schwierigen Rolle beweist.

Der Film ist auf seine eigene Art spannend, weil man nicht vorhersagen kann, wie der Film weitergehen wird. Während verschiedene Handlungsstränge auftauchen, vermittelt der Film insgesamt ein großes Stimmungsbild einer Familie, die mit einem Verlust klarkommen muss. Das Thema des Films ist u.a. Trauerbewältigung, und Caroline Link gelingt es wunderbar, das Thema abzuhandeln, ohne ins Kitschige zu verfallen. Diejenigen, die den Film gesehen haben, mögen mal versuchen, sich vorzustellen, wie dieser Film von einem stereotypen Hollywood-Regisseur gedreht worden wäre - nicht auszudenken! Dass das Ende bei einem solchen Film naturgemäß eher offenbleibt, ist zwar schade, wohl aber kaum zu vermeiden.

Alles in allem durchaus sehenswert: 4 von 5 Sternen.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
18. November 2008

Låt den rätte komma in – So finster die Nacht

Category: Bochum,Film,Sneak — Terje @ 19:34

Låt den rätte komma in - So finster die Nacht

Die Bochumer Sneak hatte sich während der ersten 4 Besuche (The House Bunny, Eagle Eye, Willkommen bei den Sch’tis & New York für Anfänger) durch Abwechslungsreichtum ausgezeichnet. Doch eines hatte mir bisher gefehlt: Ein reinrassiger Sneakfilm! Gestern abend war es also endlich soweit. Weg mit dem gepflegten Mainstream und dem Publikum ein skandinavisches Kleinod krendenzen! So hab ich das gern.

So finster die Nacht ist eine schwedische Produktion, die sich zwischen Horrorfilm und Jugenddrama bewegt. Der zwölfjähirge Oscar lernt seine Nachbarin Eli kennen und die beiden Kinder werden Freunde. Was Oscar zunächst nicht weiß ist, dass Eli ein dunkles Geheimnis birgt: Sie ist ein Vampir!

Während zu Beginn des Filmes nur angedeutet wird, was es mit dem seltsamen Mädchen auf sich hat entfaltet der Film sein wahres Potenzial, als Oscar die wahre Natur seiner Freundin bewusst wird. Das ganze wird in düsteren Bildern eingefangen und ist stimmungsvoll inszeniert. Die Geschichte entwickelt sich langsam, was der Charakteren viel Platz für Entwicklung einräumt. Gerade durch das gemächliche Erzähltempo wirken die eingestreuten Horror- und Splatterelemente umso effektvoller! In dieser düsteren Welt verkommt die Gewalt doch nie zum Selbstzweck und der Kampf des Vampirs gegen seine natürlichen Triebe (seinen Blutdurst) wird interessant beleuchtet. Dabei brillieren die beiden Jungsdarsteller Kare Hedebrant und Lina Leandersson in ihren jeweiligen Rollen, wobei Hedebrant den Außenseiter Oscar und Leandersson den uralten Vampir in Kindsgestalt Eli überzeugen mit Leben füllen.

Vollkommen unverständlich waren mir die Reaktionen des Publikums, die den Film weder ernst nahmen, noch zu schätzen wussten. Das scheint ein weiteres Kriterium für einen Sneakfilm zu sein: Er spaltet das Publikum. Insgesamt vergebe in 4 von 5 Rubikwürfeln für diesen stimmungsvollen Horrorfilm.

Terje

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)

Links zum Beitrag:
Der Film bei IMDb
11. November 2008

How to Lose Friends & Alienate People – New York für Anfänger

Category: Bochum,Film,Sneak — Terje @ 18:18

How to Lose Friends & Alienate People - New York für Anfänger

New York für Anfänger ist eine nette amerikanische Komödie für zwischendurch, die einige gute Gags zu bieten hat, einen aber insgesamt nicht von den Socken haut. Es geht um den Emporkömmling Sidney Young (Simon Pegg [Hot Fuzz]), der ein lukratives Stellenangebot bei einem New Yorker Szenemagazin annimmt. Dort angekommen muss er feststellen, dass sich die Dinge anders als daheim in England verhalten und dass er mit seiner tollpatschigen und unhöflichen Art keinen Blumentopf gewinnen kann. Doch schon bald, nach einigen komischen Situationen, gelingt ihm der Aufstieg in die glamouröse Welt der Stars, wo er vor neue Herausforderungen gestellt wird…

Zugegeben, der Film erfindet das Rad nicht neu, das braucht er aber auch gar nicht. Er hat einige gute Lacher zu bieten und überspielt die flache Handlung gekonnt. Das Ensemble (neben Pegg geben sich Kirsten Dunst, Megan Fox, Jeff Bridges und Gillian Anderson die Ehre) ist gut aufgelegt und die Dialoge kommen auch in der deutschen Fassung schwungvoll rüber. Leider hat der Film gerade in der zweiten Hälfte einige Längen und das Ende ist typisch-kitschig-amerikanisch. Nichtsdestotrotz ein netter Sneakfilm, der zweieinhalb von fünf La Dolce Vita-Schallplatten verdient hat.

Terje

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (Noch keine Bewertungen)

Links zum Beitrag:
Der Film bei IMDb
4. November 2008

Waltz with Bashir

Category: Film,Münster,Sneak — Patrick @ 22:28

Waltz with Bashir26 blutdurstige Hunde sprinten getrieben von unstillbarem Rachedurst als unaufhaltsame Meute durch die Nacht, durch Menschenmengen, durch die Stadt, bis sie schließlich ihr Ziel erreichen — unter dem Fenster ihres einstigen Peinigers bellen sie die Anklage aus ihren Kehlen. Nacht für Nacht suchen die Bestien Boaz in seinen Träumen heim. Eines Tages erzählt er seinem alten Freund und Kriegsgefährten Ari von dem Albtraum, doch Ari hat alle Erinnerungen an ihrer Zeit im Libanon verdrängt hat und wird sich dieses Verdrängens erst durch Boaz’ Traum bewusst. Die Frage, welch Grauen damals geschah, lässt Ari fortan nicht mehr los und er versucht schließlich, seine Vergangenheit wiederzufinden, indem er Freunde, Kameraden und Leidgenossen auf der ganzen Welt aufsucht. Bald schon kehrt seine Erinnerung in surrealen, beinahe psychedelischen Bildern zurück.

Diese autobiographische Dokumentation in Form eines Animationsfilms von und über Ari Folman kann man nur als Meisterwerk auf ganzer Linie bezeichnen. Die herausragend komponierten Bilder setzen das auf realen Interviews basierende Geschehen feinfühlig und technisch perfekt in Szene. Dabei wird das gesamte Repertoire von abstrakt-monochrom über analytisch-realistisch bis zu psychedelisch, an Pop-Art erinnernd stilsicher genutzt. Entsprechend werden die Bilder der mehrschichtigen Handlung, im Rahmen derer Gegenwart und Vergangenheit sowie Erinnerung und Realität zusehends in einander übergehen, voll und ganz gerecht. Die Wahl einer kraftvollen Perspektive gepaart mit ungewöhnlichen Schnitten und gewagten Einstellungen vermag zusammen mit dem eingängigen Soundtrack auf ganzer Linie zu überzeugen.

Gerade durch den abstrakten Animationstil und die unwirklichen, teils grotesken Elemente wie Aris Walzer mit dauerfeuerndem Maschinengewehr inmitten eines tödlichen Kugelhagels oder die Deliriumsvision einer überlebensgroßen nackten Frau als schwimmendes Rettungsboot wird die Darstellung des Krieges ertragbar. Doch bald merkt der Zuschauer, dass er so zwar von der physischen Brutalität der Kriegshandlung verschont bleibt, den psychischen Druck und moralischen Verfall dafür aber in ganzer Härte präsentiert bekommt. Man sitzt mit einem vor Schrecken eingefrorenen Grinsen wie erstarrt im Kino und möchte weinen — über den Krieg, über die Menschen, über alles — bis plötzlich die Bilder real werden und man selbst allein ist — nur mit dem Geräusch des eigenen Atems und den Schreien des Massakers von Sabra und Schatila.

Eine sehenswerte Dokumentation, deren Härte nicht unter dem erfrischend avantgardistischen Stil leidet.

Patrick

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
Links zum Beitrag:
Offizielle Seite zum Film. (en)
Waltz with Bashir bei IMDb. (en)
30. Oktober 2008

Willkommen bei den Sch’tis

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 17:42

Willkommen bei den Sch'tis Die Sneak in Münster scheint sich gerade in eine multikulturelle Phase zu begeben. Nach fast einem Jahr mit nur deutschen oder englischen Fassungen kam am 21.10. endlich ein französischer Film, der zwar auch als deutsche Fassung, zusätzlich aber als OmU lief. (Und das ist noch gar nichts im Vergleich zum Film vom 28.10., den Patrick bald rezensieren wird!) Pech für mich, dass mein Mitsneaker gar kein Französisch sprach und wir deshalb in die deutsche Fassung gegangen sind. Es sollte sich allerdings als die richtige Entscheidung erweisen, denn dieser Film lebt von seiner Sprache!

Philippe, der bei der Post angestellt ist und in der Provence lebt, wird gegen seinen Willen in den nördlichsten Teil Frankreichs versetzt, nämlich nach Bergues in das Département Nord-Pas de Calais, nahe der belgischen Grenze. Der Zuschauer erfährt auch bald, warum dies als Strafversetzung angesehen wird: Aus Sicht der Südfranzosen ist der Norden eine kalte, von allen guten Geistern verlassene Gegend: Die Temperaturen sollen maximal auf 0°C klettern, alle Einwohner sollen Alkoholiker sein und ein unverständliches Kauderwelsch reden. Und so kommt es, dass Philippe seine Frau Julie und den gemeinsamen Sohn im Süden zurück lässt und sich alleine auf den Weg nach Norden macht.

Der geneigte Leser wird sich denken können, dass diese Beschreibung mehr Vorurteile als Fakten enthält - schließlich liegt Münster ein ganzes Stück nördlicher als Bergues, ohne dass man hier von Polartemperaturen sprechen könnte. Philippe muss jedoch feststellen, dass die Gerüchte im Hinblick auf die Sprache stimmen, und dass er die Einwohner, die das sog. “Sch’ti” sprechen, zunächst nicht versteht. Mit der Zeit gewöhnt er sich - wie es nicht anders zu erwarten war - an Land und Leute und steht nur vor der Frage, wie er seiner Frau erklären kann, wie das Leben in Bergues wirklich ist…

Der Film gewinnt einen großen Teil seiner Komik durch die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Philippe und den Sch’ti. Aus diesem Grund wurde für die deutsche Fassung eine Kunstsprache entwickelt, die gar nicht ‘mal so schlecht klingt. Trotzdem wäre es natürlich schöner, die Originalsprache der Ch’tis (wie sie im Französischen heißen) zu hören. Kennt man zudem noch das französische Milieu und kann die Vorurteile von Philippes Freunden richtig einordnen und wiedererkennen, erhält der Film eine humorvolle Komponente, die er in der deutschen Synchronisation nicht haben kann. Es ist kein Wunder, dass der Film in Frankreich der erfolgreichste französische Film aller Zeiten ist. Ein kleines Wunder wäre es aber, wenn er das hier werden könnte - dafür ist der Konflikt uns Deutschen in aller Regel einfach zu wenig vertraut.

Trotzdem - der Film ist so gut synchronisiert, wie das unter den Umständen möglich ist, sehr unterhaltsam und kurzweilig - eine klare Empfehlung! Da verzeiht man leicht die wenig originelle Story. Wer ausgezeichnet Französisch spricht, hat sicher Freude an dem Original, für alle anderen wird es jedoch vermutlich anstrengend. (Da ich den Film bislang nur auf deutsch gesehen habe, ist das allerdings reine Spekulation.)

Viereinhalb von fünf Sternen für diese charmante Komödie!

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (7 Stimme(n), durchschnittlich: 4,57 von 5)
24. Oktober 2008

Blindness – Die Stadt der Blinden

Category: Film,Münster,Sneak — Patrick @ 21:11

Blindness - Die Stadt der BlindenEin Mann hält mit seinem Wagen an einer Kreuzung und wartet auf grün, als er plötzlich nur noch grelles Weiß sieht. Die “weiße Blindheit” stellt nicht nur den konsultierten Augenarzt vor ein Rätsel, sondern verbreitet sich obendrein einer grassierenden Seuche gleich rasend schnell unter der Bevölkerung, sodass die Regierung alle Betroffenen in einer ausgedienten Irrenanstalt unter Quarantäne stellt. Vollkommen von der Außenwelt isoliert, unter militärischer Bewachung, wo aus Angst vor Ansteckung eher einmal zu viel als zu wenig geschossen wird, und mit nur knapper Nahrungs- und Medikamentenversorgung degenerieren Zivilisation und Sozialstruktur unter den eingesperrten Blinden zusehends. Während in einem Flügel der ebenfalls erblindete Augenarzt und seine Frau, die aus ungeklärten Gründen gegen die Seuche immun ist und als einzige sehen kann, versuchen, das beste aus den widrigen Umständen zu machen und ihren Leidgenossen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, bricht in einem anderen, nur von Männern bewohnten Flügel der Despotismus aus. Mit Waffengewalt bringen sie alle Nahrungsreserven an sich und geben diese anfangs noch gegen Schmuck und Wertgegenstände, später nur noch gegen körperliche Dienstleistungen der Frauen aus den anderen Flügeln her.

Die Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit, der moralische Verfall, die Auflösung des Menschlichen, das ausgehungerte Dahinvegetieren in den eigenen Fäkalien und schließlich die erbarmungslose und brutale Massenvergewaltigung werden dem Zuschauer in etsättigten dichten und wirkungsvollen Bildern mit genau so eindrücklicher und erschreckender Geräuschkulisse unerbittlich aufgebürdet. Jedesmal, wenn man glaubt, am absoluten Tiefpunkt menschlicher Entfremdung angekommen zu sein, muss man feststellen, es geht noch schlimmer. Immer schwächer flackert das letzte Licht von Zusammenhalt und Anteilnahme…

Entsprechend setzt dieser durchaus sehenswerte, aber absolut unschöne Film voll und ganz auf den sozialen Verfall in der durch Blindheit praktisch unerträglichen Isolationssituation. Nach Charakterentwicklung in dieser Ausnahmesituation sucht man ebenso vergeblich wie nach logischen Erklärungen der Gesamtsituation oder dem in der Romanvorlage verwendeten Stilmittel der Erblindung als Allegorie für die innere Blindheit des Menschen sich selbst und seinen Mitmenschen gegenüber. Entsprechend fade und kraftlos wirkt auch das Ende, das zwar nicht ganz dem Hollywood-Klischee entspricht, dem starken Mittelteil des Film dennoch ganz und gar nicht gerecht wird.

Patrick

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (2 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
Links zum Beitrag:
Blindness bei IMDb.
20. Oktober 2008

Burn After Reading

Category: Film — Dennis @ 21:47

Burn After Reading Mit Burn After Reading erlauben sich die berühmt-berüchtigten Coen-Brüder einen Scherz – aber einen guten.

Der Versuch, euch die Handlung des Films kurz zusammenzufassen, ist schon von vornherein zum Scheitern verurteilt. Irgendwie ist da ein Fitness-Studio mit einem gar grauslig aussehenden Brad Pitt und einer Frances McDormand, die auf der Suche nach Geld für ihre Schönheits-OPs ist. Dann ist da der wunderbare John Malkovich, der gerade beim CIA gekündigt hat und kurz davor steht, von seiner Frau Tilda Swinton verlassen zu werden. Ach, und da ist natürlich noch George Clooney, der sich durch diverse Internetbekanntschaften (und Malkovichs Frau) von seiner eigenen Ehe ablenken lässt.

Klingt konfus – ist es auch. Burn After Reading lebt von absurden Situationen und davon, dass eigentlich weder die Charaktere noch der Zuschauer den vollen Durchblick hat, was da eigentlich gerade auf der Leinwand passiert und noch viel wichtiger: Warum! Der Untertitel des Films (Intelligence is relative) ist Programm und so verstehen eigentlich alle Charaktere ihre Situation und eigentlich auch alles andere völlig falsch – und schaufeln sich ihr eigenes Grab.

Burn After Reading ist irgendwie eine politische Satire, eine bitterböse Komödie und einfach ein Film, der wie kaum ein anderer kopfschüttelninduzierend wirkt. Das Ganze ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack – wer die klassischen Drehbuchwerte wie Charakterentwicklung und stringente Story sucht, wird hier wenig Freude haben – und doch sehen wir hier so viele absurde Situationen und Dialoge, dass ich einfach nicht anders kann, als Burn After Reading vier von fünf Maschinen (seht den Film, ihr wisst, was ich meine) zu geben.

Entlassen möchte ich euch mit einem der vielen schönen Zitate, die den Film auf viel mehr als einer Ebene beschreiben. In den letzten Minuten versuchen zwei hohe CIA-Agenten (J.K. “J. Jonah Jameson” Simmons und David “Sledge Hammer” Rasche) zu verstehen, was denn eigentlich da jetzt passiert ist und wer daran Schuld hat. Sie kommen zu folgender Moral:

CIA Superior: What did we learn?
CIA Officer: Uh…
CIA Superior: Not to do it again.
[pause]
CIA Superior: I don’t know what the fuck it is we *did*, but…

Und ich freue mich auf die englische Originalfassung. Simmons und Malkovich im Original fluchen zu hören, ist garantiert noch zigfach besser als ihre deutschen Synchronstimmen.

Dennis

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (4 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
15. Oktober 2008

Neulich in Belgien

Category: Film,Münster,Sneak — Anne @ 12:00

Neulich in BelgienMatti hat eigentlich alles, was sie vom Leben erwartet: einen Mann und drei Kinder. Sie ist daher recht zufrieden mit ihrer Situation. Das ändert sich allerdings, als ihr Mann sie wegen einer Jüngeren verlässt. Anstatt jedoch in die Offensive zu gehen und irgendetwas zu unternehmen, hofft Matti darauf, dass ihr Mann zurück kehrt, und geht ansonsten ihren normalen Tätigkeiten nach. Bis sie beim Ausparken auf dem Supermarktparkplatz einen LKW anfährt.

Das ist der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt: Anstatt ihre Schuld zuzugeben und ihre Haftpflichtversicherung anzugeben, bricht Matti einen saftigen Streit mit dem überrumpelten LKW-Fahrer Johnny vom Zaun. Das hat nicht nur zur Folge, dass sie den Schaden nicht tragen muss, sondern auch, dass der junge Lastwagenfahrer Johnny sich für Matti zu interessieren beginnt. Auf einmal hat Matti mehr Action in ihrem Leben als sie eigentlich wollte, zumal es ihrem Ex-Mann gar nicht passt, dass Matti jetzt mit einem jüngeren Mann ausgeht…

In Neulich in Belgien geht es um Abenteuerlust und den Kontrast zwischen Altem und Neuem, um Mut zur Unkonventionalität und um Liebe jenseits der Konventionen. V.a. geht es aber um die Entscheidung zwischen Verstand und Gefühl: Soll Matti eine vertraute Partnerschaft wieder aufnehmen, oder sich für eine abenteuerliche Beziehung entscheiden, bei der sie Schmetterlinge im Bauch bekommt? Das Thema als solches ist nicht neu - nett ist aber, dass die drei Protagonisten eher Helden des Alltags sind als Hollywoodschönheiten. Matti muss sich nicht zwischen zwei perfekten Männern entscheiden, sondern zwischen Helden mit tönernen Füßen - so wie es den meisten Menschen gehen würde.

Fazit: Ein liebenswerter Beziehungsfilm, den man sich gut anschauen kann: 4 von 5 Sternen.

Anne

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
7. Oktober 2008

Eagle Eye

Category: Film,Münster,Sneak — Patrick @ 20:52

Tropic Thunder

Als Jerry Shaw, ein unbescholtener Bürger und Bruder eines erfolgreichen Soldaten, nach der Arbeit in einem Kopiergeschäft nach Hause kommt, findet er seine Wohnung randvoll mit Waffen, Munition und Sprengstoff. Plötzlich klingelt sein Handy und eine mysteriöse Frauenstimme informiert ihn, dass das FBI in 30 Sekunden die Wohnung stürmen wird und er sofort fliehen soll — er zögert, wird verhaftet und natürlich glaubt ihm niemand, dass er nicht wisse, wie das ganze Zeug in sein Zimmer gekommen sei… Als er dann seinen Anwalt anrufen soll, ist wieder diese Stimme am Telefon. Dieses Mal folgt er den Anweisungen…

Zeitgleich erhält auch Rachel Holloman einen ähnlichen Anruf und Instruktionen. Da ihr Sohn als Druckmittel benutzt wird, folgt auch sie den Anweisungen.

Gejagt vom FBI, der Armee und allen Geheimdiensten des Landes, folgen Jerry und Rachel den weiteren Anweisungen der allgegenwärtigen Stimme, die anscheinend unbegrenzte Macht über alle vernetzten elektronischen Geräte vom Handy bis zum Verladekran hat. Noch ahnen sie nicht, dass sie Teil eines ausgeklügelten und perfiden Plans zur Umorganisation der politischen Strukturen geworden sind…

Leider ist an Eagle Eye abgesehen von den modernen Spezialeffekten und einer erfrischenden Mobilfunkparanoia nichts wirklich neu. Wer die Klassiker War Games, 2001 und I, Robot kennt, weiß recht bald, was hier gespielt wird, und tatsächlich es kommt alles so, wie erwartet, ohne nennenswerte Wendungen oder erzählerische Raffinesse, dafür aber mit einigen groben faktischen Fehlern.

Daher alles in allem nicht mehr und nicht weniger als unterhaltsames aber eher mittelmäßiges Popcorn-Kino.

Patrick

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (3 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
Links zum Beitrag:
Eagle Eye bei IMDb.
6. Oktober 2008

Der Baader Meinhof Komplex

Category: Film — Terje @ 17:51

Der Baader Meinhof Komplex

Filme, die die Aufarbeitung von historischen Ereignissen thematisieren sind eine problematische Angelegenheit. Zahlreiche Beispiele der jüngeren Kinogeschichte (z.B. Goodbye Lenin, Der Untergang, Sophie Scholl) stellen unter Beweis, dass es gerade in Deutschland nach wie vor großes Interesse an historischen Stoffen gibt, und im Falle des Stasi-Dramas Das Leben der Anderen, dass deutsche Kinoproduktionen auch international Aufsehen erregen können.

Das weiß auch Bernd Eichinger, der vielleicht erfolgreichste deutsche Filmproduzent, weshalb sein neuestes Werk, dass unter der Regie von Uli Edel entstand, die Geschichte der RAF in den Mittelpunkt stellt. Im Vorfeld ist viel über den Film diskutiert worden und die positive und negative Kritik lieferten sich ein heißes Duell, ob der Film nun gut, vertretbar oder unzumutbar sei. Muss man im Jahr 2008 einen Film präsentieren, der den Mythos der Terrororganisation zum gefühlten 100sten Mal wieder aufleben lässt?

Im Falle von Der Baader Meinhof Komplex heißt die Antwort definitiv: ja, man sollte nicht nur, man muss. Vielleicht liegt es daran, dass ich bislang mit dem Thema der RAF nicht besonders ausführlich in Berührung gekommen bin, aber meiner Ansicht nach stellt der Film eine Speerspitze der jüngeren deutschen Kinogeschichte dar. Das liegt unten anderem an der phänomenalen Besetzung. Bernd Eichinger trommelte für sein Epos das Who is who der deutschen Schauspieler zusammen: Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Johanna Wokalek, Heino Ferch, Tom Schilling, Nadja Uhl, Jan Josef Liefers, Alexandra Maria Lara und Bruno Ganz. Demnach ist der Film bis in die Nebenrollen hochkarätig besetzt. Neben dem Casting besticht vor allem die Ausstattung des Film durch arkribische Genauigkeit. Mit viel Liebe zum Detail wurde die Ära 1967-1977 für den Film zum Leben erweckt: Die Darsteller tragen entsprechende Klamotten, sie fahren entsprechende Autos, ihre Wohnungen sind entsprechend eingerichtet. Außerdem tragen sämtlichen Polizisten historische Uniformen. Gerade bei einer Demonstration am Anfang des Films ist der Realitätsgrad, den diese Bilder erreichen geradezu erschreckend. Ich selbst hatte einige Male das Gefühl, direkt dabei zu sein, was bei mir sehr selten vorkommt.

Der Film verharmlost die RAF nicht. Ja, es stimmt, dass er keine Bewertung über die terroristichen Aktivitäten der Gruppe liefert. Ja, es stimmt, dass man sich zu Beginn mit den Akteuren der Bewegung identifizieren kann. Aber die große Stärke des Films besteht darin, wie der Zuschauer nach und nach die Verbindung zu Baader, Meinhof, Ensslin und Raspe verliert. Meiner Meinung nach hat der Film eine offensichtliche und plakative Aussage über die Schlechtheit und Gefährlichkeit der RAF nicht nötig, weil er seine Aussage auf einer subtileren Ebene erreicht. Das Nachvollziehen der Gedankengänge der Terroristen geht soweit, bis man erkennt, dass sie selber nicht mehr wissen, wofür sie eigentlich kämpfen. Darin besteht eine gewisse Gefahr, weshalb ich die Altersfreigabe der FSK (ab 12) etwas bedenklich finde. Hinzu kommt, dass die Gewaltdarstellungen stellenweise explizit sind. Auf Protestanten wird eingeschlagen und -getreten. Die Erschießungen werden aus nächster Nähe gezeigt. Hier wäre eine Freigabe ab 16 Jahren angemessen gewesen.

Abschließend lässt sich festhalten, dass Der Baader Meinhof Komplex eine gelungene Aufarbeitung des Themas RAF darstellt. Dies lässt sich jedoch nicht absolut setzen, da der Film eine Menge Hintergrundwissen voraussetzt und manche Charaktere nicht ausreichend vorstellt. Nichtsdestotrotz regt der Film zum Nachdenken an und ich möchte ihn jedem historisch interessierten Kinobesucher ans Herz legen, denn er zeigt eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte mit einer Präzision, dass es einem das ein oder andere Mal kalt den Rücken herunterläuft.

Terje

Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
MiesNajaDurchschnittlichZiemlich gutGrandios! (1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)