24. Februar 2009
Harvey Milk (Sean Penn) ist ein ganz normaler Versicherungsvertreter — und schwul. Kein leichtes Los im Amerika der 60er und 70er Jahre. Zusammen mit seinem Freund Scott führt Milk ein kleines Fotogeschäft in San Francisco. Das Viertel, in dem die beiden wohnen, wird bald zur Zufluchtsstätte für Gleichgesinnte. Angesichts massiver Übergriffe durch die Polizei beginnt Milk, sich immer stärker für Schwulenrechte einzusetzen, und beschließt, für das Amt des “supervisors” (wohl so etwas wie ein Stadtrat) zu kandidieren. Nach aufreibendem Kampf schafft er es, gewählt zu werden… der Rest ist Geschichte.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwecken, dass die US-Amerikaner cineastische Aufarbeitung betreiben: Erst Frost/Nixon über die Nixon-Interviews und die Watergate-Affäre, jetzt die Geschichte des ersten schwulen in ein hohes Amt gewählten Politikers Harvey Milk. Solche Filme fallen in die gleiche Kategorie wie der Baader-Meinhof-Komplex, und tatsächlich musste ich bei Milk an diesen Film denken — ihr werdet gleich verstehen warum.
Ich gestehe, ich war überrascht über den Wirbel, der um Milks Kandidatur gemacht wurde, und ich war schockiert über einige Aussagen und über die restriktive Gesetzgebung, die gegen Homosexuelle geplant und durchgesetzt wurde. Und ich gestehe noch mehr — ich habe mich für kurze Zeit in dem Bewusstsein gesonnt, dass so etwas in Deutschland ja wohl nicht möglich gewesen wäre. Irrtum. Zwar kenne ich mich nicht mit der Homosexuellen-Aktivisten-Szene aus, aber ich weiß, dass § 175 StGB, der homosexuelle Handlungen verbot, erst 1994 aufgehoben wurde! Und in den 70ern hatten wir vielleicht keine Homosexuellen-Aktivisten, aber dafür die RAF - ob das ein Grund ist, stolz zu sein?
Wie auch immer, ich fand den Film sehr interessant und informativ und habe definitiv etwas über Politikgeschichte gelernt. Die Schauspieler gefielen mir, und ich kann die Entscheidung, Sean Penn einen Oscar zu verleihen, nachvollziehen und gutheißen. Dass es sich bei dem ganzen um wahre Geschichte handelt, macht den Film meiner Ansicht nach erst Recht reizvoll - das ist lebendige Geschichte und dadurch kann das Medium Film weiterbilden. Der Nachteil ist, dass einige der Charaktere (insbesondere Dan White) dadurch etwas im Dunkeln bleiben — wo man keine Fakten kennt, kann man sie in einem Dokumentar-ähnlichen Film auch nicht hinzuerfinden.
Ach ja, für alle Homophoben und -phile: Es gibt keine Nacktszenen! ;-)
Absolut sehenswert: viereinhalb von fünf Sternen.
Anne
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- Informationen über den echten Harvey Milk in wikipedia
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16. Februar 2009
Monty Python, Monty Python… Das waren doch die komischen Engländer, die Das Leben des Brian und so gemacht haben, oder? Ach, die finde ich eigentlich nicht so richtig lustig…
Ähnliche Zitate durfte ich mir vor Kurzem regelmäßig anhören, als ich berichtete, Spamalot, das Monty Python-Musical in Köln gesehen zu haben. Irgendwie scheint der Python-Humor in Deutschland noch immer nicht so richtig Mainstream zu sein – und vielleicht ist das ja auch gut so.
Nachdem Monty Python and the Holy Grail (im Deutschen besser bekannt als Die Ritter der Kokosnuss, was diesen wunderbaren Film leider auf nur einen der zahlreichen grandiosen Einfälle des Python-Teams reduziert) ja nun schon vor über dreißig Jahren erstmals über die Kinoleinwände flimmerte, dachte sich Eric Idle, den Nicht-Python-Kennern vielleicht als die Originalstimme von Merlin, dem Zauberer in Shrek 3 bekannt, dass aus dem Stoff doch noch ein bisschen Geld herauszuquetschen sei, nahm das Drehbuch, verpackte es in ein knallbuntes Musical-Outfit und machte daraus Spamalot, wie der Original-Untertitel schreibt a new musical lovingly ripped off from the motion picture.
Eins zunächst: Selbst, wer bislang mit den Pythons wenig anfangen konnte, wird an Spamalot vermutlich seine Freude haben. Die Story wurde mit nur ein paar Änderungen vom Film übernommen, das Bühnenbild ist großartig, die Schauspieler/Sänger klasse (insbesondere Amber Schoop, die Schöne aus dem Schilf, die sich mit einer äußerst beeindruckenden Stimme singend darüber beschwert, so wenig Text zu haben) und die gesamte Aufmachung so bunt und abgedreht, wie man es sich in seinen schönsten Drogenfantasien wohl nicht besser vorstellen kann.
Doch was bleibt für uns (scheinbar wenige) Python-Fans? In die Grail-Story werden massenhaft klassische Python-Gags eingeflochten, vom Fish Slapping-Dance bis zum Ursprung von Spam! ist nichts vor der Adaption sicher.
Die Musical-Umsetzung funktioniert erstaunlich gut, hauptsächlich wohl deshalb, weil sie sich selbst immer wieder wunderbar auf den Arm nimmt. Auch die deutsche Übersetzung ist äußerst gelungen, wobei mich das Original dann doch noch einmal interessieren würde. Verdammt, selbst die Schauspieler sehen ihren Pendants erstaunlich ähnlich!
Ich finde nichts zu meckern, so sehr ich auch suche. Also, fahrt nach Köln und schaut euch Spamalot an. Es gibt sogar fliegende Kühe und Wackelpudding!
Fünf von fünf Wagen voller Heu (ich muss selbst beim Schreiben grinsen). Hin, hin!
Dennis
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- spamalot.de mit ganz viel Krams drin!
- Eric Idle bei imdb
15. Februar 2009
Der einzige Wuppertaler, der es im letzten Jahrzehnt internationalen Filmgeschäft zu etwas gebracht hat, ist der Regisseur Tom Tykwer. Spätestens seit seinem letzten Streifen, der Patrick-Süskind-Verfilmung Das Parfum, hat sich der Filmemacher als talentierter, visionärer Regisseur etabliert und nach diesem Erfolg standen ihm auch alle Türen offen. Bei seinem neuen Film The International handelt es sich um einen realitätsnahen Thriller, in dem ein Interpol-Agent (Clive Owen [Children of Men, Sin City]) und eine New Yorker Staatsanwältin (Naomi Watts [King Kong, The Ring US]) den kriminellen Machenschaften einer international operierenden Bank auf die Schliche kommen. Dabei lässt sich der Film sehr viel Zeit, um die Nachforschungen der beiden detailliert zu beleuchten und es werden auch einige Szenen eingeflochten, die die andere Seite (die der Bank) zeigen. Dabei fällt auf, dass der Film zwar eine übliche gut-böse Vorstellung repräsentiert, dass die Funktionäre der Bank aber eher als kühle Geschäftsmänner als als stereotype Antagonisten in Erscheinung treten. Das Erzähltempo ist sehr langsam und gerade in der ersten Filmhälfte strapaziert die kleinteilig erzählte Geschichte die Geduld des Zuschauers. Es handelt sich hierbei um einen Thriller, keinen Action-Thriller, wer also etwas wie Bourne oder Ein Quantum Trost erwartet, wird enttäuscht werden. Anders als das kürzliche Bond-Debakel geht The International aber den Weg des anderen Extrems: Statt den Zuschauer mit sinnlos zusammenhängenden Actionszenen zu bombardieren, setzt der Tykwer-Film auf eine ruhige Inszenierung und bietet dabei auch eine interessante, in der Realität verwurzelte, Geschichte. Nur leider bleibt The International dabei die rauschhafte Inszenierung eines Parfum verwehrt. Stattdessen konzentriert sich Tykwer zu sehr auf die Charaktere, die leider bis zum Schluss unnahbar bleiben. So kann man die Hauptperson Louis Salinger (Owen) ohne Probleme auf seine Obsession, die Bank zur Strecke zu bringen reduzieren und es würde sonst nicht viel von ihm übrig bleiben. Eleanor Whitmans (Watts) Angst, dass ihrer Familie etwas passiert wird nur angerissen, womit sie (Watts) als Schauspielerin in ihrer Rolle völlig unterfordert wird.
Meine größte Kritik bezieht sich auf die einzige richtige Actionszene des Films. Bei einem Shootout (kurz vor Ende des Films) treffen Salinger und zahlreiche Auftragskiller der Bank aufeinander. Diese Begegnung macht zwar storytechnisch Sinn, da sich die Ermittlungen immer weiter zuspitzen, ist aber im Vergleich zum Rest des Films dermaßen krass inszeniert, dass die gesamte Sequenz wie ein Fremdkörper wirkt. Hier wurde mit aller Macht versucht, die fehlende Action im restlichen Film in eine 7-minütige Sequenz zu quetschen, die den Zuschauer dermaßen reizüberflutet. Weniger wäre hier definitiv mehr gewesen.
Lässt man diese Kritikpunkte außer Acht, bleibt ein erschreckendes Portrait einer skrupellosen Wirtschaftswelt zurück, in der alle kriminellen Machenschaften ungehindert ihren Weg gehen und wo jeder Versuch, dagegen vorzugehen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. In Zeiten der globalen Wirtschaftskrise ist The International insofern ein wichtiger Film, der die Mechanismen der Macht stellenweise aufdeckt. Noch erschreckender wird dieses Portrait durch die Tatsache, dass es (größtenteils) auf Recherchen beruht. Dem Anspruch den der Film stellt kann seine Dramaturgie zwar nicht gerecht werden, aber er zeichnet ein schonungsloses Bild einer brutalen Welt, welche zumindest in Ansätzen ein Pendant zur Realität ist, in der wir alle leben.
3 Punkte für The International.
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10. Februar 2009
Letzte Woche lief in der Sneak ein klassischer Actionfilm, dessen Hauptdarsteller allerdings weniger als Actionheld bekannt ist. Liam Neeson wird den meisten wohl eher aus Filmen wie Schindler’s Liste in Erinnerung sein. Wem Neeson allerdings Batman begins gefallen hat, der wird auch in Taken auf seine Kosten kommen.
Zur Story: Bryan Mills war einst hoch qualifizierter Agent, hat sich allerdings in den Vorruhestand versetzen lassen, um mehr Kontakt zu seiner Tochter zu haben. Berufsbedingt sieht er überall Gefahren und gibt seiner 17-jährigen Tochter nur schweren Herzens die Erlaubnis, nach Paris zu fliegen und dort Freunde zu besuchen. Auch wenn man diese Fürsorge zunächst für übertrieben hält, bewahrheiten sich Bryans Befürchtungen. Kaum in Paris angekommen, werden seine Tochter Kim und ihre Freundin von einer Gruppe albanischer Mädchenhändler gekidnappt. Bryan, der alles über Kims Telefon mitbekommt, schwört den Gangstern, sie zu finden und zu töten, was sein Telefonpartner nur mit einem zynischen “Good luck” quittiert. Doch da hat er die Rechnung ohne Bryan gemacht…
Als Profi weiß Bryan, dass er nur 96 Stunden hat, um seine Tochter zu finden, bevor es zu spät ist, sie aufzuspüren. Dementsprechend geht er buchstäblich über Leichen, um sie zu finden. Systematisch sucht er nach Anhaltspunkten und dringt immer tiefer in die Pariser Unterwelt vor. Dabei ist ihm völlig egal, welche Straftaten er begeht und wie viele Menschen er tötet. Tatsächlich nimmt die Zahl der Leichen pro Minute im Laufe des Films kontinuierlich zu. Das ist für einen Actionfilm zwar normal, macht die Geschichte aber trotzdem nicht glaubwürdig. Es wird zunehmend unrealistischer, wie dieser Mittfünfziger sechs oder sieben Gegner gleichzeitig ausschaltet, ohne ernsthafte Verletzungen zu erleiden. Ein etwas realistischerer Verlauf der Geschichte wäre wohl drin gewesen, ohne dass der Film an Action einbüßt. Trotzdem war Taken erstaunlich unterhaltsam und nicht langweilig, obwohl die Kampfszenen gegen Ende wirklich gehäuft vorkamen.
Auffällig war allerdings das schlechte Bild, das von Paris vermittelt wird. Der erste Franzose, den die Mädchen treffen, ist ein Gangster, und sie sind kaum in Paris angekommen, bevor sie direkt entführt werden. Bryan scheint nicht einmal im Traum daran zu denken, die französische Polizei einzuschalten, die Regierung stellt sich als korrupt heraus — nach diesem Film kann ich kaum glauben, dass ich geschlagene drei Wochen alleine in Paris gewohnt habe, ohne auf irgendwelche Gangster zu treffen! Ich habe mir sagen lassen, dass der Film das Europa-Bild vieler Amerikaner wiederspiegelt, die Europa offenbar als gefährliche Gegend ansehen. Mir scheint eine Gegend eher dadurch gefährlich zu werden, dass sich jeder Psycho eine Waffe kaufen kann, aber Wahrnehmungen können ja verschieden sein. Da Taken vom französischen Fernsehen unterstützt wurde, können die es ja nicht so schlimm gefunden haben.
Insgesamt war Taken für einen Actionfilm erstaunlich kurzweilig (man merkt, dass ich kein Fan des Genres bin) und ist daher durchaus empfehlenswert. Auf brillante Dialoge und Kultpotential muss man aber wohl verzichten. Dreieinhalb von fünf Sternen.
Anne
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4. Februar 2009
Letzte Woche hatten wir in Münster ein Kinoevent der ganz besonderen Art, nämlich ein Testscreening. Bei einem Testscreening soll überprüft werden, wie ein Film beim Publikum ankommt. Aus diesem Grund waren Regisseur und Produzent von Barfuss bis zum Hals im Kino anwesend und haben nachher auch Fragen zum Film beantwortet und Kritik entgegengenommen. Die folgende Rezension bezieht sich daher auf ein zweimaliges Event (ein weiteres Testscreening sollte in Süddeutschland stattfinden).
Der 17-jährige Jakob hat Probleme mit seinen Eltern. Sie meckern an seiner Kleidung herum und v.a. Vater und Sohn verstehen sich nicht - Teenager-Alltag, möchte man denken. Ungewöhnlich ist hingegen die Lebensweise der Eltern: Sie sind Nudisten. Vater Helmut ist Vorsitzender des ältesten FKK-Vereins Deutschlands und lebt zusammen mit anderen Vereinsmitgliedern auf einem malerischen Waldgrundstück - selbstverständlich unbekleidet. Während sich Jakobs Schwester Rosa der Lebensart der Nudisten anpasst, rebelliert Jakob gegen die Lebensweise seiner Eltern.
Durch den Verkauf des Waldgrundstücks, auf dem sich Vereinshaus und dazu gehöriger Campingplatz befinden, an Dieter Lohe wird die FKK-Enklave jedoch in ihrer Existenz bedroht. Lohe ist Bayer, CSU-Mitglied und Textilfabrikant — allem Anschein nach der allerletzte, der Verständnis für Nudismus haben könnte. Als Lohe zusammen mit seiner Tochter Natalie auftaucht und ein paar Tage Ferien machen will, beschließt der FKK-Verein auf Jakobs Vorschlag hin, Lohe etwas vorzuspielen und ein paar Tage lang Kleidung zu tragen. Dass das nicht ewig gutgehen kann, ist abzusehen…
Barfuss bis zum Hals ist eine Komödie, die einen Großteil ihrer Komik aus der Grundidee gewinnt, das Geschehen in einem FKK-Verein anzusiedeln. Nach der ersten Überraschung gewöhnt sich der Zuschauer jedoch sehr schnell daran, dass viele der Akteure nackt herumlaufen, und kann sich auf die Handlung des Films konzentrieren. Diese ist überraschend vielschichtig: Es geht um Eltern und Kinder, Ossis und Wessis, Freundschaft, Liebe, Prinzipientreue und Spießertum. Der Film spielt mit Klischees, stellt sie erst dar und stellt sie dann in Frage. Das ist keinesfalls eine platte Abfolge von Gags, sondern ein Film, der sich durchaus mit realen Problemen befasst.
Dass der Film authentisch wirkt, liegt vielleicht daran, dass der Produzent Ivo Alexander Beck selber unter Nudisten groß geworden ist und daher weiß, welche Schwierigkeiten einem Jugendlichen da begegnen. So erzählte Beck z.B., dass er seine erste Freundin in dem FKK-Verein kennengelernt hat und dass beide Hemmungen hatten, einander zu küssen, solange sie nackt waren. Das ist gut nachvollziehbar, macht zwischenmenschliche Beziehungen jedoch mit Sicherheit nicht leichter. Dies zeigt sich auch am Beispiel von Rosa und Jakob, die beide — in verschiedener Weise — Schwierigkeiten damit haben, einen Partner zu finden.
Unterschwellige Strömungen und Beziehungsprobleme der einzelnen Figuren kann man natürlich nur darstellen, wenn die Schauspieler in der Lage sind, diese zu vermitteln. Ich hatte keinen negativen Eindruck von den Schauspielern, was ein positives Zeichen ist. Mir ist jetzt allerdings auch niemand als besonders herausragend in Erinnerung geblieben — sicherlich keine Oscarkandidaten. Eine solide Schauspielleistung ist es aber schon. Dabei sollte man auch nicht vergessen, dass sich viele der Schauspieler einer besonderen Herausforderung stellen mussten: dem Dreh ohne Kleidung. Abgesehen davon, dass es im kalten Sommer 2008 sicherlich unangenehm war, stundenlang nackt im Freien zu stehen, schafft das Fehlen von Kleidung auch eine seltsame Arbeitsatmosphäre. Es ist sicher nicht angenehm, Anweisungen und Kritik vom Regisseur er- und mitgeteilt zu bekommen, wenn man ohne schützende Kleidung dasteht. Man stelle sich nur vor, man müsse seinem eigenen Chef nackt gegenüber treten! Nach Aussage von Beck und Hansjörg Thun, dem Regisseur, war dies allerdings bei den tatsächlichen Dreharbeiten nicht so schlimm wie befürchtet.
Was mir nicht so sehr gefiel, war die Beziehung zwischen Vater und Tochter Lohe. Das Verhalten beider in Bezug zueinander fand ich schwer nachzuvollziehen, und die Szene am Ende, in der beide über ihre Gefühle reden, war die einzige Szene des Films, die mir kitschig vorkam. Vielleicht wäre das besser, wenn man mehr über die beiden erfahren würde — keine Ahnung. Es wurde wohl sehr viel mehr gedreht, als später in dem Film verwendet wird, und ich könnte mir vorstellen, dass da auch Material bei ist, das Natalies Charakter besser erläutert. Der Produzent und der Regisseur meinten allerdings, dass ihrer Ansicht nach eine Kinokomödie nicht länger als 90 min dauern sollte - demnach müssten 4 min weggeschnitten werden. Ich persönlich finde, dass man den Film durchaus noch ein paar Minuten länger machen könnte, wenn dadurch bestimmte Charakterentwicklungen verständlicher würden.
Da bislang nicht feststeht, ob der Film überhaupt ins Kino kommen wird, oder ob er nur im Fernsehen gezeigt werden wird, wollten die beiden gerade auch hierzu die Meinung des Kinopublikums erfahren. Ich habe lange darüber nachgedacht. Einerseits ist die Geschichte, abgesehen davon, dass der Film im FKK-Verein spielt, nicht besonders innovativ und von der filmischen Machart eher konventionell. Kein ungewöhnlicher Stil wie bei The Spirit oder Waltz with Bashir, und auch kein außergewöhnlicher Einsatz von Schnitttechnik, Perspektive etc. wie bei dem cineastisch brillanten Abbitte. Andererseits gibt es, wie jemand bei der Diskussion nach Barfuss bis zum Hals zu Recht bemerkte, viele Filme vergleichbaren Niveaus, die im Kino zu sehen sind. Man muss daher überlegen, was einen Kinofilm von einem Fernsehfilm unterscheidet bzw. unterscheiden sollte — eine Diskussion, die z.B. auch bei Die Buddenbrooks geführt wurde (Fernsehspiel?). Dazu lässt sich sicher viel sagen, aber meiner Ansicht nach sollte ein Kinofilm originell sein: ob durch Drehbuch, filmische Machart, neue schauspielerische Tiefe — egal. Ein Kinofilm sollte daher etwas zur Filmkunst beitragen. Ich habe Zweifel, ob Barfuss bis zum Hals diesen Anforderungen genügt - viele andere Kinofilme allerdings auch nicht.
Unabhängig von der Kinofrage: Barfuss bis zum Hals ist ein guter Film, den man sich auf jeden Fall anschauen sollte, wenn man die Gelegenheit dazu hat. Eine unterhaltsame, aber nicht oberflächliche Komödie - absolut sehenswert. Vier von Fünf Sacksocken (Nein, das wird hier jetzt nicht erläutert — schaut euch den Film an!).
Anne
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- Sat.1-Pressetext zum Film
- Rezension eines Sneakers zum zweiten Testscreening des Films
27. Januar 2009
Walt Kowalski (Clint Eastwood) ist ein Anachronismus. Er lebt in einem Vorort in irgend einer amerikanischen Kleinstadt in einem Holzhaus, das dem amerikanischen Traum der Mittelklasse entsprungen zu sein scheint. Allerdings sind alle anderen Weißen aus der Gegend fortgezogen und die Gegend ist zum Wohnviertel der Asiaten, Südamerikaner, Afrikaner etc. geworden. Nur Walt ist zurück geblieben — ein wenig liberaler Korea-Veteran, dessen Nachbarn alle Hmong sind.
Der Film beginnt mit der Beerdigung von Walts Frau, die sein ein und alles war. Schnell merkt man, dass Walt keine Freunde hat und seine Kinder sich allenfalls aus Pflichtbewusstsein um ihn kümmern. Nicht ohne Grund musste der katholische Seelsorger Walts verstorbener Frau versprechen, sich um ihn zu kümmern und Walt zur Beichte zu bringen - Walt hat sonst niemanden, keine Freunde, keine Religion, keinen Trost. Er hängt nur an drei Dingen: seinem Hund, seiner Werkzeugsammlung und seinem 1972er Ford Gran Torino.
Als der benachbarte Teenager Thao unter dem Zwang einer Gang den Gran Torino stehlen will, wird Walt auf den Jungen aufmerksam. Widerwillig fängt er an, sich um seine Nachbarn, die Teenager Thao und Sue, deren Mutter und deren Großmutter zu kümmern. Und je näher er sie kennenlernt, desto mehr fällt auf, dass Walt mit diesen Menschen aus einem fremden Kulturkreis besser zurecht kommt als mit seiner eigenen Familie.
Das mag jetzt alles kitschig klingen, aber so ist der Film nicht. Er ist vielmehr ganz und gar glaubwürdig — leider, möchte man sagen, denn die Story ist teilweise alles andere als schön. Es steckt wesentlich mehr da drin, als ich hier verraten kann und will.
Man kann jedenfalls so viel sagen: Der Film war von vorne bis hinten fesselnd und bewegend, und Eastwood überzeugt sowohl in der Hauptrolle als auch als Regisseur und Produzent. Ich bin kein Eastwood-Kenner (habe von ihm nur Mystic River gesehen), aber wenn ein Film eine solche Melancholie, Nachdenklichkeit aber auch Hoffnung ausstrahlt, dann spricht das doch sehr für ihn.
Absolut sehenswert - viereinhalb von fünf Gran Torinos.
Anne
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- Gran Torino bei IMDb
Connecticut in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. In der Revolutionary Road steht ein kleines, süßes Häuschen, das sich an einen kleinen, süßen Hügel schmiegt. In diesem Haus wohnen Frank und April Wheeler, ein glückliches, zufriedenes Ehepaar mit zwei Kindern. Frank arbeitet in der Stadt bei einer großen Firma in einem Job, der ihm keinen Spaß macht und April kann sich mit dem heilen Vorstadtleben nicht so wirklich abfinden. Also schmieden beide Pläne, die Einöde zu ver- und sich auf ein großes Abenteuer einzulassen. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man kennt…
Revolutionary Road (ich benutze jetzt nicht den merkwürdigen deutschen Titel) zeigt uns die typische Kleinstadtmentalität der Fünfziger. Ein sauber gemähter Rasen ist wichtiger als eine funktionierende Ehe, die geputzten Fenster bedeutender als die dahinter liegende Harmonie. Jeder spielt jedem die perfekte Harmonie vor, oft sogar sich selbst.
In dieser Welt finden sich Frank (Leonardo di Caprio) und April (Kate Winslet) plötzlich wieder, ohne wirklich zu wissen, wie es dazu kam und wer daran schuld ist. Allein in den ersten Minuten, noch bevor überhaupt der Titel über die Leinwand flimmert, zeigt uns der Film die gesamte Bandbreite der Beziehung zwischen Frank und April, von deren harmlosen Kennenlernen bis zum großen Krach.
Im Laufe des Films eskalieren die Situationen immer weiter und wir sitzen mit offenen Mündern im Kino und hören und sehen, was beide sich an die hochroten Köpfe werfen.
Schauspielerisch ist Revolutionary Road ganz, ganz großes Kino. Aprils Versuche, aus der hoffnungslosen Leere zu entkommen, Franks fehlgeleitetes Verantwortungsbewusstsein, all das ist bis ins letzte glaubhaft. Auch bis in die letzten Nebenrollen (David Harbour, Kathryn Hahn oder Kathy Bates) ist der Film großartig besetzt.
Insbesondere Michael Shannon als John Givings, Sohn der Vermieter, ehemaliger Mathematiker und Psychiatriepatient, verdient eine Erwähnung. Er taucht unvermittelt wie ein Anti-deus ex machina auf, stochert so lange im Leben der Wheelers herum, analysiert und interpretiert scham- und vorurteilslos, bis die Situation eskaliert. Teilweise vielleicht ein bisschen over the top, aber meist ohne die klischeehaften Psychiatriepatient-Anwandlungen, dafür mit viel messerscharfem Gespür für die kleinen Lügen und Ungenauigkeiten des Alltags.
Revolutionary Road ist ein sehr eindringlicher Film über solche teils esoterisch anmutenden Themen wie Selbstverwirklichung, das Glauben an die eigenen Fähigkeiten und die Bereitschaft, eine an sich unerträgliche Situation zu ertragen – ob aus Liebe, Selbstlosigkeit oder Dummheit. Uns wird die spießige und scheinheilige Gesellschaft vor Augen geführt, die Andersdenkende ausgrenzt und jedem den einzig wahren way of life aufzwingen will. Konsequent erforscht der Film eben diese menschlichen Abgründe und führt sie uns unter dem Mikroskop des Lebens in der Kleinstadt vor.
Und so kommt es zu einem der beiden Enden, die überhaupt möglich sind. Wenn danach dann der Kreis sich schließt, die Vermieter im Schaukelstuhl sitzen und sich über das nette junge Ehepaar unterhalten, das gerade in das kleine, süße Häuschen an dem kleinen, süßen Hügel in der Revolutionary Road gezogen ist, dann sind wir wieder da, wo wir angefangen haben. Und die einzige Möglichkeit, dies zu ertragen, ist, nicht mehr daran zu denken.
Ein sehr, sehr krasser Film, an den ihr, so ihr euch denn auf ihn einlasst, noch lange, nachdem ihr das Kino verlassen habt, denken werdet.
Viereinhalb von fünf Whiskygläsern (ihr müsstet mal sehen, was die da geraucht und gesoffen haben, unglaublich). Ansehen. Jetzt!
Dennis
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- Revolutionary Road bei imdb
- Der Trailer bei youtube
- Sam Mendes, übrigens!
24. Januar 2009
Die Sneak in Münster überraschte mich ‘mal wieder mit einem Film, auf den ich sehr gespannt war und den ich unbedingt sehen wollte: Frost/Nixon. Leider nicht als komplette Originalfassung, sondern mit deutschen Untertiteln - aus Rücksichtnahme auf all diejenigen, die nicht fließend Englisch sprechen, vermutlich, denn der Film war sehr dialoglastig.
Zur Story: Es geht um ein Interview, das der britische Talkmaster David Frost mit dem Ex-Präsidenten Richard Nixon nach dessen Rücktritt wegen der Watergate-Affäre geführt hat. Um das Ganze besser einordnen zu können, beginnt der Film mit Originalfilmmaterial zur Watergate-Affäre. Das ist sehr nützlich für diejenigen, die keine Zeitzeugen sind und sich nicht besonders für amerikanische Geschichte interessieren. Trotzdem ist es wohl empfehlenswert, sich bereits vorher über die Watergate-Affäre zu informieren, z.B. in Wikipedia. Meine Vermutung ist, dass man umso mehr Freude an diesem Film haben wird, je informierter man ist.
In diesem Zuge sollte noch erwähnt werden, dass der Film auf einer wahren Geschichte beruht. Dieses Interview gab es also wirklich, ebenso wie David Frost (heute Sir David Frost) und — natürlich — Richard Nixon. Man kann daher davon ausgehen, dass der Film authentisch ist. Gleichzeitig bedeutet das natürlich, dass besagte Leute mit politischer Bildung und Zeitzeugen sich schon denken können, wie der Film enden wird.
Entsprechend geht es auch hier nicht so sehr um das Endergebnis, sondern um den Weg dahin - allen voran um das Schauspiel. Daran gibt es eigentlich nichts auszusetzen: man nimmt den Darstellern, allen voran den Hauptdarstellern Michael Sheen und Frank Langella, ihre Rollen durchaus ab. Alles in allem ist der Film mitreißend und kurzweilig gemacht — sehenswert.
Allerdings merkt man deutlich, dass der Film auf einem Theaterstück basiert. Wenige Drehorte, viel Text, eine beschränkte Zahl von Charakteren - das deutet alles unverkennbar auf eine Theatervorlage hin. Die filmische Umsetzung ist dementsprechend konventionell und eher statisch.
Mir drängt sich die Frage auf, ob ein Theaterstück nicht das bessere Medium für diese Geschichte sein könnte — intensiver, weniger Distanz zum Zuschauer, nicht verfremdet durch Kameras. Da ich das Stück nicht gesehen habe, kann ich die Frage nicht beantworten, ich halte es aber durchaus für möglich. Es lässt sich allerdings nicht leugnen, dass Filme potentiell mehr Leute erreichen, als Theaterstücke, deshalb ist es verständlich, dass viele Stücke auch verfilmt werden.
Unabhängig davon: Frost/Nixon ist ein interessanter gut gemachter und sehenswerter Film. Und falls das Stück hier in der Nähe aufgeführt wird, sehe ich es mir sicher auch an. Vier von fünf Wanzen (Watergate halt) für Frost/Nixon.
Anne
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14. Januar 2009
Als gestern Abend klar wurde, welcher Film laufen würde, ging ein Raunen durch den Saal, und zumindest bei mir machte sich Erleichterung breit: endlich ‘mal wieder ein Sneak-Film, den ich richtig gerne sehen wollte! Gespannt lehnte ich mich im Sessel zurück - und wurde nicht enttäuscht.
The Spirit reiht sich in die lange Reihe von Comicverfilmungen ein, die derzeit den Markt überschwemmt. Und wenn man sich ansieht, was alles in den letzten Jahren verfilmt worden ist, könnte man sich schon fragen, ob die Welt wirklich eine weitere Comicverfilmung braucht. Bei The Spirit stellt sich diese Frage jedoch nicht — denn völlig unabhängig vom Inhalt des Films ist dieser allein auf Grund seiner Aufmachung ein cineastisches Meisterwerk!
The Spirit spielt unglaublich mit Kontrasten: Er ist zum größten Teil in schwarz-weiß gehalten, allerdings in überzeichnetem und verfremdeten schwarz-weiß. So sind z.B. die Fußsohlen in manchen Szenen weiß, um besonders hervorzustechen. Explosionsartig werden zusätzlich an manchen Stellen Farben verwendet: rot (seit Schindlers Liste fast schon ein Klassiker der Filmtechnik), blau, grün… Man hat beim Anschauen des Films keine Zweifel daran, dass es sich um eine Comic-Verfilmung handelt, die alles andere als Realität darstellen soll.
Das alles erinnert durchaus an das, was Patrick hier zu Sin City geschrieben hat. Da ich Sin City allerdings nicht gesehen habe, kann ich keine Vergleiche zwischen den beiden Filmen ziehen. The Spirit überzeugt jedenfalls in filmischer Hinsicht vollkommen: Er vermenschlicht nicht, sondern verfremdet.
Die durch die filmischen Mittel geschaffene Distanz tut dem Film gut. Die Charaktere sind nämlich — ebenso wie die Handlung — teilweise ziemlich abgedreht, so dass der Film inhaltlich sicher fernab vom Mainstream liegt. Das Wort “bizarr” beschreibt den Film schon ganz gut. Ich will nicht näher auf den Inhalt eingehen, weil es durchaus beabsichtigt ist, dass man zu Anfang des Films nichts weiß. Im Laufe des Films bekommt man zwar einige Informationen über die Charaktere, manches bleibt aber weiterhin im Dunklen. Angesiedelt ist der Film in der fiktiven Stadt Central City, die allerdings ansonsten keine besonders große Rolle spielt.
Ein Kritikpunkt ist daher, dass die Aussagen über Central City wie “my city screams” nicht wirklich in der Handlung aufgegriffen werden. Die besondere Beziehung des Spirit zu der Stadt wird nur angedeutet, nicht aber zentral erörtert. Das könnte mit ein Grund sein, warum der Spirit als Filmcharakter relativ unnahbar ist. Es wäre schön, hier einen Vergleich zu den Comics ziehen zu können, doch auch hierbei muss ich passen — ich hatte vor dem Film noch nie etwas von der Comic-Figur des Spirit gehört. Im Film kamen jedenfalls die meisten Gestalten — abgesehen von Commissioner Dolan und seiner Tochter — typisiert und nicht menschlich ‘rüber. Das kann durchaus Absicht sein, da die meisten Comic-Figuren eher übermenschlich dargestellt werden, und hat mich auch nicht gestört. Ich kann mir jedoch durchaus vorstellen, dass andere dem Film dadurch — und auf Grund der filmischen Aufmachung — nur wenig abgewinnen können.
Fazit: Grandios gefilmt und dadurch absolut sehenswert, jedoch nicht so massentauglich wie Batman oder Spider-Man. Für echte Comic-Fans eine Augenweide - fünf von fünf Sternen.
Anne
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13. Januar 2009
Endlich war es soweit. Gestern Abend um 23.00 saß ich mit Anika, Noemi und Corinna im (heiß geliebten) UCI-Kino und schaute mir die Preview von Twilight an. Da der Film, die Buchvorlage und alles was sonst damit zu tun hat in den letzten 2-3 Monaten bis zur Schmerzgrenze gehypt wurde, hatte ich mir zwar von vorne herein gesagt: “Schraube deine Erwartungen runter, lass es auf dich zukommen.” Aber in Wahrheit hatte ich mich schon längst vom Hype mitreißen lassen und war seit Wochen gespannt auf den Film.
Wie schon in meiner Buchbesprechung erwähnt, handelt Twilight von der 17-jährigen Bella Swan, die sich in den Vampir Edward Cullen verliebt. In der Verfilmung wurde das Paar von den Jungstars Kristen Stewart (Panic Room, Into the Wild) und Robert Pattinson (Harry Potter IV) dargestellt. Bei der Wahl der Hauptdarstellerin wurde eine vorzügliche Wahl getroffen. Stewarts Bella ist, wie die Romanfigur, ein starker Charakter und weist einen hohen Wiedererkennungswert auf. Sie ist in der Lage, den Film zu tragen. Bei ihrem männlichen Gegenpart kann man das nicht so uneingeschränkt behaupten. Robert Pattinson spielt den Vampir Edward Cullen mitunter etwas farb- und ausdruckslos, manche Szenen, die emotionale Zerrissenheit ausdrücken sollen, wirken gestelzt und stellenweise lächerlich. Die deutsche Synchronisation trug dazu allerdings auch ihren Teil bei (Edwards Stimme war eine klare Fehlbesetzung). Was die restlichen Rollen angeht… wow! Selten habe ich es erlebt, dass Romanfiguren so greifbar zum Leben erweckt wurden wie bei Twilight. Ob nun Bellas Vater Charlie (Billie Burke), ihre Schulfreunde oder die Vampirfamilie Cullen… alle waren astrein und sehr passend besetzt.
Die Handlung des Romans wurde überaus detailgetreu für die große Leinwand adaptiert und man merkte dem Drehbuch die Mühe spürbar an. Sicher, Roman-Unkundige werden manche Handlungspassagen nicht direkt einordnen können, jedoch beschränkt sich das Drehbuch auf das Wesentliche und die Kürzungen halten sich entweder in verschmerzbaren Grenzen oder werden gekonnt überspielt. Hier werden zumindest keine Charaktere (für den Überlängenzuschlag) sinnlos von A nach B geschickt (siehe Tintenherz). Mit 120 Minuten Spielzeit fällt der Film außerdem nicht zu lang und nicht zu kurz aus.
Dennoch kann man hier selbstverständlich keine schaurig-surreal-düstere Atmosphäre à la Pans Labyrinth erwarten. Es handelt sich eben um einen Teeniefilm, in dem Vampire vorkommen. Er steht eher in der Tradition von Buffy - The Vampire Slayer oder Der Pakt (wisst ihr noch, diese eine Sneakfilm da [11.12.06, Cinemaxx Wuppertal]) als von Coppolas Dracula oder Interview mit einem Vampir. Und auch an die Tiefe und Atmosphäre eines So finster die Nacht reicht Twilight nur in seinen besten Momenten heran. Das will er aber auch gar nicht. Er ist gut für das was er ist: Eine angemessene, werkgetreue Romanadaption von dem ersten Band der Vampirsaga.
Dreieinhalb von fünf Beißerchen für Twilight.
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
(2 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
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- Der Trailer