13. Dezember 2008
…Mit der Take That-Rezension lasse ich mir nicht soviel Zeit. Jedenfalls nicht soviel wie bei Jack’s Mannequin.
Am Anfang des neuen Jahrtausends waren Boybands tot. Es war vorbei mit den Zimmern voller Poster, nur von Mädchen (& Frauen) besuchten Konzerten und schmierigen Dancepop-Videos auf Dauerrotation bei VIVA. Doch im Jahre 2006 wagten die vier übrig gebliebenen Mitglieder der erfolgreichsten Boyband der 90er Jahre einen Neuanfang. Die Nachricht verbreitete sich ungeahnt schnell: Take That sind zurück!
Erstaunlicherweise wirklich besser als je zuvor. Beautiful world war ein tolles Pop-Album mit vielen Hits und den außergewöhnlichen Stimmtalenten von Gary Barlow, Mark Owen, Jason Orange und Howard Donald. Diese Tradition setzen sie nun auf ihrem zweiten Album seit dem Comeback fort. The Circus ist eine bunte Mixtur aus alt bekannten Zutaten, die einen zwar nicht vom Hocker haut, aber eben doch die Erwartungen erfüllt.
The garden eröffnet das Album geschickt: Es spielt alle magischen Momente vom Vorgänger Beautiful world in 5 Minuten noch einmal durch und begeistert mit wechselndem Leadgesang. Die 1. Single Greatest day kommt ohne richtigen Refrain aus und man kann sogar Indierock (!) Einflüsse heraushören. Großartige Melodieführung! Hello ist dann quasi Mark Owen’s Zugabe zu Shine, ein schöner Popsong, der schmissig nach vorne geht. Bei Said it all musste ich erst mal schlucken: Der erste Refrain klingt haargenau wie aus einem 90er-Album, doch in der 2. Hälfte gewinnt der Song nochmal an Tempo und wird zu einer Art Reach out Teil 2. Viel Schelte mussten sie für Julie einstecken, was keinem Kritiker (von denen, die ich gelesen hab) gefallen hat. Mir gefällt’s trotzdem. Klar, “Shalalalalala I want you” gewinnt keinen Originalitätspreis, aber das Stück funktioniert, und das ist das Wichtigste. The circus ist eine intime, zurückgenommene Pianoballade, bei der Gary Barlow eindringlich sein Stimm- und Songwritertalent unter Beweis stellt (nicht, dass er es noch müsste). Das einzige Stück, dass ich wirklich belanglos finde ist How did it come to this, ein Fall für die Skiptaste. Up all night geht dann wieder nach vorne und in der Bridge wird es sogar witzig und charmant. Das von Jason Orange gesungene What is love ist, neben The Garden das balladeske Herzstück das Albums. Es ist einfach rührend, wie hier die so oft diskutierte Thema noch einmal musikalisch (und unkitschig) umrundet wird. You ist ganz nett, mehr aber auch nicht. Bei Hold up a light geben die vier nochmal Vollgas. Das Stück führt geschmeidig aus dem Album heraus, wobei der Hidden Track Here sozusagen das Sahnehäubchen ist.
Alles in allem ist Take That, zusammen mit ihrem Hausproduzenten John Shanks, ein überzeugendes Nachfolgewerk gelungen. Wenn sie auch in den nächsten Jahren ein derartiges Format beibehalten, dann kann es sein, dass dieser “letzten Boyband” noch viele Sternstunden der Popmusik zu verdanken sein werden.
Zweieinhalb von fünf Punkten.
Deine Wertung zum Film/Buch/Ding:
(1 Stimme(n), durchschnittlich: 3,00 von 5)
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Am 30. September erschien das Album in den USA, am 25. Oktober landete es im meinem Briefkasten und nun, fast 2 Monate später schreibe ich endlich eine Rezension:
Jack’s Mannequin – The Glass Passenger
Ich muss sagen, auf dieses Album habe ich mich wirlich seit über einem Jahr gefreut. Ich hörte das erste Mal von Jack’s Mannequin, weil ich Anfang 2007 auf Something Corporate, die alte Band des Sängers Andrew McMahon, aufmerksam wurde. Diese Band ist nun mehr oder minder aufgelöst, bzw. durch Jack’s Mannequin ersetzt worden. Die beiden Gruppen unterscheiden sich im wesentlichen durch einen Rock/Punk bzw. einen Pop-Einschlag. Kurzum Jack’s Mannequin, das ist emotionale, handgemachte Popmusik mit großem Pianoanteil. Der Sänger und Komponist McMahon ist ein absolutes Ausnahmetalent. Seine Fähigkeit, geniale Texte ind eine lupenreine musikalische Hülle zu packen sucht in den Staaten (und sonstwo) ihresgleichen. Und sie brilliert nirgendwo in so reiner Form wie auf seiner neuen Platte.
The Glass Passenger ist ein exzeptionelles Meisterstück geworden. Federleicht wird man anfangs ein die Platte geführt. Crashin ist ein Opener, wie er im Buche steht. Leichtfüßig, beschwingt, genialer Refrain. Spinning ist dann quasi der Nachklang der Exposition. Swim, die erste Ballade, stellt eine Verarbeitung der schweren Krankheit dar, mit der McMahon während der Produktion dieses Albums zu kämpfen hatte. Nachdem dem Sänger im Jahr 2005 akute lymphatische Leukämie diagnostziert wurde, begann er, die Erfahrungen mit der Krankheit in seinen Songs zu verarbeiten. Dieses Wissen führt dazu, dass ein Stück wie Swim, mit seiner lebensbejahenden Message in einem ganz anderen Licht erscheint. Wenn McMahon singt, „I’m not giving in.“ dann ist das eindringlich und berührend. American love hat einfach Single-Potential. Das Stück hat alles, was einen Radiohit ausmacht und die Kombination (Strophe akustisch-Refrain elektrisch) geht perfekt auf. What gets you off ist so ein bisschen das Stück auf der Platte, das zum Innehalten gedacht ist. Es ist, neben dem finalen Caves, das längste Stück des Albums und ist sehr behutsam arrangiert und aufgebaut. Suicide blonde lässt Erinnerungen an alte Something Corporate-Zeiten wieder aufleben und rockt ungeniert und schnörkellos nach vorn, nach ein paar mal hören ein Ohrwurm. Annie use you telescope ist ein balladeskes, ausgebreitetes Panorama, das sich anfühlt, als würde man den Sternenhimmel akustisch umarmen. Bloodshot ist ein Stück, das aus dem Albumkontext herausfällt, und zwar weil man bei den Stücken 1-7 dachte, dass das Album genial ist. Hier wird es endgültig klar: Es ist viel mehr, es ist grandios! Bei Bloodshot wird ein musikalisches Feuerwerk abgebrannt, dass es einem die Sinne raubt, die treibende Strophenrhythmus, der schnelle Refrain, die ruhige Bridge, hier stimmt einfach alles. Dagegen wirkt Dropout – The so unknown, ein Stück, dass auf dem Vorgänger Everything in transit Begeisterungsstürme ausgelöst hätte, wie der nette Zuckerguss oben drauf. Als ob das nicht alles gut genug wäre, folgt im zehnten Stück die nächste Überwältigung: Die Ballade des Jahres 2008: Hammers & strings. Zum Dahinschmelzen! Über die erste Single The resolution muss man nicht mehr viel sagen: Das ist der perfekte Popsong. Thematisch ähnlich wie Swim, gerade deshalb grenzenlos genial. Orphans ist die Ouvertüre zum Finale und Caves lässt das Meisterstück epochal ausklingen.
Ladies & Gentleman, I proudly present you the album of the year:
Jack’s Mannequin – The Glass Passenger.
(Atemberaubende 5 von 5 Punkten)
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(2 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
Links zum Beitrag:
- Jack's Mannequin – Die Website
- "The Resolution" – Das Video
11. Dezember 2008
“Beim letzten Mal waren nur fünfzehn Leute hier…” sagt Olli, als er auf die kleine Bühne kommt, auf das hakelnde Intro-Video mit Bela B schaut und an seinem Lesetisch Platz nimmt. Wir im Publikum – vielleicht hundert Leute – reiben uns verwundert die Augen: Lesetisch? Bierbänke im Publikum? Konzerte im Sitzen? Ich dachte, das machen nur die Toten Hosen…
Olli Schulz ist wieder unterwegs, diesmal ohne den Hund Marie. Der Mann, dessen Konzerte ohnehin zu siebzig Prozent aus Anekdoten, Geschichten und Frotzeleien mit dem Publikum bestanden, macht jetzt eine Lesereise – oder zumindest beinahe.
In der ersten Stunde hängt das Publikum gebannt an seinen Lippen, die von seinem Job als Stagehand (nicht Roadie) erzählen, von Türsteher Ulasch, miesen Nachwuchswettbewerben und dem Hundeabwehrspray, und wir glauben ihm sofort, dass er die Geschichte sonst noch nirgendwo erzählt hat und fühlen uns ein bisschen besonders.
Home of the Lame sind auch dabei, quasi als Olli-Schulz-Begleitband. Zwischen den Teilen seiner Geschichte spielen sie ein paar ihrer eigenen Songs, die vom Publikum leider nicht so ganz zur Kenntnis genommen werden.
Man wird unruhig, hatte man doch Karten für ein Konzert gekauft, auf der Hinfahrt alle Platten noch einmal durchgehört, um auch die letzten Textpassagen im Schlaf mitsingen zu können und jetzt das? Olli beruhigt alle: Das ist jetzt nur der erste Teil der Show. Nicht nur ein Buch mit dem Titel “Rock’n’Roll verzeiht dir nichts” gibt es im neuen Jahr, auch ein weiteres Album! Und das spielt er uns gleich noch vor! Große Augen überall!
Und nach einer kurzen Pause geht es dann wirklich los: Dem miesen Sound entgegen spielt Olli einen Kracher nach dem anderen, darunter Stücke mit grandiosen Titeln wie “Die Guten, die bluten, weil die Schlechten sie knechten, und der Rest stirbt langsam aus” oder mein persönlicher Favorit, “Sauna in Lankwitz”. Zu beinahe jedem Stück gibt es eine Entstehungsgeschichte, die dann eben doch beweist, dass die immer am Unverständlichen kratzenden Texte meistens einen Hintergrund haben.
Der Höhepunkt des Abends, auf den schon das Intro-Video hingearbeitet hatte, war: Bibo, Ollis Beitrag zur nächstjährigen Ibiza-Saison, ein Stück mit dazugehörigem Tanz, der in seiner Grandiosität den Ketchup-Song und den Macarena mit Leichtigkeit in einen lustig zuckenden Schatten stellt. Nach anfänglichem Zögern (“Das ist Bochum, die hatten alle Steine zum Frühstück”) sind dann alle dabei und machen den Bibo, das Ufo und den Grobi. Zum-Deppen-Machen auf hohem Niveau.
Am Ende ist Olli dann wieder allein auf der Bühne und spielt Publikumswünsche, erzählt auch hier kleine Geschichten zu den Songs und ist ganz der Entertainer, nach dem er überhaupt nicht aussieht. Noch einmal kurz Armdrücken mit dem Publikum – garantiert eine neue Tradition bei Olli Schulz-Auftritten in Bochum – und dann ist es auch schon vorbei…
Was bleibt ist die Lust auf mehr, viel mehr, die Begeisterung ob der Ankündigung des neuen Albums und die leichte Verwirrung, was man da gerade miterlebt hat. Improvisiert schien es. Gemütlich. Familiär. Wie wenn ein guter Kumpel nach einiger Zeit mal wieder vorbeischaut, um zu erzählen, wie es ihm so ergangen ist achundganzganzreinzufällig hat er auch noch seine Gitarre dabei und spielt ein bisschen.
Nächstes Mal wieder, Olli. Ganz sicher.
Aufguss, Aufguss, immer Aufguss, Aufguss, Aufguss, weil das sein muss…
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(2 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
Links zum Beitrag:
- Olli Schulz
- Zum 'reinhören bei last.fm
Hallo, liebe Sneakcastler,
seit wenigen Minuten läuft auf diesem Blog WordPress 2.7. Sollten euch irgendwelche Probleme oder Hässlichkeiten auffallen, sagt bitte bescheid.
Dennis
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4. Dezember 2008
Mit reichlicher Verspätung — man hat ja auch anderes zu tun — möchte ich nun ein kurzes Schlaglicht auf die Filme werfen, die ich im Oktober gesehen habe, als ich dank Kinomonatsfreikarte beinahe im Lichtspielhaus eingezogen bin.
01.10: Kirschblüte — Hanami: Sensibel erzählte, grandios gefilmte und meisterhaft gespielte Geschichte über die Auseinandersetzung mit dem Tod, unerfüllten und unverstandenen Wünschen und der Suche nach einfachem, aber tiefem Glück. Das Thema wird feinfühlig mit der richtigen Mischung aus ergreifendem Ernst und lockerer Komik dargestellt, ohne je peinlich oder überzeichnet zu wirken. Ein bewegender Film über den Tod, der das Leben bejaht. Mehr als sehenswert!
01.10: Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit: Weniger ein Film im eigentlichen Sinne als auf Leinwand gebanntes und dennoch interaktives Kabarett. Männlein und Weiblein sitzen getrennt auf unterschiedlichen Seiten des Saals, dort jeweils willkürlich verteilt, sodass man unter Fremden sitzt und bei den Summabstimmungen ohne Scham mitstimmen kann. Ein eineinhalbstündiger Ausflug in die Irrungen und Wirrungen der schönsten Nebensache der Welt mit viel Witz und Ironie. Sollte man mal mitgemacht haben.
08.10: Burn after Reading: Dennis’ Rezension kann ich eigentlich nur hinzufügen, dass es mich rein gar nicht wundern würde, wenn sich der gesamte Film so 1:1 in der amerikanischen Wirklichkeit ereignen würde…
09.10: Baader Meinhof Komplex: Wie Terje in seiner Rezension geschrieben hat, bewertet dieser Film nicht, bezieht keine Stellung, sondern stellt lediglich dar — in aller Grausamkeit — und zwingt den Zuschauer, sich mit dem Geschehen, unserer Geschichte, auseinanderzusetzten. Entsprechend setzt der Film durchaus ein gewisses Maß an historischer Bildung voraus, ohne jenes ihn zu verstehen schwierig und ihn richtig zu würdigen beinahe unmöglich ist.
Beispielsweise wird im Film die von Vo Suu während des Vietnamkriegs aufgezeichnete Exekution von Nguyễn Văn Lém auf offener Straße durch Nguyễn Ngọc Loan gezeigt. Man sieht im Baader Meinhof Komplex also, wie ein realer Mensch vor laufender Kamera erschossen wird — eine Szene, deren Tragweite und Bedeutung man sich als Zuschauer und Mensch bewusst sein muss.
12.10: Krabat: Die Verfilmung von Otfried Preußlers Jugendbuch soll nach Aussage des Autors zu seiner vollen Zufriedenheit gelungen sein. Ob das allerdings für einen guten Film bürgt, sei dahingestellt. Durchaus kurzweilig, angenehm düster und mit genretypischer einfach gestrickter plakativer Story krankt der Film trotz solider Umsetzung am stellenweise nur dürftigen Spiel der Darsteller.
14.10: Blindness — Die Stadt der Blinden habe ich bereits hier rezensiert.
21.10: Willkommen bei den Sch’tis wurde hier von Anne besprochen.
22.10: Das Lächeln der Sterne: Schmalz, für Normalsterbliche kaum zu ertragender Schmalz. Das Ende ist zwar auch kaum zu ertragen, aber wenigstens nicht so schnulzig, wie es sein könnte und ich zunächst befürchtete.
23.10: Ananas Express: Ein Kifferfilm auf Dauerhigh, an dem eigentlich alles passt von der skurrilen Geschichte, über den sensiblen Dealer, die bescheuerten Aktionen bis zum finalen shoot out. Mehr aber auch nicht.
28.10: Walz with Bashir: Grandios, das ist Filmkunst! Lest meine ausführliche Rezension und schaut ihn Euch unbedingt an.
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19. November 2008
Kurz vor dem jährlichen Sneak-Marathon (über den hier in Kürze berichtet werden wird) bescherte uns die Sneak in Münster einen deutschen Film. Im Winter ein Jahr ist der neue Film von Caroline Link, die bislang als einzige deutsche Regisseurin einen Oscar erhalten hat (für Nirgendwo in Afrika). Nach dem, was ich bei Im Winter ein Jahr gesehen habe, würde ich sagen, dass sie eine solche Auszeichnung verdient hatte. Gute Schauspieler, stimmige Kameraführung und eine ruhige, atmosphärische Erzählweise machen diesen Film zu einem durchaus gelungenen Werk.
Im Winter (der Film beginnt im Spätsommer und endet beim ersten Schnee) ist es ein Jahr her, dass der 19-jährige Alexander gestorben ist. Seine Mutter (Corinna Harfouch) beauftragt den Maler Max Hollander (Josef Bierbichler), ein Bild von dem verstorbenen Alexander und der (noch lebenden) Tochter Lilli (Karoline Herfurth) zu malen. Während Max versucht, etwas über Lilli und Alexander und ihr Verhältnis zueinander zu erfahren, wird der Zuschauer immer mehr in den Bann der komplexen Beziehungen gezogen, die die einzelnen Familienmitglieder zueinander haben.
Schnell wird klar, dass Lillis Probleme im Mittelpunkt des Films stehen. Schon die allererste Szene des Films vermittelt einen Eindruck, worin diese bestehen: Alexander tanzt mit geschlossenen Augen und Walkman durch den Garten, während die ersten Schneeflocken fallen. Seine Mutter filmt ihn dabei lachend mit der Videokamera. Dann wechselt die Kamera und man sieht, wie Lilli die beiden durch ein Fenster im oberen Stockwerk beobachtet - allein, verlassen, vergessen. Den ganzen Film über kann man beobachten, dass die Eltern ihrer Tochter nur oberflächliche Aufmerksamkeit schenken. Symptomatisch ist die Szene, wie der Vater sie nach ihren Fortschritten an der Tanzakademie, an der sie studiert, fragt, das Thema jedoch sofort fallen lässt, ohne ihr eine Chance zu geben, wirklich darüber zu sprechen. Wenig wundert es den Laienpsychologen, dass Lilli eine insbesondere sexuell herausfordernde Gestik und Mimik entwickelt. Hier lebt der Film wie in weiten Teilen von der glänzenden Darbietung von Karoline Herfurth, die ihr schauspielerisches Format in dieser schwierigen Rolle beweist.
Der Film ist auf seine eigene Art spannend, weil man nicht vorhersagen kann, wie der Film weitergehen wird. Während verschiedene Handlungsstränge auftauchen, vermittelt der Film insgesamt ein großes Stimmungsbild einer Familie, die mit einem Verlust klarkommen muss. Das Thema des Films ist u.a. Trauerbewältigung, und Caroline Link gelingt es wunderbar, das Thema abzuhandeln, ohne ins Kitschige zu verfallen. Diejenigen, die den Film gesehen haben, mögen mal versuchen, sich vorzustellen, wie dieser Film von einem stereotypen Hollywood-Regisseur gedreht worden wäre - nicht auszudenken! Dass das Ende bei einem solchen Film naturgemäß eher offenbleibt, ist zwar schade, wohl aber kaum zu vermeiden.
Alles in allem durchaus sehenswert: 4 von 5 Sternen.
Anne
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(1 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
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18. November 2008
Die Bochumer Sneak hatte sich während der ersten 4 Besuche (The House Bunny, Eagle Eye, Willkommen bei den Sch’tis & New York für Anfänger) durch Abwechslungsreichtum ausgezeichnet. Doch eines hatte mir bisher gefehlt: Ein reinrassiger Sneakfilm! Gestern abend war es also endlich soweit. Weg mit dem gepflegten Mainstream und dem Publikum ein skandinavisches Kleinod krendenzen! So hab ich das gern.
So finster die Nacht ist eine schwedische Produktion, die sich zwischen Horrorfilm und Jugenddrama bewegt. Der zwölfjähirge Oscar lernt seine Nachbarin Eli kennen und die beiden Kinder werden Freunde. Was Oscar zunächst nicht weiß ist, dass Eli ein dunkles Geheimnis birgt: Sie ist ein Vampir!
Während zu Beginn des Filmes nur angedeutet wird, was es mit dem seltsamen Mädchen auf sich hat entfaltet der Film sein wahres Potenzial, als Oscar die wahre Natur seiner Freundin bewusst wird. Das ganze wird in düsteren Bildern eingefangen und ist stimmungsvoll inszeniert. Die Geschichte entwickelt sich langsam, was der Charakteren viel Platz für Entwicklung einräumt. Gerade durch das gemächliche Erzähltempo wirken die eingestreuten Horror- und Splatterelemente umso effektvoller! In dieser düsteren Welt verkommt die Gewalt doch nie zum Selbstzweck und der Kampf des Vampirs gegen seine natürlichen Triebe (seinen Blutdurst) wird interessant beleuchtet. Dabei brillieren die beiden Jungsdarsteller Kare Hedebrant und Lina Leandersson in ihren jeweiligen Rollen, wobei Hedebrant den Außenseiter Oscar und Leandersson den uralten Vampir in Kindsgestalt Eli überzeugen mit Leben füllen.
Vollkommen unverständlich waren mir die Reaktionen des Publikums, die den Film weder ernst nahmen, noch zu schätzen wussten. Das scheint ein weiteres Kriterium für einen Sneakfilm zu sein: Er spaltet das Publikum. Insgesamt vergebe in 4 von 5 Rubikwürfeln für diesen stimmungsvollen Horrorfilm.
Terje
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(2 Stimme(n), durchschnittlich: 4,00 von 5)
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- Der Film bei IMDb
17. November 2008
Dies wird eine untypischer Sneakcast-Artikel. Eigentlich passt er auch gar nicht so recht auf die Seite. Aber manche Sachen müssen einfach mal gesagt werden. Und so werde ich heute, an diesem denkwürdigen Tag, ein paar Worte über Blink-182 verlieren. Die beliebteste Punkband des neuen Jahrtausends, welche sich Anfang 2005 auflöste, veröffentlichte nämlich genau heute vor exakt 5 Jahren ihr letztes Studioalbum.
Was war nun also so besonders an dieser Band? War es der zotenreiche Fäkalhumor? War es die Simplizität ihrer frühen Musik? Warum sind sie heute noch so präsent, obwohl sie sich aufgelöst haben? Warum laufen immer noch Legionen von Fans mit Bandshirts durch die Straßen? All diese Fragen kann man mit Verweis auf das bereits erwähnte Album beantworten: Blink-182.
Das selbstbetitelte letzte Studioalbum der Band offenbarte nämlich das, was ihre vorigen Werke nur erahnen ließen: Das es sich bei dieser Band nicht um eine x-beliebige Punkband handelt, die auf einer Erfolgswelle mitschwamm. Manche behaupten sogar, dass sie es waren, die den Punk einer ganzen Generation erschlossen. Mag sein, dass ich voreingenommen bin, da ich zufälligerweise auch durch diese Band (und The Offspring) an diese Musikrichtung gekommen bin, die ich heute noch liebe.
Diese Vorgeprägtheit außer vor gelassen muss einfach folgendes gesagt werden:Das Album ist ein mitreißendes Erlebnis und strotzt nur so vor Abwechslung und unvorhersehbaren Experimenten. Der Partykracher „Feeling this“, die halbakustische Ballade „I miss you“, das Piano-Zwischenspiel mit gesprochenem Liebesbrief, die Reise in den Weltraum „Asthenia“, die 80er-Hommage „Always“, das Duett mit Robert Smith von The Cure „All of this“ und das epochale Finale „I’m lost without you“. Das sind musikalische Momente, die sich unwiderrufliche im Gehör verankern.
Die früheren Alben wusste natürlich auch zu gefallen, aber keines genießt bei mir so einen entrückten Status wie ihr musikalisches Vermächtnis. Ich würde sogar soweit gehen, zu behaupten, dass es eines der besten Alben ist, die ich besitze. Und wenn man das nach 5 Jahren noch behaupten kann, dann weiß man, dass man etwas besonderes vor sich hat. Und etwas, das doch zu Sneakcast passt, einer Seite die sich mit dem außergewöhnlichen, oder gewöhnlich unbeachteten beschäftigt.
Terje
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(1 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
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- "I miss you"
- Einer der 14 unsterblichen Songs.
11. November 2008
New York für Anfänger ist eine nette amerikanische Komödie für zwischendurch, die einige gute Gags zu bieten hat, einen aber insgesamt nicht von den Socken haut. Es geht um den Emporkömmling Sidney Young (Simon Pegg [Hot Fuzz]), der ein lukratives Stellenangebot bei einem New Yorker Szenemagazin annimmt. Dort angekommen muss er feststellen, dass sich die Dinge anders als daheim in England verhalten und dass er mit seiner tollpatschigen und unhöflichen Art keinen Blumentopf gewinnen kann. Doch schon bald, nach einigen komischen Situationen, gelingt ihm der Aufstieg in die glamouröse Welt der Stars, wo er vor neue Herausforderungen gestellt wird…
Zugegeben, der Film erfindet das Rad nicht neu, das braucht er aber auch gar nicht. Er hat einige gute Lacher zu bieten und überspielt die flache Handlung gekonnt. Das Ensemble (neben Pegg geben sich Kirsten Dunst, Megan Fox, Jeff Bridges und Gillian Anderson die Ehre) ist gut aufgelegt und die Dialoge kommen auch in der deutschen Fassung schwungvoll rüber. Leider hat der Film gerade in der zweiten Hälfte einige Längen und das Ende ist typisch-kitschig-amerikanisch. Nichtsdestotrotz ein netter Sneakfilm, der zweieinhalb von fünf La Dolce Vita-Schallplatten verdient hat.
Terje
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- Der Film bei IMDb
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4. November 2008
26 blutdurstige Hunde sprinten getrieben von unstillbarem Rachedurst als unaufhaltsame Meute durch die Nacht, durch Menschenmengen, durch die Stadt, bis sie schließlich ihr Ziel erreichen — unter dem Fenster ihres einstigen Peinigers bellen sie die Anklage aus ihren Kehlen. Nacht für Nacht suchen die Bestien Boaz in seinen Träumen heim. Eines Tages erzählt er seinem alten Freund und Kriegsgefährten Ari von dem Albtraum, doch Ari hat alle Erinnerungen an ihrer Zeit im Libanon verdrängt hat und wird sich dieses Verdrängens erst durch Boaz’ Traum bewusst. Die Frage, welch Grauen damals geschah, lässt Ari fortan nicht mehr los und er versucht schließlich, seine Vergangenheit wiederzufinden, indem er Freunde, Kameraden und Leidgenossen auf der ganzen Welt aufsucht. Bald schon kehrt seine Erinnerung in surrealen, beinahe psychedelischen Bildern zurück.
Diese autobiographische Dokumentation in Form eines Animationsfilms von und über Ari Folman kann man nur als Meisterwerk auf ganzer Linie bezeichnen. Die herausragend komponierten Bilder setzen das auf realen Interviews basierende Geschehen feinfühlig und technisch perfekt in Szene. Dabei wird das gesamte Repertoire von abstrakt-monochrom über analytisch-realistisch bis zu psychedelisch, an Pop-Art erinnernd stilsicher genutzt. Entsprechend werden die Bilder der mehrschichtigen Handlung, im Rahmen derer Gegenwart und Vergangenheit sowie Erinnerung und Realität zusehends in einander übergehen, voll und ganz gerecht. Die Wahl einer kraftvollen Perspektive gepaart mit ungewöhnlichen Schnitten und gewagten Einstellungen vermag zusammen mit dem eingängigen Soundtrack auf ganzer Linie zu überzeugen.
Gerade durch den abstrakten Animationstil und die unwirklichen, teils grotesken Elemente wie Aris Walzer mit dauerfeuerndem Maschinengewehr inmitten eines tödlichen Kugelhagels oder die Deliriumsvision einer überlebensgroßen nackten Frau als schwimmendes Rettungsboot wird die Darstellung des Krieges ertragbar. Doch bald merkt der Zuschauer, dass er so zwar von der physischen Brutalität der Kriegshandlung verschont bleibt, den psychischen Druck und moralischen Verfall dafür aber in ganzer Härte präsentiert bekommt. Man sitzt mit einem vor Schrecken eingefrorenen Grinsen wie erstarrt im Kino und möchte weinen — über den Krieg, über die Menschen, über alles — bis plötzlich die Bilder real werden und man selbst allein ist — nur mit dem Geräusch des eigenen Atems und den Schreien des Massakers von Sabra und Schatila.
Eine sehenswerte Dokumentation, deren Härte nicht unter dem erfrischend avantgardistischen Stil leidet.
Patrick
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(2 Stimme(n), durchschnittlich: 5,00 von 5)
Links zum Beitrag:
- Offizielle Seite zum Film. (en)
- Waltz with Bashir bei IMDb. (en)